„Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.“ Dieses unter anderem dem dänischen Physiker Niels Bohr zugeschriebene Zitat beschreibt insbesondere die menschliche Schwäche in Bezug auf exakte Vorhersagen für zukünftige Ereignisse. Als jemand, der sich im Tagesgeschäft mit Prognose-Algorithmen beschäftigt, weiß ich, dass Maschinen da in einigen Bereichen deutliche Vorteile aufweisen. Aber auch Software kann (noch) nicht alles vorhersagen, insbesondere die Entwicklung abstrakter Begriffe wie z.B. Technologietrends oder politischer Krisen entzieht sich noch weitestgehend dem Zugriff maschineller Auguren (natürlich arbeitet Google gerade am Gegenbeweis).
Ähnlich ist es mit Trends: Sie halten sich generell nicht an willkürlich bestimmte Zeiträume wie Jahreszahlen. Gibt es 2015 tatsächlich visionäre Entwicklungen oder rücken einige alte Bekannte aus der Welt der Logistik nur stärker ins Rampenlicht?
Gesellschaftliche Megatrends wie Energieeffizienz, Nachhaltigkeit, Urbanisierung und demografische Entwicklungen sorgen auch für veränderte Bedingungen in der Logistik. Am Puls der Zeit bleiben – ein Muss für jedes Unternehmen, das erfolgreich im Wettbewerb bestehen möchte. Man muss zwar nicht auf jeden Zug aufspringen, aber einigen Entwicklungen muss sich die Logistik mittelfristig stellen. Meine Top-Trends 2015 sind deshalb: Automatisierung, Transparenz, IT und Nachhaltigkeit.
Automatisierung – der Logistikmotor
Der Fachkräftemangel aufgrund des Geburtenrückgangs und eine immer älter werdende Gesellschaft stellen Unternehmer vor völlig neue Herausforderungen. In Hinsicht auf den verstärkten Wettbewerb um Arbeitskräfte wird die Automatisierung ein immer wichtigerer Faktor. Besonders im Bereich von Lagerprozessen wächst der Automatisierungsgrad. Grund dafür sind die gestiegenen Anforderungen der Kunden – ohne Automatisierung ist deren Bewältigung nicht realisierbar. Hier wird Industrie 4.0 die Automatisierung von Prozessketten weiter voranbringen. In der praktischen Umsetzung steckt dieses Meta-Konzept für die Produktion zwar noch in den Kinderschuhen, das theoretische Potenzial ist jedoch gewaltig, von RFID-bestückten Bauteilen bis hin zur kompletten Smart Factory. Bei den erheblichen Investitionen, die in dieses Thema fließen, wäre es fast überraschend, wenn wir in 2015 nicht bereits ein Vielfaches an echten Anwendungsbeispielen präsentiert bekommen würden.
Transparenz – ein Erfolgsfaktor
Auch die Transparenz über wichtige Geschäftsprozesse nimmt eine entscheidende Rolle ein. Kunden empfinden diese mittlerweile quasi als eine Art „Grundrecht“. Bei den wachsenden Informationsmengen und den immer komplexer werdenden Supply Chains liefert Transparenz den Unternehmern nicht nur Planungssicherheit, sondern stärkt auch das Vertrauen der Kunden in die Produkte. So können zum Beispiel Verlader die Produktion besser planen, wenn sie Einblicke in die Bestandshöhe ihrer Zulieferer haben. Mit den richtigen Business-Intelligence-Anwendungen lassen sich Vertriebsaktivitäten besser vorausplanen und Absatzentwicklungen analysieren sowie grafisch darstellen. Kurzum: Unternehmen können zielgerichteter und schneller auf die Anforderungen des Marktes reagieren.
IT – die Schlüsseldisziplin
IT ist der „Enabler“ um Prozesse smarter und intelligenter zu steuern, zusätzlich optimiert sie den Datenfluss. IT ist damit nicht nur für Logistik-Experten die Schlüsseldisziplin, sondern aufgrund der stetig wachsenden Datenflut, der Weg zum Erfolg für jedes Unternehmen. In Zukunft werden Software-Standards und Lösungen, sowie Schnittstellenarbeit und individueller Programmieraufwand zunehmen, damit künftig Warenwirtschafts- und Logistiksysteme noch besser miteinander kommunizieren können.
Nachhaltigkeit – die Umwelt im Fokus
Nachhaltigkeit ist das zentrale Thema im Bereich Green Logistic. Das Ideal ist ein verantwortungsbewusster Umgang mit der Umwelt und ihren Ressourcen und einer damit einhergehenden CO2-Reduktion. In der Logistik gelingt die praktische Umsetzung des ökologischen Zieles durch intelligente IT-Systeme. Sie bilden die Grundlage für Nachhaltigkeit und grüne Logistik. Beispiele gefällig? So soll z.B. die Bündelung von Transporten zur Kostensenkung und zu Effizienzsteigerungen führen. Außerdem arbeiten Forschungseinrichtungen wie VDV und das Institut für Mobilitätsforschung daran, neue, branchenübergreifende Mobilitätskonzepte für den Nah- und Fernverkehr zu entwickeln.
Die Top-Ten-Trends für 2015 laut Statista:
Unter den Umfrageteilnehmern von Statista.de haben diese Trends eine sehr hohe Bedeutung
- Eigene Prozessoptimierung 46,7%
- Kostentransparenz Supply Chain 40,3%
- Sicherheit in Logistikkette 38,7%
- Qualität, Pünktlichkeit 37,7%
- Flexibilität in Logistikkette 34,4%
- Beschleunigung Auftragsabwicklung 31,1%
- Optimierung Beschaffungslogistik 28,6%
- Bündelung Transporte 24%
- Reduzierung Lagerbestände 21,1%
- Einkauf „ab Werk“ 18,1%
Fazit: Das Rad wird 2015 in der Logistik zwar nicht neu erfunden, aber es ist in Bewegung. In welche Richtung es sich dabei dreht, lässt sich noch schwer sagen. Niels Bohr hätte auch sagen können: Hinterher ist man immer schlauer. Sichere Prognosen für das Jahr 2015 abzugeben wäre gewagt, denn die Entwicklung in der Intralogistik steht vor vielen neuen Herausforderungen. Eines aber wird 2015 jedoch auf jeden Fall: Spannend. In diesem Sinne, was erwarten Sie vom neuen Jahr? Was ist für Sie der größte Trend?