Stellen Sie sich vor, Sie leiten ein großes Projekt. Viele Menschen aus unterschiedlichen Aufgabenbereichen arbeiten daran und bemühen sich, ihren individuellen Verantwortlichkeiten gerecht zu werden. Jede Abteilung kennt sich mit ihrem Fachgebiet bestens aus und strebt nach der Erreichung aller gesetzten Ziele. Das klingt ein bisschen wie ein Selbstläufer, als könnten Sie sich gemütlich zurücklehnen. Doch was, wenn niemand an die Schnittstellen der Abteilungen gedacht hat? Dann nennt die Berliner Morgenpost Ihr Projekt vielleicht schon bald in einem Zuge mit dem „Pannen-Flughafen“ BER. Dort arbeitete die Montage nicht richtig mit der Bauplanung zusammen. Bauplaner wiederum stimmten sich weder mit der Elektrik ab, noch sprachen sie ausreichend mit Brandschutzanlagenbauern, die ihrerseits nicht mit den Genehmigungsstellen kommunizierten. Das Ergebnis ist mehr als bekannt und ist bereits zur Inspiration von kreativer Häme im Netz geworden. Aktuell ist auch der Eröffnungstermin für 2017 gefährdet (geplant war ursprünglich 2012). Eine Termintreue, die Sie sich gegenüber Ihren Kunden wohl kaum leisten können. Dass es ohne Abstimmung nicht funktionieren kann, liegt auf der Hand. Da stellt sich mir die Frage, wie die Planung eines zukunftsfähigen Supply Chain Managements aussehen muss, um solche Schwierigkeiten zu vermeiden.
Für mich lautet die Antwort: „Integrierte Planung“. Dabei geht es darum, ganzheitlich die eigene Planung zu reflektieren und sie auf Basis von Prognosen und Simulationen zu optimieren. Da einzelne Entscheider bei der Größe und Komplexität ihrer Unternehmen nicht alle relevanten Variablen für die Planung ihrer Prozesse überblicken können, muss integrierte Planung ihnen ermöglichen, die Wechselwirkungen sämtlicher Teilbereiche der Supply Chain untereinander miteinzubeziehen. So können Entscheider feststellen, ob die eigene Planung aufgehen wird, welche Störungen dabei auftreten können und wie diese zu umgehen sind. Um zu verdeutlichen, wie Sie dieses Konzept erfolgreich umsetzen können, habe ich hier drei zentrale Bestandteile einer integrierten Planung zusammengestellt.
1. Planung in einer kollaborierenden Unternehmenskultur
Eine Kollaboration der Prozessverantwortlichen in der Supply Chain zielt darauf ab, einen Konsens bezüglich der Unternehmensziele zu erreichen. Denn nicht selten kommt es vor, dass verschiedene Planungsziele einander widersprechen. Etwa dann, wenn die Bestandsplanung möglichst niedrige Bestände fordert, die Absatzplanung aber einen möglichst hohen Servicegrad gegenüber den Kunden erreichen möchte.
Dabei verspricht Orientierung an cross-funktionalen Metriken einen großen Mehrwert. Ein Beispiel: Um den Gesamtbestand eines Netzwerkes zu minimieren, ohne dabei Lieferfähigkeit einzubüßen, sollten Entscheider immer die Wechselwirkungen der einzelnen Knoten untereinander, wie Pooling-Effekte oder unterschiedliche Wiederbeschaffungszeiten, im Blick haben. Es kann trotz des allgemeinen Ziels, den Bestand zu minimieren, nötig sein, dass einzelne Lager im Netzwerk höhere Bestände im Vergleich zu einer isolierten Bestandsplanung halten müssen, um die Lieferfähigkeit zum Endkunden sicherzustellen. Hier gilt es, übergeordnete Unternehmensziele einzelnen Abteilungszielen vorzuziehen. Eine gemeinsame Datenbasis für alle Bereiche sowie ein breiter Informationsaustausch helfen bei diesem Unterfangen. Eine technische Verzahnung ohne Medienbrüche ist dafür natürlich ein Muss.
2. Prozesse horizontal integrieren …
Die Integration aller operativen Prozesse ist ein wichtiger Ansatz, um ein ganzheitliches Planungsergebnis zu erreichen. Das gelingt nur, wenn man alle Bedingungen und Auswirkungen einbezieht, die mit der Supply Chain in Verbindung stehen, also wenn man integriert plant. In der Serienfertigung werden zum Beispiel viele Teilplanungsschritte nacheinander abgewickelt, die dabei jeweils nur die Einflussgrößen des aktuellen Schritts einbeziehen. Eine kostenoptimale Gesamtplanung ist auf diese Weise nicht möglich. Simultane Produktionsprogrammplanung dagegen ist ein Ansatz, bei dem Produktionsplaner alle relevanten Faktoren in einem einzigen Schritt bei der Erstellung ihres Produktionsplans berücksichtigen können.
Mehrstufige Abhängigkeiten (etwa bei der Materialverfügbarkeit) kommen dabei gleichermaßen zur Geltung. Dies bedeutet, dass alle zu fertigenden Produkte, vorhandene Kapazitäten, Kosten für die Fertigung und Lagerung sowie gesetzte Prioritäten gleichzeitig betrachtet werden. Das Ergebnis ist eine robuste und leichter umsetzbare Planung, die am Ende auch kostenoptimal in Bezug auf die Gesamtplanung ist.
3. … und Planung vertikal vernetzen
Auf die Integration der operativen Teilplanungsprozesse muss die integrierte Planung auch auf strategischer Ebene folgen. Vertikal integrierte Planung ist, was heute gerne „Sales and operations planning“ (S&OP) genannt wird. Diese meint eine gemeinsame Planung auf operativer und strategischer Ebene. Hierbei werden strategische Planungsinhalte (z.B. Ergebnisplan, Produkt-Marktentwicklungskonzepte) mit der operativen Planung (z.B. Beschaffungsplanung, Vertriebsplanung, Produktionsplanung) verknüpft und abgestimmt.
Auf strategischer Seite sind Faktoren wie das Einkaufsbudget, Kapazitätsbedarf, Verfügbarkeiten, Absatzszenarien und die Gewinnplanung zu beachten. Bei Ausgestaltung der Strategie entstehen dann Fragestellungen wie: „Wenn ein Planer Absatzziele für ein Produkt erhöht (Absatzplanung), mit welchen Produktionskapazitäten muss er rechnen (Produktionsplanung)?“, oder: „Wenn er ein bestimmtes Gewinnziel erreichen muss (Finanzplanung), welcher Absatz wäre dafür notwendig (Absatzplanung)?“ Wie verändert sich das Produktionsprogramm mit veränderter Kapazität? Lässt sich der neue Plan mit dem bestehenden Lieferanten-Programm umsetzen?
Software als Basis moderner Planung
Durch die Aggregation von Daten und die Verbindung der Prozesse auf strategischer Ebene können Auswirkungen von Entscheidungen auf andere Bereiche sichtbar gemacht werden. Auch an dieser Stelle ist eine abteilungsübergreifend vernetzte Software unerlässlich. Sie ermöglicht das Simulieren unterschiedlichster Szenarien, mit denen Planer die Vielzahl an möglichen Entscheidungen und ihrer Konsequenzen überblicken können. Damit haben Unternehmen ein Werkzeug in der Hand, um die Herausforderungen zunehmender Komplexität souverän zu meistern. Ganz gleich, ob Sie einen Flughafen bauen oder ein Unternehmen leiten: Wenn Sie integriert planen, greifen alle Teilbereiche perfekt ineinander und eine ganzheitliche Betrachtung aller Einflussfaktoren gewährleistet die Erreichung eines gemeinsamen Ziels. Und darauf kommt es an.
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