In diesem Sommer ist es zwei Jahre her, dass die internationale Gemeinschaft ihre Wirtschaftssanktionen gegen den Iran gelockert hat. Die FAZ fasste die Erwartungen der Exportwirtschaft an den Iran so zusammen: „Ein Land von der Einwohnerzahl Deutschlands und mit großem Potential an Köpfen und Rohstoffen, in dem die Marktanteile völlig neu zu verteilen sind: Wo gibt es so etwas sonst auf der Welt?“
Und doch stellen sich auch Fragen zur aktuellen Situation im Iran. Hier sind acht Antworten. Wer mehr wissen möchte, kommt zum Forum Logistikmarkt Iran: Chancen und Spielregeln im Forum I in Halle A6 bei der transport logistic München am 10. Mai 2017, 12:00 – 13:30 Uhr.
Wie entwickelt sich die iranische Wirtschaft?
Für das am 20. März 2017 beendete persische Jahr 1395 (2016/17) rechnen die Außenwirtschaftsexperten von Germany Trade & Invest (GTAI) mit einem Wachstum des iranischen Bruttoinlandsprodukts von 5,0 Prozent (zum Vergleicht 1,3 Prozent im Vorjahr). Der aktuelle Zuwachs kam durch eine höhere Förderung von Öl und Gas zustande. Seit Januar 2016, als die Lockerung der Sanktionen in Kraft trat, haben sich die Fördermengen verdoppelt. Mittlerweile erreicht die Rohölproduktion mit einer Fördermenge von 3,9 Millionen Barrel pro Tag ihr früheres Niveau (Durchschnitt im Oktober 2016).
Wie kommt das Geld in die iranische Wirtschaft?
Durch den Öl-Boom steigt auch der Ölexport, welcher wichtige Devisen in die Staatskassen spült. Laut Bloomberg exportiert der Iran seit Februar 2017 durchschnittlich 2,45 Millionen Barrel pro Tag. Bis 2021 will Teheran aktuellen Plänen zufolge ein Produktionsniveau von fünf Millionen Barrel pro Tag erreichen.
Für welche Unternehmen ist das Land interessant?
Gute Aussichten im Iran haben insbesondere Anbieter von technischen Lösungen für die Öl- und Gasbranche sowie für den Wasser- und Energiesektor, inklusive der Regenerativen. Im Bereich der Infrastruktur sind der Aus- und Neubau mehrerer Flughäfen, die Modernisierung des Eisenbahnnetzes und ein Ausbau der Häfen vorgesehen. Perspektiven ergeben sich für die Logistikwirtschaft auch mit der geplanten Integration des Landes in der von China initiierten „Neuen Seidenstraße“.
Wie aktiv ist Deutschland auf dem iranischen Markt?
Nach einem eher verhaltenen Start im ersten und zweiten Quartal 2016 nahmen die deutschen Exporte im Jahresverlauf Fahrt auf. Gegenüber 2015 wuchsen sie um rund 27 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro. Die deutschen Exporte nähern sich somit dem Niveau vor den Sanktionen. Mittelfristig, so Marktbeobachter, soll ein Exportvolumen von zehn Milliarden Euro möglich sein.
Wie kompliziert ist die Verzollung der Importgüter im Iran?
Der Zeitaufwand für die Verzollung hängt in der Regel vom Lieferumfang ab, sprich von der Anzahl der Zolltarifnummern und der Produktlizensierungen. Bei einer guten Vorbereitung werden die Waren in der Regel innerhalb ein bis zwei Arbeitstagen importverzollt und dem Kunden geliefert, so unsere Erfahrungen. Die Einfuhrumsatzsteuer beträgt aktuell neun Prozent des Warenverkaufswerts.
Keine oder reduzierte Zölle erhebt der Iran für Montageleistungen, Produktionsaufbau und Lohnveredelungsprozesse. Für den Import über die Freihandelszonen und Sonderwirtschaftszonen gelten Sonderbestimmungen. Sie befinden sich an wichtigen Transportrouten, häufig nahe von Grenzübergangen und Häfen. In den Freihandelszonen werden keine Importlizenzen benötigt.
Wo besteht für deutsche Unternehmen am meisten Beratungsbedarf?
Die meisten Fallstricke lauern in der Exportkontrolle. Geregelt ist sie in den EU-Embargo-Verordnungen, der EU-Dual-Use-Verordnung und – für deutsche Unternehmen – in der Außenwirtschaftsverordnung (AWV). Nicht nur Waffen und Rüstungsgüter sind von der Exportkontrolle betroffen: Die Vorschriften der EU gelten für Güter, die sowohl zivil als auch militärisch verwendet werden können (Dual-use-Güter). Hierzu gehören auch Ersatzteile, Software und Technologien.
Wie finanziert man das Geschäft im Iran?
Keines der großen europäischen Kreditinstitute, wie die Deutsche Bank, bedient derzeit das Iran-Geschäft. Würden sie es doch tun, drohen ihnen in den USA horrende Strafzahlungen. Bislang arbeiten nur kleinere Banken mit dem Iran zusammen, die weder US-Geschäfte durchführen noch US-Assets halten. Beispiele sind Raiffeisen Bank und Erste Bank in Österreich, Mediobanca und Banco Popolare in Italien, die Europäisch-Iranische Handelsbank in Hamburg, KfW und die Ausfuhrkreditbank AKA, die belgische KBC, die niederländische ING, die türkische Halk Bank, die Danske Bank und die Alpinum Bank aus Liechtenstein. Diese Institute haben Arbeitsbeziehungen mit iranischen Banken etabliert und eröffnen Akkreditive über Summen von bis zu 50 Millionen US-Dollar.
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass die US-amerikanischen Handelsschranken wieder reaktiviert werden?
Präsident Donald Trump bezeichnete das Atomabkommen im Wahlkampf „als den schlechtesten Deal von allen“ und versprach sogar dessen Aufkündigung. Bislang aber ist nichts passiert – bis auf ein neues Einreiseverbot für iranische Bürger in die USA. Insgesamt aber kommen Zweifel auf, ob der Reintegration des Irans in das internationale Wirtschaftssystem nicht doch noch erhebliche Hürden und Risiken entgegenstehen.
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