Wie jedes Jahr im vierten Quartal sind die Weihnachtssaison und der damit verbundene Absatzboom ein großes Thema für die Logistik und Supply Chain Manager. In einigen Fällen beginnt die Saison aber schon früher. Beispielsweise füllen Lebkuchen und Spekulatius häufig schon im September die Supermarktregale, wenn vielen Kunden der Sinn eigentlich noch mehr nach Eisdiele als nach Gänsebraten steht. Die Absätze aus den vorherigen Jahren untermauern aber stets die Strategie des Handels.
Die erhöhten Verkaufszahlen in der Saison sind einerseits für Produzenten und Händler erfreulich, andererseits sind periodisch erhöhte Nachfragen auch nicht unproblematisch. Ein Mehrbedarf muss über Mehrproduktion gedeckt werden, welcher oft schon Monate vorher angestoßen werden muss. Die Qualität der Absatzplanung entscheidet hier, ob der Bedarf optimal gedeckt werden kann oder Kosten durch Über- bzw. Unterbevorratung drohen. Obwohl dieser Zusammenhang durchaus bekannt ist, lesen wir regelmäßig von Negativbeispielen, wo selbst bei großen Unternehmen die saisonale Absatzplanung nicht so richtig geklappt hat.
2015 sind mir die folgenden drei Fälle besonders ins Auge gesprungen:
Vom Bauklotz-Fiasko bis zum Milchpulver-Engpass
Das erste Beispiel ist meiner Meinung nach ein Paradebeispiel für ausgelassene Umsatzchancen. Eine Absatzsteigerung um 18% hatte den dänischen Spielzeughersteller LEGO in diesem Jahr überrascht, nun steht das Unternehmen ausgerechnet in der Vorweihnachtszeit vor einem Stock-Out: LEGO „habe nicht mehr die Kapazitäten frei, um alle möglicherweise noch eingehenden Bestellungen abzuarbeiten“, heißt es in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Über die Gründe für ein solches Absatzplanungs-Fiasko lässt sich nur spekulieren. Vielleicht waren in die Gesamtplanung nicht alle Einschätzungen der relevanten Abteilungen und alle möglichen Einflussfaktoren ausreichend eingeflossen, so dass der größte Spielzeughersteller der Welt auf diesen Nachfragesprung vorbereitet gewesen wäre. Nun reagiert das Unternehmen vorerst mit Expansion durch weitere Werke in Ungarn, Mexiko und China.
Im nächsten Beispiel begegnet uns ein klassischer Saisonartikel. Im August dieses Jahres spricht die Mittelbayersche von einem restlosen Ausverkauf von Ventilatoren. Die günstigen Modelle waren durch eine anhaltende Hitzeperiode im Einzelhandel nicht mehr zu erwerben, lediglich ein paar Restposten hochpreisiger Artikel zierten die sonst nur leeren Regale. Was der Vorsitzende des Handelsverbands Neumarkt einerseits als einen „erfolgreichen Sommerschluss“ bezeichnet, kann andererseits – genau wie bei Lego – als nicht ausgeschöpftes Umsatzpotenzial ausgelegt werden. Das Wetter ist natürlich ein äußerst unsicherer Einflussfaktor für eine verlässliche Planung und kurzfristige Reaktionen auf Wetterveränderungen scheitern meist an langen Wiederbeschaffungszeiten und komplexen Lieferketten.
Vor leeren Regalen standen in diesem Jahr auch Mütter und Väter, die für Ihre Kinder Milchpulver einkaufen wollten. Ein Anstieg in der Nachfrage mit Höhepunkt zum Jahresbeginn hatte eine ausreichende Versorgung des Einzelhandels mit Milchpulver verschiedener Qualitätsmarken zur Herkulesaufgabe für Produktionsunternehmen gemacht. Spekulativer Grund für diese ausreißende Nachfrage ist der Milchskandal in China, der bereits 2008 für Unmut gesorgt hatte. Nach dem Erkranken mehrerer hunderttausend Kinder, ist das Vertrauen in die chinesischen Produkte erschüttert und Eltern greifen nun immer häufiger auf deutsche Qualitätsware zurück. Gerade zum Neujahrsfest (19.Februar) in China entwickelte sich Anfang 2015 ein wahrer Kaufrausch bei den in Deutschland ansässigen Chinesen, die die Babynahrung in großen Mengen einkauften und dann an ihre Familien und Freunde in China verschickten.
Der gemeinsame Nenner in allen drei Fällen ist eine offensichtlich unzureichende Absatzprognose. Dazu kommen Einschränkungen, was die Agilität der Reaktionen betrifft.
Nicht nur Unternehmen aus dem Konsumgütermarkt oder der Lebensmittelindustrie, sondern auch beispielsweise die Elektro- oder Automobilindustrie erliegen oft der Kurzsichtigkeit ihrer Prognosen und Planungsprozesse. Sporadische Verkäufe, wie die von Ersatzteilen, Saisonverkäufe oder Strukturbrüche sind theoretisch zwar gängige Absatzverhalten, jedoch sind sie für Planungsverantwortliche aufgrund ihrer vermeintlichen Unplanbarkeit stets ein Stolperstein. Aus diesem Grund könnte die Tendenz in der Beschaffung dahingehen, sich wichtige oder schwer wiederzubeschaffende Artikel lieber sicherheitshalber auf Vorrat zu legen als einen großen Kundenauftrag nicht bedienen zu können. Im Sinne geringer Kapitalbindungskosten ist diese Reaktion natürlich nicht wünschenswert.
Agieren statt Reagieren
Planer und Planerinnen sollten frühzeitig und agil auf mögliche Absatzveränderungen reagieren können und dabei gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens im Auge behalten. Dies ist mit Hinblick auf die heutige Produktvielfalt, die Komplexität von Planungs- und Produktionsprozessen und steigenden Kundenanforderungen jedoch eine Herkulesaufgabe. Notwendige Unterstützung liefert jedem Handels- oder Produktionsunternehmen branchenübergreifend der Einsatz entscheidungsintelligenter Softwaresysteme. Diese besitzen durch ausgereifte Algorithmen die notwendige Fähigkeit zur frühzeitigen und simultanen Betrachtung zahlreicher Einflussfaktoren und sind daher in der Lage, kostenoptimale und verlässliche Absatzprognosen zu liefern. Sie bedienen sich sowohl zahlreicher Vergangenheitsdaten wie auch gegebener Informationen zur aktuellen Marktsituation und der manuellen Eingabe erfahrener Planer, Vertriebler und Führungskräfte und priorisieren alle Vorgaben auf einer übergreifenden Planungsebene zu einem gesamtoptimalen Plan. So muss auf drohende Stock-Outs nicht mehr zeitkritisch reagiert werden, da durch frühzeitige Planung Engpässe gar nicht erst entstehen.
Wie gehen Sie mit schwankender Nachfrage oder sporadisch verkauften Artikeln in der Absatzplanung um?
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