„Ich gehe dahin, wo der Puck sein wird, nicht, wo er gewesen ist.“ Als Steve Jobs, Mitgründer von Apple bei der iPhone Premiere im Jahr 2007 Wayne Gretzky so zitierte, sagt er danach: “Das haben wir bei Apple von Anfang an getan, und wir werden es immer tun.” Und aktuell feiert Apple den 10. Geburtstag des beliebten Smartphones.
10 Jahre haben viele iPhone-Modelle hervorgebracht. Über die Notwendigkeit eines jährlichen Updates des neuen besten Freundes des Menschen lässt sich diskutieren, doch die Umsatzzahlen rücken die Frage nach dem tatsächlichen praktischen Bedarf in den Hintergrund. Abgesehen von einer nicht unerheblichen finanziellen Hürde ist der Smartphone-Einkauf schnell erledigt. Möchte man nicht unbedingt zu den Early-Birds gehören und sich wie beim neuen iPhone 8 auf eine Monate überdauernde Warteliste setzen, dann ist ein Smartphone, egal in welcher Ausführung, per Knopfdruck schnell gekauft und vielleicht schon am kommenden Tag einsatzbereit.
Dieser Luxus der ständigen Verfügbarkeit jedes Produktes für den Konsumenten bedeutet hohe Performance für Hersteller und Händler. Und damit nicht genug: Der Wandel hin zu immer persönlicheren Produkten bringt sie mit den bestehenden Möglichkeiten in ERP-und WMS-Systemen an die Grenzen ihrer Prozesseffizienz. Hoher Servicegrad und schnelle Lieferung bei stetig wachsender Produktvielfalt und Individualisierung sind ein konstantes, aber nicht unlösbares Problem. Dazu später mehr.
Durchgängiger Trend
Die zunehmende Variantenvielfalt macht sich nicht nur im Technologie-Bereich bemerkbar, sondern ist übergreifend erkennbar: Im Business-to-Consumer Bereich (B2C) sprechen wir von so unterschiedlichen Dinge wie personalisierten Müslirezepten oder Lack-Tattoos auf dem neuen Audi. Doch es geht schon lange nicht mehr „nur“ um das persönliche Branding, sondern um die Herstellung von Unikaten in Form, Design und Funktionalität. Und diese Umstellung in der Produktion zu „immer weniger, aber dafür immer vielfältiger“, basiert auf der Notwendigkeit der Unternehmen, neue Käufergruppen zu erreichen und damit Umsatzpotenziale zu erschließen. Variantenvielfalt bildet den ersten Schritt, vollständige Individualisierung für bestimmte Produktgruppen ist das langfristige Ziel.
Wie lange ist die klassische Supply Chain noch tragbar?
Diese Entwicklung bringt altbekannte Supply-Chain-Prozesse ins Schwanken. Eine Beschaffung funktioniert nicht mehr über Masseneinkäufe, sondern muss Teile für jede erdenkliche Produktvariante bevorraten, ohne das Lager zu überfüllen. Der Vertrieb kann keine Lieferzusagen mehr auf Basis der üblichen Herstellungszeit machen, sondern muss in die intensive Kommunikation mit der Produktion treten. Die Produktion wiederrum kann nicht mehr nach dem Massenfertigungsprinzip verfahren, um Rüst- und Reinigungskosten zu sparen, denn die Losgrößen sinken.
Es bestehen bereits Strategien, um eine hohe Variantenvielfalt effektiv zu fertigen, auch ohne die gesamte Produktion neu zu strukturieren. Hilfreich ist zum Beispiel die Postponement-Strategie, die Strategie des Aufschiebens. Dabei wird großen Wert daraufgelegt, dass Unsicherheiten in der Supply Chain, die durch die Integration individueller Einheiten auftreten, möglichst weit an das „Ende geschoben werden“, also zum Teil in den Distributionsprozess. Zum Beispiel können Etiketten in Landessprache für international verkaufte Produkte erst bei den Distributoren im jeweiligen Absatzland gedruckt und aufgeklebt werden. Das bringt Stabilität im bestehenden Standard-Fertigungsprozess. Bei diesem und vielen weiteren Verfahren denken wir jedoch immer noch in klassischen Produktionsabläufen. Die Industrie 4.0 macht deutlich, dass zukunftsfähige Produktionen völlig neue Ansätze verfolgen. Um Vernetzung, maximale Datentransparenz, durchgängige Automatisierung zu erreichen und dabei Sicherheit intern und gegenüber dem Kunden zu garantieren, müssen Produktionsverantwortliche noch einen Schritt zurücktreten. Es ist wichtig, bereits in der Planung der Produktionsaufträge auf eine Methode zu setzen, die den Ansprüchen an Schnelligkeit, Ganzheitlichkeit und Individualisierung gerecht wird.
Vorausschauende Planung nötig
Eine vernetzte und digitalisierte Produktion bringt im Zweifelsfall auch nicht das erhoffte Ergebnis, wenn die Planung unzureichend ist. Zum Beispiel indem zu wenig oder nicht die richtigen Artikel beschafft wurden oder eine Verkaufsprognose den regelmäßigen Großkundenauftrag vergisst. In der Praxis fließen natürlich noch weitaus mehr Faktoren in eine Planung ein. Die steigende Variantenvielfalt macht dann den Planungsprozess nicht einfacher. Eine Lösung hierfür bietet eine simultane Planung, die alle Restriktionen und Bedingungen der gesamten Supply Chain gleichzeitig und früh genug berücksichtigt. Speziell die Fortschritte bei der Effizienz von mathematischen Algorithmen, kombiniert mit schnellerer Hardware machen solche Planungsmethoden heute erst möglich. Das Ergebnis liefert Produktionstermine, die realisierbar und wirtschaftlich sind sowie dem Liefertermin entsprechen. Auch Basis eines soliden Planungsergebnisses ist dann die Weiterentwicklung des Produktportfolios erheblich leichter.
Fazit
Nicht jeder Markt ist so schnelllebig wie der des Smartphones. Apple ist sicher in der glücklichen Position, das neue iPhone wie jedes neue Modell mit Abnahmegarantie produzieren zu können. Verdient, denn das Unternehmen hat von Beginn an ein Gespür für die aktuellen und zukünftigen Kundenwünsche gehabt – dies lässt sich am kommerziell erfolgreichen Strategiewechsel zu einem vielfältigeren Portfolio ablesen.
Die wachsende Variantenvielfalt ist branchenübergreifend eine Reaktion auf die heutigen Kundenansprüche an individualisierte Produkte. Diese Kundenorientierung bedeutet aber auch komplexere Abläufe. Damit Vertrieb und Fertigung die Kundenwünsche nicht zu Lasten ihrer Prozesseffizienz befriedigen müssen, sind moderne Prozesse für die marktorientierte Produktionsplanung und operative Steuerung notwendig – mag dies auch langfristig einen vollständigen Paradigmenwechsel bedeuten.
Super geschriebener und informativer Artikel :-). In diesen Blog werde ich mich noch richtig einlesen