Heute beginnt in Sharm El-Sheikh, Ägypten, die Weltklimakonferenz COP27. Aber diese beginnt nicht bei null. „Lassen Sie mich erst festhalten, dass wir tun sollen was wir in Glasgow versprochen haben.“ So in etwa lautete die Aufforderung von EU-Vizepräsident Frans Timmermans auf der Vortagung der COP27 Konferenz in Kinshasa, Demokratische Republik Kongo, im Oktober dieses Jahres. Daher ist es für uns wichtig sich noch einmal die Höhepunkte von vor einem Jahr, von COP26 in Glasgow, vor Augen zu führen. Dies wird uns helfen die Ereignisse der kommenden Tage besser zu beurteilen. Was zwischen den zwei COP-Konferenzen passierte, werden wir von den Teilnehmern in Ägypten hören; oder aber auch nicht.
Auf der COP26-Konferenz hat die Transport- und Logistikbranche der Welt gezeigt, dass sie existiert und dass sie als globaler Sektor durchaus zur Lösung der Klima- und Umweltkrise beitragen kann. Aber sie machte auch deutlich, dass sie die Hilfe anderer Stakeholder im weiter gefassten Transport- und Logistik-Ecosystem benötigt. Ich bin gespannt darauf zu sehen, wie sich die Branche dieses Jahr als wichtiger Bestandteil der Weltwirtschaft und im Zusammenspiel mit derselben präsentieren wird. Nun aber zu den logistikrelevanten Höhepunkten von COP26.
Automobilhersteller: globale Verständigung über emissionsfreie Lkw und Busse
Unter dem ersten globalen Abkommen über umweltfreundliche Lkw und Busse mit dem englischen Namen „Global Memorandum of Understanding for Zero-Emission Medium- and Heavy-Duty Vehicles (ZE-MHDVs)“, das von 15 Staaten, u.a. von Deutschland, unterzeichnet wurde, verpflichten sich die Länder auf den 100-prozentigen Verkauf von emissionsfreien neuen Lkw und Bussen im Jahr 2040 hinzuarbeiten. Ein Zwischenziel von 30 Prozent wurde für das Jahr 2030 vereinbart. Das Erreichen dieses Ziels erfordert die Zusammenarbeit im gesamten Ecosystem, denn es geht nicht nur um Fahrzeuge, sondern auch um alternative Treibstoffe und die diesbezügliche Infrastruktur.
Ladeinfrastruktur/alternative Treibstoffe – Beispiel Seefracht: Clydebank Declaration
Die Gesamtkosten für die globale Dekarbonisierung der Schifffahrt werden auf 1,65 Billionen USD bis zum Jahr 2050 geschätzt. Diese Summe wird für die Reduzierung des Treibhausgasausstoßes der Branche um mindestens 50 Prozent im Vergleich zum Niveau von 2008 benötigt. Wichtig ist dabei jedoch, dass 87 Prozent der Investitionen für landbasierte Infrastruktur und die Produktion von alternativen Treibstoffen aufgewendet werden müssen. Dies ist der Grund für die Einführung von emissionsfreien Korridoren, sei es auf der Straße oder auf See. Am 10. November 2021 auf der COP26-Konferenz in Glasgow haben sich 19 Nationen, darunter auch Deutschland, zu einem Rahmenwerk zur Einführung von emissionsfreien maritimen Korridoren bekannt. Ziel der sogenannten Clydebank Declaration ist der ausschließliche Betrieb von emissionsfreien Schiffen zwischen einem oder mehreren Hafenpaaren. Dadurch können die landseitigen Investitionen in saubere Energien und die entsprechende Infrastruktur in den ausgewählten Häfen katalysiert werden. Die Korridore erlauben auch, auf kontrollierten und überschaubaren Routen Erfahrungen für die Dekarbonisierung der gesamten Schifffahrt zu sammeln.
Neue Vorgehensweisen, neue Fähigkeiten: Just Transition Maritime Task Force
Von 56 Positionen in der „Jobs Transformation Map“ für die Logistikbranche in Singapur werden etwa 54 Prozent der Jobs zumindest einen mittleren Grad an Veränderung erfahren. Dies erfordert die Anpassung der Positionsprofile, die Weiterqualifizierung der Mitarbeiter und gegebenenfalls auch die Verdrängung heute noch existierender Positionen. Unter der Ägide von UN Global Compact, Internationaler Schifffahrtskammer und Internationaler Transportarbeiter-Föderation wurde eine Just Transition Maritime Task Force ins Leben gerufen, um sicherzustellen, dass die Menschen in den verschiedensten Positionen mit den Fähigkeiten ausgestattet werden, die eine emissionsfreie Seeschifffahrt benötigt. Die Task Force soll auch gewährleisten, dass die grüne Transition gleichberechtigte Chancen für alle mit sich bringt. Sie bezieht zudem die Übertragung von „Best Practices“ und entsprechende regulatorische Empfehlungen mit ein.
Klima- und Umweltinnovation: First Movers Coalition
Technologieentwicklung und Innovation sind zentral für Klima- und Umweltschutz. „Grob die Hälfte der erforderlichen Emissionsreduzierungen, die bis 2050 erreicht werden sollen, hängen von Technologien ab, die sich entweder im frühen Entwicklungsstadium, in der Phase der Demonstration oder im Prototypstatus befinden.“ Dies zumindest besagt eine Pressemitteilung des Weltwirtschaftsforums. Daher verwundert es auch überhaupt nicht, dass das Weltwirtschaftsforum zusammen mit John Kerry, dem Spezialbeauftragten für Klima des US-Präsidenten, die First Movers Coalition zur Dekarbonisierung derjenigen Branchen, die schwer von Emissionen zu befreien sind, auf der COP26-Veranstaltung annonciert und lanciert hat. Dabei geht es um Nachfragesignale für kritische Technologien und emissionsfreie Treibstoffe, denn schlussendlich ist es die Nachfrage, die neue Angebote stimuliert und damit Forschung und Entwicklung treibt. Amazon, A.P. Møller-Mærsk, Deutsche Post DHL und Yara International traten der Coalition als Gründungsmitglieder bei.
Aus meiner Sicht hat sich nach COP26 viel getan. Im Bereich des Straßenverkehrs geht die Entwicklung von sauberen Lösungen weiter. An den grünen Korridoren in der Schifffahrt wird gearbeitet und Trainings werden auf die neuen Erfordernisse ausgerichtet. Auch mit der First Movers Coalition geht es weiter. „Die Pandemie hat uns gelehrt, dass nationale Lösungen für die Lösung globaler Probleme untauglich sind.“ So in etwa eröffnete Mia Mottley, Premierministerin von Barbados COP26, in Glasgow im Oktober/November 2021. Nun bin ich auf die Eröffnungsworte und die logistikrelevanten Höhepunkte der Klimakonferenz 2022 gespannt. Ich wünsche uns, dass wir wieder wesentliche Weiterentwicklungen und Fortschritte beobachten werden.
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