„Niemand benötigt die Digitale Transformation.“ So eröffnete Dr.-Ing. Reinhold Achatz von Thyssen-Krupp reichlich provokant seinen Vortrag auf der ABIDA-Fachtagung „Big Data und Gesellschaft – zwischen Kausalität und Korrelation“. Die Relativierung folgte jedoch sogleich, nach einer Kunstpause, im entscheidenden Nachsatz: „… wenn sie keinen Mehrwert liefert!“ Aber wie macht man gesammelte Daten nutzbar? Diese Frage wiegt schwer in Zeiten, in denen einige schon nicht mehr von Big, sondern sogar von Huge Data sprechen.
Was tun mit all den Daten?
Dass die Sammlung von Daten, egal welcher Art, nicht zum Selbstzweck verkommen darf, darin sind sich alle einig. Denn Daten sind zunächst lediglich ein Rohstoff. Und wie Erdöl erst durch seine Verarbeitung zu Kraftstoff einen Wert erhält, so erhalten Daten ihren Wert erst durch ihre Verarbeitung zu Wissen. Im Gegensatz zum Erdöl liegt die Herausforderung hier jedoch weniger in der Rohstoffförderung als vielmehr in seiner Verarbeitung und Nutzung. So geben zwar 97 Prozent der Verantwortlichen im Supply Chain Management an, sich über das große Potential von Big Data bewusst zu sein. Dennoch haben nur 17 Prozent von ihnen bereits Big-Data-Lösungen in ihre Supply Chain implementiert. Um das große Potential nutzbar zu machen, gilt es einige Erfolgsfaktoren zu beachten.
Kein Erfolg ohne Marktnähe
Alle Arbeitsprozesse entlang der Wertschöpfungskette von Big Data sollten stets „end-to-end“ auf die Bedürfnisse von Kunden und Markt ausgerichtet sein. Die Erhebung von Daten, ihre Verarbeitung, Analyse und schließlich Applikation müssen geprägt sein von der Frage, wie sie zu mehr Agilität in der Supply Chain hinsichtlich individueller Kundenbedürfnisse und sich verändernder Marktbedingungen verhelfen können.
Wissen Sie, wer Ihre Kunden sind, kennen deren Vorlieben und wissen wie ihre Beziehungen zu Ihrem Unternehmen beschaffen sind, bietet sich Ihnen die Möglichkeit, erfolgreicher zu sein als der Wettbewerb. Dieser Marktvorteil kann jedoch nur erreicht werden, wenn Sie im Anschluss an eine Erhebung alle gesammelten Daten auch an den richtigen Entscheidungspunkten der Supply Chain zur Verfügung stellen. Ein Beispiel aus der Praxis: Das Big Data Tool eines großen Herstellers von Büromöbeln ermittelt zuverlässig, dass in 95% aller Fälle auf einen steigenden ifo-Geschäftsklimaindex nach Ablauf einer gewissen Zeit auch ein gesteigerter Absatz von Business-Möbeln folgt. Dem Unternehmen bietet sich durch dieses Wissen die Chance, sich auf die neue Marktsituation entsprechend vorzubereiten.
Durch stete Beobachtung des monatlich erscheinenden Index können zukünftige Absatzzahlen bis zu einem gewissen Grad antizipiert werden. Um daraus einen Nutzen zu ziehen und die gesteigerte Nachfrage auch bedienen zu können, muss das neue Wissen nun an den richtigen Stellen eingesetzt werden: In der Produktionsplanung muss analysiert werden, inwiefern die bestehende Produktionskapazität ausreicht. Auch die Lieferanten müssen mit relevanten Informationen versorgt werden – sonst besteht die Gefahr, dass sie einen etwaigen Mehrbedarf an Materialien nicht oder nicht rechtzeitig bedienen können. Es muss geklärt werden, ob die erhöhte Nachfrage durch Bestände abgedeckt werden kann oder ob Entscheidungen hinsichtlich Mehrarbeit oder Erhöhung von Bestellungen getroffen werden müssen. Gelingt es dem Unternehmen durch die strategische Aufbereitung und Bereitstellung dieser Daten schneller auf die Veränderungen am Markt reagieren zu können, bietet Big Data einen entscheidenden Mehrwert. Gleichzeitig lassen sich Big Data-basierte Prozesse gewinnbringend nutzen, um Korrelationen hinsichtlich der eigenen und der Lieferanten-Kapazitäten zu erkennen. Das ermöglicht einen standortübergreifenden Kapazitätsausgleich, mit dem das Unternehmen hochgradig agil und flexibel auf alle Marktbedingungen reagieren kann.
Network Excellence: Transparenz durch Sicherheit
Um einen solchen Ausgleich zu gewährleisten, braucht es ein transparentes Netzwerk: Der Mehrwert durch die neue Technologie basiert darauf, dass jeder einzelne Bereich der Supply Chain auch auf die Informationen zugreifen kann, die er zur Optimierung seiner Prozesse benötigt – zur zentralen Unterstützung einer gemeinsamen Zielsetzung.
Ein hohes Maß an Transparenz im Netzwerk erfordert jedoch Sicherheit. Um diese zu garantieren, gilt es einige Spielregeln im Datenaustausch untereinander zu beachten: Das Gelingen eines sicheren Big Data Netzwerks setzt das Vertrauen der Teilnehmer in Ihr Netzwerk voraus. Um Vertrauen zu schaffen, ist neben einem auf technischer Ebene sicheren Datenaustausch auch dafür zu sorgen, dass alle Teilnehmer jederzeit wissen, mit wem sie ihre Daten teilen und welche Daten sie teilen. Vertrauensschutz kann nur ein Netzwerk bieten, in dem zertifizierte Teilnehmer die Souveränität über ihre Daten behalten.
Mehr Agilität durch Big Data
Richtig umgesetzt, sorgen Big-Data-Lösungen für eine Steigerung der Marktintelligenz durch das frühzeitigere Erkennen und die schnellere Reaktion auf sich verändernde Marktentwicklungen. Dazu braucht es aber eine klare Strategie im Umgang mit der anfallenden Datenflut und Transparenz darüber, welche Daten für welche Entscheidungen im Unternehmen gebraucht werden. Eine konsequent digitalisierte Supply Chain wird mittelfristig unerlässlich sein, um hinsichtlich Effizienz und vor allem Agilität konkurrenzfähig zu bleiben. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es jedoch Geduld und Mut: Wer neue Wege beschreiten will, muss auch damit rechnen, dass nicht jede Maßnahme auf Anhieb greift. Und angesichts der Vielzahl bisher ungenutzter, neuer Möglichkeiten müssen hier auch Experimente erlaubt sein.
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