Was bedeutet der Ausstieg des Vereinigten Königreiches aus der Europäischen Union (EU) für Europa, für die Welt? Die Europäische Union steht entweder vor einem neuen Zusammenrücken oder einem Schneeballeffekt: Ruhe und Besonnenheit sind gefordert. Denn Milliarden von Pfund und Euro sowie Millionen von Arbeitsplätzen stehen auf dem Spiel – wenn nicht gar die weltwirtschaftliche Stabilität. Während sich die Welt einer Verschärfung der Desintegrationstendenzen ausgesetzt sieht, kann nach einer Studie des britischen Industrieverbandes Großbritannien alleine 100 Milliarden Pfund und 950.000 Arbeitsplätze verlieren – und dies bereits bis zum Jahr 2020.
Mit der Entscheidung für den Brexit haben sich die Briten zunächst einmal für Unsicherheit und Preiserhöhungen entschieden, dies infolge von Grenzkontrollen und einer Beeinträchtigung von Beschaffung, Produktion und Distribution. Der Logistiksektor profitiert kurzfristig, durch die notwendige Anpassung logistischer Systeme. Mittel- bis langfristig ist allerdings zu erwarten, dass viele der Beteiligten verlieren. Die naheliegende Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit Großbritanniens führt zur Reduzierung der britischen Wirtschaftskraft und damit zu geringeren Haushaltseinkommen und Transportvolumen.
Entscheidend für die weitere Entwicklung werden die Vorgehensweise der britischen Regierung und die Haltung der weltweiten Staatengemeinschaft sein.
Wie wird der Ausstieg aus der EU ausgestaltet und über welchen Zeitraum wird er erfolgen? Werden Handelspartner Übergangslösungen anbieten, mit denen die wirtschaftliche Lage stabilisiert werden kann? Großbritannien ist über die EU an 33 Freihandelsabkommen beteiligt – müssen diese neu verhandelt werden, wird dies Jahre dauern. Dies wird die Wirtschaft mit Unsicherheiten belasten und Unternehmen von Investitionen abhalten.
Welche Lehren zieht die EU? Wird sie sich in Zukunft vermehrt auf die Betonung von gemeinsamen Werten und das Aufzeigen von Perspektiven fokussieren? Wird sie der Jugend einen neuen Sinn, eine Vision geben und ihr bei der Fortführung und Erneuerung der Errungenschaften der Nachkriegszeit ein Vorbild sein können? Werden die Verantwortlichen in Brüssel zusammen mit ihren Kollegen in den Mitgliedsstaaten den europäischen Gedanken wiederbeleben und sich dabei auch selbst in der jetzigen Form infrage stellen können? Ein Zusammenrücken um klare Positionen ist gefordert. Ein historischer Moment zum Handeln.
Viele Gespräche sind vonnöten – Diskussionen, Verhandlungen und der Austausch mit Großbritannien und zwischen den Staaten weltweit. Denn Wohlstand und Frieden erfordert Brücken und Verständnis. Hoffen wir, dass das britische Votum nicht ein Schlusspunkt, sondern der Beginn einer europäischen, wenn nicht weltweiten Besinnung auf kollektive Werte und Neuorientierung in Bezug auf internationale Zusammenarbeit und Entwicklung ist.
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