Die Würfel sind gefallen. Donald Trump wird der 45. Präsident der USA. Sein Versprechen: America first.
Wie dies ausgestaltet werden soll und kann bleibt unklar. Folgt man seinen Reden im Wahlkampf, sind Schutzzölle beispielsweise auf Importe aus China und Mexiko denkbar. Zudem will Herr Trump die Freihandelsabkommen, die die USA gerade verhandelt oder in der Vergangenheit abgeschlossen hat, auf den Prüfstand stellen – eine Maßnahme, die sich u.U. auch auf die deutsche Wirtschaft auswirken könnte. Schließlich lebt diese zu einem erheblichen Masse vom Export.
Zunächst einmal ist anzunehmen und zu akzeptieren, dass diese Ankündigungen die Stimmung in weiten Teilen der amerikanischen Bevölkerung wieder spiegelt. Der Ausgang der Wahl zeigt den Wunsch nach Veränderung – dies in einer äußerst volatilen Zeit, die viele verunsichert. Zwar ging die Arbeitslosigkeit in den USA seit 2010 kontinuierlich zurück, trotzdem bangen noch immer viele um ihren Arbeitsplatz. Im Juni 2016 waren 4,9 Prozent der Menschen in den USA arbeitslos – in der EU 28 waren es 8,6 Prozent, in Deutschland 4,2 Prozent. Allerdings hat die U.S.-amerikanische Produktionswirtschaft seit 2010 trotz kontinuierlichem Wachstum 5 Millionen Stellen verloren.
Die Ursache für den Abbau der Arbeitsplätze führt Trump u.a. auf die Importe aus China und Mexiko zurück. Untersuchungen, beispielsweise von der Ball State University, nennen andere Gründe. Demnach hat die Steigerung der Produktivität zwischen den Jahren 2000 und 2010 den Bedarf an Arbeitskräften in der U.S.-amerikanischen produzierenden Wirtschaft um 8,8 Millionen Arbeiter reduziert. Während in Robotern und andere einheimischen Faktoren 88 Prozent des Stellenabbaus begründet liegt, fielen dem Handel 13 Prozent zum Opfer. Verschärft werden wird der Abbau durch Automatisierung durch die vierte industrielle Revolution, d.h. die Verschmelzung von physischer, digitaler und biologischer Welt, die wir derzeit durchleben.
Ein wesentlicher Faktor der Verunsicherung ist die allgemeine Wirtschaftslage. Nicht nur lokale Märkte kommen seit der globalen Finanzkrise 2008/09 nicht mehr so richtig in Schwung, auch der internationale Handel kränkelt. Damit verliert ein wichtiger Wachstumsmotor an Fahrt. Ein Grund für den schwachen internationalen Handel ist der ansteigende Protektionismus: Allein zwischen Juni 2013 und Juni 2014 wurden 170 neue handelsbeschränkende Maßnahmen gezählt. Die WTO weist kontinuierlich auf diese Entwicklung sowie die Folgen von protektionistischer Politik in Bezug auf Wirtschaftswachstum und Arbeitsmarkt hin.
Ein weiterer Faktor ist der Aufstieg der regionalen und lokalen Handels- und Logistikplattformen auf Kosten der globalen Warenströme. Dies zum einen durch die Erstarkung nationaler und regionaler Volkswirtschaften, wie China und ASEAN, zum anderen durch die Veränderung der Kundenerwartungen – beispielsweise in Hinsicht auf kürzere Lieferzeiten und schnellere Modellwechsel. Fabriken werden häufiger näher am Markt, direkt im Land oder zumindest in der Region, positioniert. Die Digitalisierung hilft, da dank gesteigerter Visibility die Qualität auch aus weiter Ferne sichergestellt werden kann. Eine positive Gegenbewegung stellt der schnell wachsende internationale E-Commerce dar.
Unabhängig von jeglichen Wahlen und Referenden stehen wir heute inmitten eines Strukturwandels der globalen, hoch vernetzen und interdependenten Welt. Bestehende und bewährte Institutionen und Ordnungssysteme müssen dieser neuen Situation und den veränderten Bedingungen angepasst werden. Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Bewältigung dieser dringend notwendigen Transformation ist ein tiefes Verständnis der tatsächlichen Umstände und Ursachen sowie die enge Zusammenarbeit der verschiedenen Beteiligten aus Wirtschaft, Politik, Forschung etc., national wie international. Nur mit Hilfe der Unterstützung aller beteiligten Stakeholder, einschließlich der Bevölkerung, lassen sich derart weitreichende Reformen umsetzen.
Wohlstand und Frieden werden – dies lehrt uns die Geschichte – durch Handel gesichert. Zudem kann keine moderne Volkswirtschaft heute mehr ohne internationalen Handel bestehen. Und auch die amerikanische Bevölkerung muss nach wie vor mit Waren der verschiedensten Art und Herkunft versorgt werden. Dies setzt zumindest kurzfristig potenziellen protektionistischen Maßnahmen Grenzen.
Über die tatsächliche mittel- und langfristige amerikanische Handelspolitik lässt sich zurzeit nur spekulieren.
Viele Zukunftsszenarien in Bezug auf Möglichkeiten und Konsequenzen lassen sich durchspielen. Veränderungen können, müssen aber nicht anstehen. Mit Sicherheit würde eine protektionistische Handelspolitik der USA beispielsweise die Situation der Containerschifffahrt verschärfen. Transport- und Logistikunternehmen sind aufgerufen, die Situation äußerst achtsam zu verfolgen und sich für eventuelle Anpassungen der Netze und Footprints zu rüsten. Vorausschauende Unternehmen können sich dabei allerdings durch proaktives Handeln und enge Zusammenarbeit mit den Verladern vom Wettbewerb differenzieren.
Selbst im Falle sich verschärfender Rahmenbedingungen, wird auch in Zukunft Erfolg und Misserfolg in der internationalen Transport- und Logistikbranche nicht vom Ausgang von Wahlen, sondern durch strategisches Handeln und operative Exzellenz bestimmt.
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