Die chemische Industrie ist ein Wachstumsmotor für den Wirtschaftsbereich Logistik. Nur wenige Branchen verzeichnen solch hohe Prognosen für den Produktionsausstoß im laufenden Jahr. Auch wenn die BIP-Prognosen für 2018 gegenüber dem Frühjahr gerade erst deutlich nach unten korrigiert wurden – vom ifo Institut von 2,6 Prozent auf 1,8 Prozent und vom DIW von 2,2 Prozent auf 1,9 Prozent – und auch für 2019 die Erwartungen geringer sind, kann für die Chemieindustrie zumindest im laufenden Jahr mit überdurchschnittlichen Wachstumsraten gerechnet werden.
Sicherlich werden die noch im Frühjahr prognostizierten Zuwächse in der Produktion in Höhe von bis zu 3,5 Prozent für das Gesamtjahr 2018 ebenso nach unten korrigiert werden. Aber auch wenn die sehr positive Entwicklung nicht aufrechterhalten werden kann, läuft der Motor weiterhin heiß, so dass die Chemieindustrie und die Chemielogistik als Wachstumsstützen für den gesamten Wirtschaftsbereich gelten können. Dies ist auch ein Grund, warum die Prognose 2018 der Logistikweisen für den Wirtschaftsbereich bei 2,2 Prozent bleibt (Erläuterung siehe BVL-Blog). An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass die Logistik der Chemieindustrie „nur“ gut 6 Prozent Anteil an der gesamten Logistik in Deutschland hat. Zum Vergleich: Die Automobilindustrie liegt bei knapp 10 Prozent und der Einzelhandel bei rund 13 Prozent.
Aus dieser dynamischen Entwicklung in der Chemieindustrie mit ihren ganz besonderen Anforderungen an die Logistik ergeben sich zahlreiche Herausforderungen für die Zukunft – nicht nur hinsichtlich der Aufrechterhaltung des Wachstums, sondern auch in der Bewältigung des täglichen Geschäfts. Dies wurde detailliert auf dem Forum Chemielogistik der BVL in Antwerpen diskutiert. Die fünf größten Herausforderungen in der Chemielogistik sind laut Branchenexperten aus Industrie, Dienstleistung, IT und Beratung
- die Kapazitäten zur logistischen Verarbeitung der Mengen,
- die Infrastruktur zur Aufrechterhaltung einer zuverlässigen Logistik,
- die Komplexität der Prozesse und Eigenschaft der Produkte,
- die Flexibilisierung von Prozessen und
- die Umsetzung der Digitalisierung.
Herausforderung 1: Kapazitäten
In der Chemielogistik bestehen besondere Anforderungen an das Equipment und das Personal. Schließlich ist Gefahrgut zu handhaben, das nicht selten eine begrenzte Lagerfähigkeit hat und über weite Strecken in großen Mengen transportiert werden muss. Daraus folgt, dass ohnehin schwer zu findende Ressourcen, nämlich Transportkapazitäten und Personal, auch noch ganz besondere Anforderungen erfüllen müssen.
Herausforderung 2: Infrastruktur
Eine weitere sensible Kapazität ist die Infrastruktur, sie liegt in der öffentlichen Hand. Der Zustand der Infrastruktur beeinflusst ebenso die Effizienz wie die Effektivität der Logistik, insbesondere bei massengutlastigen und grenzüberschreitenden Transporten wie in der Chemielogistik.
Herausforderung 3: Komplexität
Die Komplexität des Produktes sowie der Umgang mit Engpässen bei öffentlichen und Unternehmenskapazitäten ist bereits erwähnt worden. Es kommen noch viele weitere Dimensionen der Komplexität hinzu, die u.a. Akteure, Relationen, Zeit und Risiken umfassen. In Summe kann nach Prof. Bretzke von 14 Dimensionen der Komplexität gesprochen werden.
Herausforderung 4: Flexibilisierung
Die Chemieindustrie ist in ihrer Produktion auf Effizienz ausgerichtet. Dies widerspricht traditionell einer flexiblen Prozessorganisation. Die Herausforderung liegt entsprechend darin, nicht nur in einem dynamischen Umfeld zu agieren, wie viele andere Branchen auch, sondern die Prozesse so auszurichten, dass sie flexibel werden. Es ist zu erwarten, dass die Boom-Jahre zu Ende gehen. Die Frage ist, wie stark die Talfahrt ausfallen wird. Für 2019 wird ein Produktionswachstum von nur noch etwas mehr als 1 Prozent angenommen (Stand Frühjahr 2018).
Herausforderung 5: Digitalisierung
Eine Basis für die Reaktion auf Veränderung und den Umgang mit der Komplexität kann die Digitalisierung bieten. Die Informationsflüsse können bspw. automatisiert werden, Güterflüsse durch gezieltere Steuerung o.ä. zuverlässiger werden und Geldflüsse sicherer werden.
7 Schritte zum erfolgreichen Outsourcing
Chemieunternehmen sollten sich diesen Herausforderungen in Zeiten des Booms und guter wirtschaftlicher Entwicklungen stellen, um in Zukunft auf Veränderungen reagieren zu können. Die Frage bleibt, wie dabei vorgegangen werden sollte. Eine Möglichkeit ist, auf externe Logistikpartner zurückzugreifen, die ihre Kernkompetenz in der Durchführung von Logistikprozessen haben. Die Frage ist jedoch, welcher Partner der richtige ist und wie mit diesem zusammengearbeitet werden sollte, um für die Zukunft gerüstet zu sein und den zu erwartenden Downturn gut zu überstehen, aber auch bei einem nächsten Boom schnell reagieren zu können. Diese Frage wird in der neuen Studie „Erfolgsfaktoren von 4PL, LLP und 3PL in der Chemielogistik“ (https://www.camelot-mc.com/wp-content/uploads/2018/05/Studie-LLP-4PL-Chemie_Druck_final.pdf) mittels eines Leitfadens adressiert, der sieben Schritte umfasst.In den ersten drei Schritten werden Fragen zur unternehmensinternen Situation gestellt:
- Was ist die Motivation des Unternehmens für das Logistikoutsourcing?
- Welche Unternehmenskultur herrscht vor?
- Welche Rolle spielt die Logistik in der Unternehmensstrategie?
Die Antworten dienen als Basis für die Einordnung des Chemieunternehmens, bevor die primär notwendigen Serviceleistungen abgeleitet werden. Dafür wird im vierten Schritt die Passigkeit zwischen der Outsourcing-Motivation und den daraus resultierenden notwendigen Serviceleistungen seitens des Logistikpartners (Ergebnis Schritt 1) mit den internen Rahmenbedingungen (Ergebnisse Schritt 2 und 3) geprüft – oder anders ausgedrückt:
- Kann das Unternehmen vor dem Hintergrund der vorherrschenden internen Rahmenbedingungen mit einem Logistikpartner zusammenarbeiten, der das notwendige Leistungsangebot anbietet, um die gesteckten Ziele beim Outsourcing zu erreichen? Oder sind vor der Ausschreibung interne Maßnahmen zu treffen – bspw. die Anpassung der Outsourcingstrategie, der Unternehmenskultur oder der Rolle der Logistik in der Unternehmenstrategie?
Den wenigsten Unternehmen ist bewusst, dass bei einer Zusammenarbeit mit externen Partnern auch interne Vorbereitungen zu treffen sind, um ein erfolgreiches Outsourcing zu erreichen – insbesondere bei strategischen oder taktischen Logistikprozessen. Daraus folgt, dass die Passigkeit zwischen dem Logistikanbietermodell mit der erwarteten Leistung und der Motivation für das Outsourcing mit der internen Aufstellung maßgeblich für den Erfolg eines Outsourcingprojekts ist. Dies dreht die Herangehensweise um, indem nicht das Angebot in den Mittelpunkt gestellt wird, sondern die Bedürfnisse des Chemieunternehmens. Erst mit dem klaren Verständnis, mit welchem Logistikanbieter die gesteckten Ziele beim Outsourcing erreicht werden können, kann das Projekt zum Erfolg werden. Resultierend aus dem Ergebnis von Schritt 4 kann der zu erwartende Umfang der Unterstützung durch den Logistikpartner abgeleitet werden:
- Welche Dimensionen der Komplexität können bei der Zusammenarbeit mit dem Logistikpartner adressiert werden?
- Welche Services bzw. Logistikprozesse können dem Logistikpartner potenziell übertragen werden?
- Wie sollte die Zusammenarbeit mit dem Logistikpartner ausgestaltet sein?
Mit dieser Vorgehensweise entfällt die verwirrende Frage, ob ein Logistikdienstleister sich 3PL, LLP oder 4PL nennt. Es wird das in den Mittelpunkt gerückt, was sie anbieten.
Die ausführliche Beschreibung findet sich in der erwähnten Studie und kann kostenlos unter https://www.camelot-mc.com/wp-content/uploads/2018/05/Studie-LLP-4PL-Chemie_Druck_final.pdf heruntergeladen werden.
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