Jeden von uns beschäftigt die Diskussion um den sauberen Diesel. Stellen Sie sich vor, dass ab dem 1. Januar 2020 eine neue Emissionsklasse für alle Autos weltweit gilt. Die wird so streng, dass kein Fahrzeug dieser entspricht. Um sich darauf einzustellen, haben Sie drei Möglichkeiten: Entweder, Sie tanken einen alternativen Kraftstoff, der etwa drei Euro pro Liter kostet. Alternativ müssten sie die Abgasreinigung Ihres Fahrzeugs für viel Geld umrüsten lassen – oder die Antriebsart komplett austauschen. Genau dieses Horrorszenario wird sehr bald für alle kommerziellen Schiffe weltweit zur Realität:
Am 1. Januar 2020 tritt nämlich die neue Regelung der International Maritime Organisation (IMO) in Kraft, welche den Schwefelausstoß von kommerziellen Schiffen weltweit von derzeit 3,5 Prozent auf 0,5 Prozent senkt. Dies klingt erst einmal wenig, jedoch ist die relative Reduktion mit 85 Prozent gewaltig. Diesen Effekt verschärft, dass man den Ausstoß nur durch die Nutzung von deutlich teureren Kraftstoffen oder durch den Komplettumbau der Schiffs-Abgassysteme erreichen kann. Allein die weltweit größte Container-Reederei Maersk rechnet mit zusätzlichen Treibstoffkosten in Höhe von zwei Milliarden Dollar pro Jahr. Unterm Strich belaufen sich die Mehrkosten auf rund 60 Milliarden Dollar für die gesamte Branche.
Weshalb kommt die Vorschrift?
Die IMO geht in einer Studie davon aus, dass die Umsetzung der neuen Vorschrift weltweit etwa 570.000 Menschen vor dem Tod durch Folgen der Luftverschmutzung bewahren wird. Die Regularie kommt undwiderruflich zum 1. Januar 2020. Die Reeder sind sehr unterschiedlich darauf vorbereitet und werden unterschiedliche Maßnahmen treffen, denn sie haben drei verschiedene Möglichkeiten, die neue Norm umzusetzen:
- Umstellung von Schweröl auf Schiffsdiesel
Maersk beispielsweise wird bei den meisten seiner rund 600 Containerschiffe den Treibstoff von Schweröl (HFO) auf Schiffsdiesel umstellen. Nach derzeitigem Kurs kostet eine Tonne Diesel etwa 150 bis 200 Dollar mehr als die derzeit genutzte Sorte Schweröl. Bei einem täglichen Kraftstoffverbrauch von bis zu 250 Tonnen entstünden zusätzliche Kosten von täglich mehr als 40.000 Dollar – pro Schiff! Auf das Jahr hochgerechnet macht das knapp 15 Millionen Dollar Mehrkosten pro Schiff. Laut Maersk wird das den Containertransport von und nach Europa aus Asien um etwa 400 Dollar pro TEU (20 Fuss Standardcontainer) verteuern.
Da auf dieser Route vergleichsweise große Schiffe mit Kapazitäten von > 20,000 TEU eingesetzt werden, diese jedoch auf den meisten anderen Routen nur halb so groß sind, dürften die Kosten auf anderen Routen noch deutlich höher ausfallen. - Einbau einer Abgasreinigung „Scrubber“
Das Schiff wird in einer Werft mit einem „Scrubber“ nachgerüstet. Im Prinzip handelt es sich um einen überdimensionalen Filter der im Schornstein die Abgase „entschwefelt“. Dadurch kann der Reeder weiterhin Schweröl verbrennen, die gefährlichen Schwefelstoffe werden jedoch auf unter 0,5 Prozent gesenkt. Kostenpunkt der Umrüstung: Sechs bis sieben Millionen Dollar pro Schiff. Der Nachteil: Falls die meisten Reeder Dieselkraftstoff verwenden, kann es zu einem Engpass von Schweröl in den Häfen kommen, da dieser nicht überall verfügbar sein wird. - Umrüstung der Antriebsart auf Flüssiggas (LNG)
Das Schiff wird auf einen alternativen Antriebsstoff umgerüstet: flüssiges Erdgas. Das ist mit Abstand die umweltfreundlichste, aber auch – Sie ahnen es – die teuerste Alternative. Neben den einmaligen Kosten von rund 25 Millionen Dollar pro Schiff gehen bauartbedingt bis zu 400 Containerstellplätze verloren.
Beide letztgenannten Möglichkeiten haben den Nachteil, dass die Schiffe für ein bis zwei Monate nicht fahren können, da sie in der Zeit umgerüstet werden. Daher ist – insbesondere im zweiten Halbjahr 2019 – aber auch bis in die Mitte von 2020 mit verschärften Container Kapazitätsengpässen zu rechnen. Dies gilt vor allem für die wichtigsten Routen Europa – Asien, Europa – Nordamerika sowie Asien – Nordamerika.
Daraus ergeben sich zwei dramatische Trends
- Preise
Pro 1.000 TEU ist mit Mehrkosten von etwa 500.000 Euro pro Jahr zu rechnen. Darin sind generelle Kostensteigerungen durch kurzfristig verknappte Kapazitäten noch gar nicht mit eingerechnet. Am Härtesten werden Ladungseigner von geringpreisigen Waren die Folgen zu spüren bekommen. Hier kann allein der neue Bunkerzuschlag einen Anteil von fünf bis zehn Prozent oder sogar mehr am Warenwert ausmachen. Unabhängig jedoch vom Warenwert: Der alleinige Transport dürfte sich um bis zu 50 Prozent auf einzelnen Routen verteuern. - Kapazitätsengpässe
Da man noch nicht genau abschätzen kann zu welchem Anteil die Reeder nach oben beschriebenen Methoden auf die neue Vorschrift reagieren werden, muss von einer zunehmenden Kapazitätsunsicherheit ausgegangen werden. Gerade in stark nachgefragten Fahrtgebieten oder „Nischen“- Routen ist dies problematisch, weil fehlende Kapazitäten nicht so einfach aufgefangen werden können. Verschärft wird dies durch die zunehmende Konsolidierung auf dem oligopolartigen Reedereimarkt: Vor Kurzem kaufte Maersk die Reederei Hamburg Süd. Zum anderen verschwand die Hanjin Reederei vor drei Jahren im Zuge einer Insolvenz ganz vom Markt. Seit 2014 strich die Hälfte der weltweit 20 größten Linienreedereien ihre Flagge. Das nachfolgende Diagramm zeigt wie sehr die Konsolidierung in den vergangenen acht Jahren den Marktanteil der Top 5 Reedereien immer mehr gesteigert hat. Insbesondere hat deren Marktanteil allein in den letzten drei Jahren um 30 Prozent zugelegt!
Ein weiterer wichtiger Trend: Die immer stärker zunehmende Konsolidierung auf einzelnen Routen. Um Kosten zu sparen, gehen die Reeder mit ihren Wettbewerbern Allianzen ein, in denen beide Seiten entweder auf derselben Route gemeinsam Schiffe oder Kapazitäten einsetzen. Dies beeinträchtigt den Wettbewerb und verringert den erlebbaren Serviceunterscheid für den Endkunden.
Was jetzt zu tun ist
Damit Sie keinen Wettbewerbsnachteil erleiden, ist es zwingend notwendig, spätestens im zweiten Halbjahr Ihre logistische Einkaufsstrategie zu überprüfen und möglicherweise anzupassen. Folgende Leitfragen helfen dabei:
- Welche finanziellen Auswirkungen wird die IMO 2020 Regelung auf Ihre Kostenstruktur und GuV haben?
- Wie robust ist Ihre Einkaufs- und internationale Vertriebsstrategie um signifikante Kostensteigerungen ab 2020 abzufangen?
- Wie können Sie sich in Zukunft vor unkalkulierbaren Zusatzkosten Ihrer Transportpreise schützen?
- Wie ist das für Ihr Unternehmen optimale Verhältnis Seefrachtanteil Spediteur vs. Direktreeder?
Fazit: Die neue IMO 2020 Vorschrift erfordert eine Reorganisation der Einkaufsstrategie sowie eine Neukalkulation der eigenen Preisgestaltung, um die Effekte auf die Wettbewerbsfähigkeit so gering wie möglich zu halten. Wenn Sie für Ihren Seefrachttransport Spediteure einsetzen, haben sie oft eine fehlende Transparenz hinsichtlich der Auswahl der Reedereien, die Ihre Fracht am Ende transportieren. Und genau hier liegt der entscheidende Punkt: Die Strategien der Reeder mit diesen neuen Regularien umzugehen, sind höchst unterschiedlich. Ich stehe Ihnen als Experte zur Verfügung, um Sie vor dieser Kostenlawine zu schützen. Kontaktieren Sie mich (anowroth@lebenswerkconsulting.com) damit Sie noch heute das vollständige White Paper erhalten welches konkrete Handlungsempfehlungen enthält.
Über den Autor
Alexander Nowroth ist Managing Partner der Lebenswerk Consulting Group mit Sitz in Düsseldorf. Er blickt auf eine internationale Karriere in der Schifffahrts- und Logistikindustrie zurück, die ihn in leitende Positionen nach Deutschland, Südafrika sowie Australien geführt hat. Er reduziert internationale Transportkosten für namhafte Konzerne und Mittelständler während er Service und Zuverlässigkeit entlang der gesamten Lieferkette steigert. Seine Leidenschaft besteht darin, langfristig erfolgreiche Partnerschaften zwischen Verladern und Dienstleistern aufzubauen, indem er die Umsetzung von Lösungen steuert. Neben seiner Beratungstätigkeit ist er als Gastdozent für ein Executive MBA Programm tätig.
Neben dem inhaltlich sehr gut verfassten Beitrag möchte ich auf die Bemerkung des Autors eingehen, welcher beschreibt dass beim Einsatz von Spediteuren oft eine fehlende Transparenz hinsichtlich der Auswahl von Redeereien besteht. Damit latent geraten wird in die direkte Verhandlung mit Carriern zu gehen und sein beruflicher Kontext gibt die Möglichkeit her, Kunden / Firmen hier zu unterstützen. Das ist natürlich legitim, legitim ist es aber auch, auf Ungereimtheiten in dieser Aussage hinzuweisen.
Diese Aussage ist aus mehren Gründen nicht korrekt. Natürlich besteht Transparenz hinsichtlich des Einsatzes von Reedereien. Welche der Kunde grundsätzlich eigenständig problemlos nachvollziehen kann, aber selbstverständlich ist diese Transparenz in einem guten Kunden-/Dienstleister Verhältnis schon lang gelebte Praxis und somit Selbstverständlichkeit.
Ein weiterer Punkt ist, dass der Spediteur im Gegensatz zum Einzelunternehmen mehr Volumen / Verhandlungsmaße einbringen und somit im Regelfall auch bessere Seefrachraten erzielt. Dieser Aspekt wurde ebenfalls außer acht gelassen.
Außerdem ist die Seefrachtrate nur eine Komponente im Gesamtpaket. Viele Spediteure bieten darüber hinaus weitergehende Lösungen in der Supply Chain an, welche über das reine Tracking weit hinausgehen und derzeit von Reederein nicht besetzt sind. Der persönliche Kontakt / Betreuung, flexibel auf Kundenanforderungen zu reagieren als auch meist eine insgesamt höhere Dienstleistungstiefe sprechen aus meiner Sicht zumindest dafür, sich zunächst an seinen Spediteur zu wenden.
In diesem Sinne …
Herzliche Grüße
Lieber Herr Ruscheweyh,
herzlichen Dank für Ihren Kommentar und Ihr positives Feedback zu meinem Artikel/Paper.
Meine Ausführungen sind keineswegs „gegen“ Spediteure zu sehen. Ich kritisiere lediglich die oft fehlende Transparenz da viele Spediteure nicht bei Ihrem Angebot den reeder angeben.
Natürlich können Sie ein wesentlich besseres Service Portfolio als Reedereien anbieten.
Herzliche Grüße
Alexander Nowroth
Lieber Herr Nowroth,
eine fehlende Transparenz ist in der heutigen Zeit ein Wettbewerbsnachteil, den sich Logistikunternehmen nicht leisten können oder sollten. Der Spediteur und / oder Logistiker wie alle wissen, ist bei weitem nicht mehr nur der Vermittler im klassischen Sinne, mit der Entwicklung vom 1PL zum LLP bespielt er viele Felder innerhalb der Supply Chain und Transparenz u.a. auch bezgl. der Information über eingesetzte Dienstleister, ist dabei selbstverständlich.
Darüber hinaus ist es für den Kunden ja heute ebenso problemlos möglich nachzuvollziehen mit welchem Reeder / Carrier ein Container transportiert wurde.
Die ersten Tender / Verhandlungen zum Q4 starten und unsere Kunden wollen wissen, mit welchen zusätzlichen Kosten sie rechnen müssen. Da sich Reeder derzeit immer noch schwer tun hier neben einer Berechnungslogik konkrete Kosten pro TEU zu benennen, können wir die auch von uns gewünschte Kostentransparenz, nicht an unsere Kunden weitergeben.
Wir werden ja in Kürze Gelegenheit haben uns u.a. hierzu persönlich auszutauschen.
Herzlichen Dank & freundliche Grüße
Tobias Ruscheweyh
Lieber Herr Ruscheweyh,
Sie sprechen ein wichtiges Themenfeld an: Die zT fehlende Transparenz der Reeder. Da die meisten Routen in Allianzen abgedeckt sind, wird die Unterscheidbarkeit sowieso immer schwieriger. Hinzu kommt dass die Reeder das Interesse haben >50% des Marktes in “Direktgeschäften” abzudecken und so die Kontrolle über die Mehrheit der Containerladungen zu bewahren. Einerseits sind sie DL des Spediteurs aber gleichzeitig auch Wettbewerb bei bestimmten Geschäften!
Umso wichtiger ist es eine enge Beziehung zu Reeder und zu Kunde zu verstärken, vor allem in unsicheren Zeiten wie während der IMO 2020 Bunker Thematik.
Ja, ich freue mich auch auf unseren baldigen persönlichen Austausch darüber!
Herzliche Grüße
Alexander Nowroth