Vor noch gar nicht langer Zeit gehörten Messen und Kongresse zu den ganz selbstverständlichen Höhepunkten im Geschäftsjahr. Sie waren essenziell für die Vernetzung und den Austausch von Ideen, auch oder gerade in einer solchen Organisation wie der BVL. Daher freut es mich besonders, dass das Forum Ersatzteillogistik auch in diesem schwierigen Jahr wieder in Nürnberg stattfinden konnte. Dies war durch ein stimmiges und durchdachtes Hygienekonzept der Organisatoren möglich. Unter anderem kamen erstmals sogenannte Corona Tracer zum Einsatz, die in Deutschland durch eine Kooperation des Aachener Optimierungsspezialisten INFORM und der niederländischen Firma safedrivepod zur Verfügung gestellt werden.
Technologie für betrieblichen Infektionsschutz
CoronaTracer sind kleine, wartungsfreie Geräte etwa in der Größe einer Streichholzschachtel, die Mitarbeiter eines Unternehmens oder Besucher einer Veranstaltung wie ihren Mitarbeiterausweis am Körper tragen. Sie zeichnen Annäherungen anderer Tracer auf weniger als zwei Meter anonym auf. Kommt es zur Infektion, lassen sich die Daten der wartungsfreien Geräte gezielt auslesen, um mögliche Infektionsketten schnell zu identifizieren und somit bedarfsgerechte Maßnahmen einzuleiten. In diesem Sinne entbinden die Tracer nicht von eigenverantwortlicher Vorsicht und der Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln, leisten aber einen wertvollen Beitrag dazu, dass Veranstaltungen wie diese wieder planbar werden.
Dabei wird die Zuordnung jedes Geräts zu der jeweiligen Person einer vertrauenswürdigen Stelle im Unternehmen hinterlegt. Die Tracer zeichnen Annäherungen anhand der Gerätekennungen (MAC-Adressen) auf, nicht der Personendaten.
Erfahrungsbericht aus Nürnberg
Das Feedback zum Einsatz der Corona Tracer für das Forum Ersatzteillogistik war durchweg positiv. 97 Corona Tracer waren am Kongresstag vor Ort aktiv. Sie maßen alle zehn Sekunden per Bluetooth, ob sich andere Geräte in der Nähe befinden. Dabei wird auch die Konstellation der Personen im Raum berücksichtigt. Die Tracer messen also nicht kreisförmig um eine Person herum. Stattdessen richtet sich der Messbereich, ausgehend von der Person, die den Tracer am Körper trägt, bewusst nach vorne und zur Seite, also genau in die Richtungen, wo Potential für kritische Begegnungen besteht.
Falls sich Kongressbesucher im Gespräch also versehentlich zu nahe kommen, lassen sich etwaige Infektionsketten dank der digitalen Technologie im Anschluss leicht identifizieren.
Was Veranstaltungen mit Arbeitsschutz zu tun haben
In den Medien steht die Machbarkeit von Veranstaltungen aktuell im Vordergrund. Dürfen tausende Menschen wieder ins Stadion, um ein Fußballspiel live zu verfolgen? Bei der Diskussion bleibt jedoch ein wichtiger Aspekt auf der Strecke, dem Industrie und Logistik eine höhere Priorität beimessen sollte: Seit einigen Monaten gelten neue Standards für den Arbeitsschutz. Diese sehen unter anderem vor, dass auch Betriebe Mitarbeiterkontakte im Falle eine Infektion gegenüber Gesundheitsbehörden nachweisen können müssen, was mit den anonymen Warn-Apps nicht möglich ist. Schließlich ist der Einsatz dieser Apps auf privaten Smartphones freiwillig und anonym. Sie bieten dem Arbeitgeber also keine Möglichkeit einer vollständigen Dokumentation von Infektionsketten.
Um weitreichende Schließungen zu vermeiden, ist es wichtig, dass Unternehmen die Kontakte der Mitarbeiter untereinander im Fall einer Infektion nachvollziehen können: Ein möglichst feingranulares Kontakt-Tracing ist für wirkungsvolle Separationsmaßnahmen unverzichtbar. Dadurch wird es unwahrscheinlich, dass Gesundheitsämter den Betrieb pauschal schließen werden. Darüber hinaus kann ein Unternehmen auf der Grundlage dieser Daten den Personaleinsatz dynamisch und schnell an die Corona-Folgen anpassen. Auch hier bietet sich der Einsatz von Corona Tracern an.
Algorithmen als Basis für Innovation
Selbstverständlich sind die Grenzen der Digitalisierung – auch in Sachen Infektionsschutz – mit guter Sensorik und analytischen Auswertungen noch lange nicht erreicht. Beispielsweise ließen sich die Messergebnisse von Corona Tracer auch von Algorithmen weiterverwerten, die in Systemen zur Optimierung der Personaleinsatzplanung zum Einsatz kommen. Alternativ ließen sich die Messdaten mittels Machine Learning Verfahren auswerten, um die Hygienekonzepte in Unternehmen oder auf Veranstaltungen weiter zu verbessern. Für die Logistik bieten intelligente Algorithmen eine ganze Reihe weiterer Innovationspotentiale, was Gegenstand künftiger Beiträge auf diesem Blog sein soll.
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