Die Logistik-Branche ist ein Schlüsselbereich für die Circular Economy, auch Kreislaufwirtschaft genannt. Sie ist entscheidend bei der Prozessgestaltung und Prozessabwicklung zirkulärer Lösungen, insbesondere bei der Rück- oder besser Weiterführung von Produkten, Komponenten und Materialien, die beispielsweise repariert, weiterverwendet, weiterverarbeitet oder recycelt werden sollen. All dies erfordert sogenannte „Reverse Logistics“.
Kontinuierliche Weiterführung zur weitestgehenden Nutzung von Ressourcen
Reverse Logistics, deutsch Rücknahmelogistik, Umkehrlogistik oder Rückführungslogistik, bezeichnet sämtliche Prozesse, bei denen Güter vom Ort einer Nutzung in der Supply Chain weiterlaufen. Zu Reverse Logistics kann das Retourenmanagement sowie Prozesse des Um- und Austauschs (Austauschlogistik), Reparaturen etc. von Waren, sowie der Austausch von Paletten, Gitterboxen, Behältern und Mehrweggebinden gezählt werden. Reverse Logistics ist die Ergänzung der klassischen Distributionslogistik. Die, wie ich sie nennen möchte, Weiterführungslogistik ist die Lösung oder das Konzept, welches lineare Lieferketten in Kreislauflieferketten, englisch Closed-Loop Supply Chains, transformiert.
Neben der heutigen Wirtschaft, die weitestgehend auf Wertschöpfung ausgerichtet ist, entsteht eine nahezu gänzlich neue Wirtschaft der Werterhaltung. Es ist einfach, sich vorzustellen, welche zusätzlichen Transportvolumen durch die Circular Economy entstehen, auch wenn einige Transporte nicht mehr notwendig sind, beispielsweise lange Anreisen von Rohstoffen, da diese bei der Circular Economy aus Altprodukten wiedergewonnen werden. Derzeit werden weltweit unter 10% der mühsam produzierten Güter einer weiteren Verwendung zugeführt. Diese Quote variiert von Land zu Land und Branche zu Branche.
Die Geschäftschance für Logistiker
Aufbau einer Werterhaltungswirtschaft als Ergänzung zur Wertschöpfungswirtschaft. Klingt doch richtig gut. Wirtschaft braucht Logistik. Daher enthält die Circular Economy für die Logistik-Branche und die Logistiker erhebliche Wachstums-, Umsatz-, und Gewinnpotenziale. Dies durch die Möglichkeit, existierende Geschäftsfelder im Bereich der Reverse Logistics auszubauen und neue Geschäftsfelder zu entwickeln. Alle Waren, die nicht gänzlich aufgebraucht sind und nicht mehr gebraucht werden, weil der Bedarf nicht mehr besteht, oder sie dem Stand der Technik oder dem Standard nicht mehr entsprechen, oder weil sie einfach nicht mehr gefallen, werden in der Circular Economy weiterbefördert, damit sie dann anderswo weiterverwendet, wiederhergestellt, weiterverarbeitet, aufgerüstet, recycelt, oder, als letzte Instanz, schadlos irgendwo gelagert oder entsorgt werden können.
Das Thema ist komplex mit viel Luft nach oben. Deutschland liegt beispielsweise im europäischen Vergleich beim per Capita Plastikverpackungsmüll auf Platz vier. „Wir sind wirklich gut im getrennten Sammeln von Müll“, sagt Peter Kurth, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft. „Aber wir sind noch nicht gut darin, die Materialien wieder in den Kreislauf zu bringen.“ Ein erheblicher Bestandteil des Plastikmülls wird einfach verbrannt, was wohl kaum als Werterhaltung bezeichnet werden kann und ebenfalls seine negativen Nebenwirkungen hat.
Neupositionierung von Logistiker möglich
Die Logistik kann sich in der neuen Werterhaltungswirtschaft in vielen Bereichen als Lösungsanbieter (neu) positionieren, beispielsweise in den Bereichen Reparatur sowie Um- und Aufrüstung. Auch im Bereich der Sortierung und Bewertung ist noch Vieles zu tun. Die Circular Economy erfordert auch neue Partnerschaften. Darauf hat sie sich einzustellen. Auch zirkuläres Produktdesign für die Transportvehikel enthält noch erhebliche Möglichkeiten und Chancen für neue Geschäfte. Die Politik kann mit Kampagnen zur Information von Business und Bürgern über Circular Economy unterstützen.
Eine Negativseite gibt es nicht
Circular Economy ist derzeit eine Oase für Logistiker. Ohne Logistik geht es in der Circular Economy nicht. Dies wird den Logistikern zugutekommen. Dafür müssen sich diese aber auf die Werterhaltungswirtschaft vorbereiten; den Dialog mit Pionieren im Feld der Verlader und Vorreiter der Circular Economy suchen. Aber es geht auch nicht ohne Digitalisierung, denn nur durch digitale Lösungen lassen sich die Bestandteile und Komponenten von Waren erfassen. Ein digitaler Produktausweis ist dabei fundamental. Daran arbeitet die Europäische Union. Die Logistik ist daher aufgefordert, die Digitalisierungsbestrebungen weiter nach vorne zu treiben, auch, um den Anforderungen der Circular Economy gerecht zu werden. Aber nicht nur aus diesem Grund, wie jeder weiß.
Johann Boedecker und ich haben zur Circular Economy bei Springer ein Buch veröffentlicht. Dort finden sie den kompletten Hintergrund. Den Link zum Buch Circular Economy – 7. Industrielle Revolution: Der Weg zu mehr Nachhaltigkeit durch Kreislaufwirtschaft finden Sie hier: https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-41311-8
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