Mit verkaufswirksamen Aktionen wachsen im Handel nicht nur Absatzchancen, sondern auch Retourenquoten. Damit diese den Unternehmen nicht den Gewinn verhageln, müssen Kontraktlogistiker ihre Prozesse auch im Rückwärtsgang perfekt orchestrieren. Dies setzt deutlich mehr Know-how und Dienstleistungstiefe voraus als bei der Umsetzung von linearen Versorgungskonzepten zwischen Quelle und Senke.
Grundlegender Bestandteil dieser Lösung ist eine Retourenlogistik, die alle Aspekte der Rückführung und Neuvermarktung integriert. Dabei gibt es grundsätzlich zwei Szenarien: Die Rückführung nicht verkaufter Handelsware aus der Filiale. Und die Rückführung von Waren, die der Endverbraucher retourniert.
Handelsprodukten ein zweites Leben schenken
Ziel ist es in beiden Fällen, den Handelsprodukten ein zweites Leben zu schenken, sie also für den Handelskunden wieder in den Verkauf zu bringen. Die Logistik dahinter reicht von der Abholung über die artikelreine Sortierung und Setbildung bis zum Repacking für die Zweitvermarktung.
Im Idealfall werden die Rückläufer nach Bündelung über ein Handelslager an ein Retourenhandlingzentrum geliefert, das in der Lage sein sollte, bei großen Handelskunden zwischen 50.000 bis zu 150.000 Verkaufseinheiten pro Tag abzuwickeln.
Anhand individuell festgelegter Kundenkriterien werden die eingehenden Retouren geprüft, sortiert und zu neuen logistischen Einheiten verpackt. Produkte, die die Qualitätsprüfung mängelfrei überstanden haben, werden zur Wiedervermarktung in den aktuellen Lagerbestand des Kunden integriert. Dank der abgestimmten Prozessorganisation erhalten Retouren eine zweite Absatzchance; sie werden in den Wertschöpfungskreislauf zurückgeführt.
Ein automatisierter, softwarebasierter Prozess macht die Retouren für den Kunden planbar und sorgt für Transparenz bis auf Artikelebene. Um den Anspruch an eine 360-Grad-Logistik erfüllen zu können, sollten Management- und Kommunikationsprozesse entlang der Lieferkette weitestgehend digitalisiert werden. So können Prozesse vom Moment der Entsorgung bis zur Rückführung in den Markt durchgehend verfolgt und gesteuert werden. Gleichzeitig ist das IT-System Basis für Gutschriften und die korrekte Bilanzierung.
Was im Outlet stationär gewinnbringend funktioniert, kann über den Online-Kanal unter Umständen zum Waterloo werden
Damit Kunden ihre Retourenquote verringern können, sollten die Rückläufer quantitativ gemessen und Strategien zur Vermeidung erarbeitet, angewandt und evaluiert werden. Zentrale Fragestellungen helfen Kunden dabei, Prozesse im Vorfeld zu optimieren: Ist die Ware so professionell verpackt, dass sie vor Beschädigungen geschützt ist? Hat vor Auslieferung eine Qualitätsprüfung stattgefunden? Ist die Produktbeschreibung ausreichend oder gibt es – zum Beispiel bei erklärungsbedürftigen Produkten – ein Angebot von Hilfestellungen über eine Telefon-Hotline? Wer die Supply Chain vom Kunden her denkt, kann Retourenquoten signifikant senken. Denn jeder zehnte Online-Einkauf wird in Deutschland zurückgeschickt, hat eine Umfrage des Digitalverbandes Bitkom ergeben.
Kostenlose Produktmuster versenden
Eine besondere Bedeutung gewinnt die Retourenlogistik im Zusammenhang mit den aktuellen Omni-Channel-Strategien des Handels. Denn was im Outlet stationär gewinnbringend funktioniert, kann über den Online-Kanal unter Umständen zum Waterloo werden. Da die persönliche Beratung und Nachfragemöglichkeit entfällt, muss per se mit einer höheren Retourenquote gerechnet werden. Diese sind naturgemäß bei Bekleidungsartikeln am höchsten, da diese nicht anprobiert werden können. Bei anderen Produkten – beispielsweise Möbeln – kann es daher sinnvoll sein, vorab kostenlose Produktmuster zu versenden, um die Retourenquote zu senken.
Welche Kosten letztlich mit Retouren verbunden sind, hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab, zu denen bei Online-Bestellungen unter anderem das gewählte Zahlungsverfahren gehört. Viele Unternehmen kennen die Kosten für ihre Retouren nicht. Hier schafft der 360-Grad-Ansatz ein neues Maß an Transparenz und Handlungssicherheit.
Über Yeliz Kavak-Küstner
Yeliz Kavak-Küstner ist Leiterin Marketing, PR & New Business bei pfenning logistics, einem der führenden Kontrakt- und Handelslogistiker in Deutschland. Seit 2012 im Unternehmen hat die studierte Sprach- und Kulturwissenschaftlerin zahlreiche Maßnahmen zur Neuausrichtung des Logistikers realisiert, darunter eine Employer Branding-Kampagnen für Lkw-Fahrer und die Positionierung eines Logistikzentrums nach DGNB Platin-Standard. Erste Logistik-Station in ihrer Marketingkarriere war das Unternehmen GEODIS. Für GEODIS Deutschland hat sie die Marketingkommunikation als eigene Abteilung aufgebaut.
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