Planbarkeit als Erfolgsfaktor für nachhaltigere Geschäftsmodelle?
Nun, der geneigte Leser wird bei höheren Vorhersagegenauigkeiten wohl zunächst an geringere Supply Chain Kosten denken, aber nicht unmittelbar an ökologische Vorteile. Ähnlich dem Gedanken, dass Kunden zur Umwelterhaltung beitragen können, wenn sie sich mit schmaleren Sortimenten und einer längeren Lieferzeit zufrieden geben. Immerhin zahlt der Kunde für die hohe Variantenvielfalt und Verfügbarkeit einen angemessenen Preis. Wie also könnten Unternehmen ein eingeschränkteres Leistungsspektrum rechtfertigen?
Dadurch wurde die Expressfrachtbranche zu großer Blüte geführt. Deren Geschäftsgrundlage besteht genau darin, durch schlechte Vorhersagbarkeit von Kundenbedarfen, verlorene Zeit wieder aufzuholen. Obwohl wirtschaftlich als auch ökologisch betrachtet nur Nachteile mit dieser Lösung verbunden sind, hat sich scheinbar noch niemand die Mühe gemacht, an dieser Stelle Ursachenforschung zu betreiben. Dass in vielen Unternehmen Logistikmanager 90% ihrer Arbeitszeit für 10% der Geschäftsvorfälle verbrauchen, geht häufig als Normalzustand durch. Kein Tag vergeht ohne außerplanmäßige Transporte oder “Brauchen wir ganz dringend”-Mitteilungen.
Der Schlüssel zur Wiedergewinnung der Planbarkeit heißt schlichtweg Vereinfachung. Eine Reduzierung der Variantenvielfalt entlastet den Konsumenten (schließlich muss er im Kühlregal nicht mehr zwischen 52 verschiedenen Joghurtsorten wählen) und verhilft der Logistik nachhaltiger zu werden. Ein beeindruckendes Beispiel hierfür liefert das HighTech-Unternehmen Hewlett Packard. In seiner Druckersparte verlängerte das Unternehmen seine Lieferzeit nach Europa bewusst von 10 Tagen auf 4-6 Wochen und halbierte die im Markt befindliche Anzahl an Produktvarianten. Ergebnis war eine massive Verbesserung der Prognostizierbarkeit von Bedarfen. HP holte sich die Planbarkeit zurück. Die direkten Effekte auf die Supply Chain sind eine starke Entschleunigung, wodurch sich höhere Spielräume für ein Load Leveling, also der Zusammenfassung zeitlich versetzter Transporte, ergeben. Ebenso kann der Modal Split stärker nach ökologischen Gesichtspunkten gestaltet werden, z.B. durch den Umstieg von emissionsintensiver Luftfracht auf Bahn und Schiff. Die ökonomischen und ökologischen Potentiale einer ausbalancierten Supply Chain sind enorm – und diese gilt es zu heben.
Leave a Reply