Im Rahmen eines World-Café-Formates zum Thema HR und Recruiting beim Deutschen Logistik-Kongress 2018 habe ich eine von fünf Gruppen als Moderator begleitet. Unter anderem haben wir das Thema „Neue Wege zum Recruiting – Sie haben einen Match“ in verschiedenen Gruppenkonstellationen diskutiert. Dabei brachten zahlreiche Teilnehmer nicht nur Ideen, sondern auch konkrete Erfahrungen aus ihren Unternehmen ein. Da die Ergebnisse mehr als nur einen gegenwärtigen Trend im Recruiting aufzeigen, möchte ich Ihnen einige Highlights vorstellen.
Zwei Fragestellungen wurden intensiv diskutiert. Zum einen die Frage „Wie muss sich Recruiting verändern, im Hinblick auf neue digitale Möglichkeiten, den Medieneinsatz, die methodischen Ansätze und neuen HR-Recruiting Tools, wie zum Beispiel BirdieMatch?“ Wir sprechen hier von einem Recruiting Change. Die andere Frage lautete „Wie kann ein besseres Matching zwischen den Anforderungen der Unternehmen und der Erwartungshaltung potentieller Kandidaten zukünftig gelingen?“
Recruiting Change – wie müssen wir das Recruiting verändern?
- Recruiting benötigt einen neues Vertriebs- und Marketingverständnis.
Dies gilt sowohl für die HR-Funktionen, als auch die operativen Fachbereiche. Unternehmen müssen lernen ihre vakanten Positionen und die Attraktivität des Unternehmens proaktiv zu vermarkten, beziehungsweise eine authentische Kommunikation zu entwickeln. Das Individuum macht den Unterschied; Recruiter, Führungskräfte, letztendlich jeder Mitarbeiter wird zum Botschafter der Arbeitgebermarke.
- Das Branding einer Arbeitgebermarke spielt eine Schlüsselrolle.
Gerade mittelständische und kleine Unternehmen müssen an ihrem Bekanntheitsgrad arbeiten, um zum einen auf sich aufmerksam zu machen, zum anderen aber auch, um klare Differenzierungsmerkmale bei den eigenen Attraktivitätsfaktoren herauszustellen.
- Lernen vom Marketing: Multi-Channel-Marketing einsetzen.
Unternehmen und Arbeitsplätze aktiv zu vermarkten bedeutet vom Marketing zu lernen. Das heißt, beim Employer Branding und Recruiting nicht “auf ein Pferd zu setzen” oder die klassische Stellenausschreibung zu verwenden, sondern seine Zielgruppen dort zu erreichen, wo diese unterwegs sind. Voraussetzung hierfür ist, wie beim klassischen Marketing auch, sich intensiv mit seinem Kunden, also in diesem Fall den potentiellen Kandidaten auseinanderzusetzen. Nur wer seine Zielgruppe kennt, kann auf ihre Bedürfnisse und Erwartungshaltungen eingehen. Konsequenterweise ist es notwendig, auf der Basis einer definierten Kommunikationsstrategie sowohl Online-Kanäle und digitale Tools einzusetzen als auch offline das direkte Gespräch mit Interessierten zu suchen.
- Beim Employer Branding mehr auf Klima und Kultur eingehen.
Unternehmen unterscheiden sich durch ihre Unternehmens- und Führungskultur. Gerade dieser Aspekt spielt für potentielle Bewerber eine immer wichtigere Rolle. Vor diesem Hintergrund müssen diese wesentlichen Arbeitgebermerkmale beim Employer Branding deutlich stärker kommuniziert werden.
- Recruiting-Prozesse müssen flexibler und schneller werden.
Schnelle Bewerbungsprozesse und eine offene Kommunikation mit Bewerbern werden zum entscheidenden Faktor, gerade in einem enger werdenden Bewerbermarkt. HR-Bereiche müssen ihre Prozesse beschleunigen, Fachbereiche ihre Entscheidungen.
- Bei Stellenausschreibungen dürfen die Anforderungen nicht dominieren.
Unternehmen müssen umdenken und bei Stellenausschreibungen nicht ihre Anforderungen in den Mittelpunkt stellen, sondern ihre Attraktivität als Arbeitgeber deutlich herausstellen. So sollten die Entwicklungschancen für neue Mitarbeiter differenziert dargestellt werden. Dabei müssen Unternehmen an eine authentische Differenzierung denken und auf die üblichen Buzzwords verzichten, sowie „Logistik-Allgemeinplätze“ vermeiden.
- Recruiting braucht mehr Ressourcen als bisher.
Recruiting- und Branding-Aufgaben müssen, gerade in kleinen und mittelständischen Unternehmen, mehr Aufmerksamkeit und mehr Ressourcen erhalten. Recruiting-Aufgaben und Employer Branding werden digitaler, aber auch komplexer. Insofern kann eine solche Schlüsselfunktion nicht mehr nebenbei abgebildet werden.
Matching zwischen Anforderungen der Unternehmen und Erwartungshaltung potentieller Kandidaten verbessern
- Persönlichkeit ist kaum matchbar.
Auch die besten digitalen Tools sind nicht in der Lage, die Persönlichkeit eines Bewerbers sicher zu beleuchten. Entscheidend bleibt immer noch der persönliche Austausch.
- Chancen eines 360-Grad-Feedbacks.
Vergleichbar mit den „360-Grad-Beurteilungen“ sollten Unternehmen den Mut haben, sich von Bewerbern beurteilen zu lassen, um aus einem 360-Grad-Feedback gegenseitig zu lernen.
- Kultur nicht nur propagieren.
Wie bereits bei der vorherigen Frage erarbeitet, spielt die Unternehmenskultur eine immer wichtigere Rolle. Entscheidend für einen erfolgreichen Match zwischen Unternehmen und Bewerbern beziehungsweise Mitarbeitern ist jedoch, dass die propagierte Kultur von allen Führungskräften im Alltagsgeschäft tatsächlich gelebt wird. Eine Kernaussage, die in diesem Zusammenhang genannt wurde: Die Digitalisierung ist schneller als die Werteentwicklung und die Veränderung der Haltung von Führungskräften.
- Bewerber im Bewerbungsprozess bereits aktiv einbinden.
Um beiden Seiten die Chance zu geben, zu erkennen, ob man zusammenpasst, sollten Bewerber schon in der Bewerbungsphase in Unternehmensprozesse eingebunden werden. So werden zum Beispiel Kandidaten zu Teammeetings eingeladen, um die Kultur des Miteinanders besser kennen zu lernen. Auch Probearbeit sollte verstärkt eingesetzt werden. Generell sollten beim Einstellungsprozess mehr Personen beteiligt werden, um einen umfangreicheren Blickwinkel zu erhalten, ohne dass dies die Prozesse verlangsamen darf. Letztendlich bleibt der persönliche Austausch das A&O beim Matching.
Die dargestellten Aspekte spiegeln sehr gut die aktuellen Entwicklungen beim Recruiting und Employer Branding wieder. Sicherlich sind eine sorgfältige Prüfung und Differenzierung zwischen Zielgruppen und vakanten Positionen bzw. Funktionen notwendig. Grundsätzlich wird jedoch deutlich, dass ein Change Wind durch die Unternehmen und das HR-Management wehen muss. Der Wettbewerb um die Kandidaten, die mit dem Unternehmen matchen, wird sich weiter dramatisch verschärfen. Wir stehen erst am Anfang des “vermeintlichen” Fachkräftemangels.
Einige Highlights und Kernaussagen aus dem World-Cafe finden sich auch in dieser kurzen Video-Reportage:
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