Die Stimmen zur Digitalisierung und dem damit einhergehenden Arbeitsplatzwandel sind kontrovers: Die einen haben befremdliche Bilder von menschenleeren Lagerhallen vor Augen und rufen die Digitalisierung als Job-Vernichter aus. Die anderen erkennen den Menschen als diejenige Schlüsselfigur, die die Fäden der Digitalisierung in der Hand hält und zu seinen Gunsten daran zieht.
Positive Effekte
Es mag schon in früheren Zeiten sowohl Befürworter als auch Rivalen der Digitalisierung gegeben haben. Sicherlich gab es auch Sorge um die Aufgaben der Post, als der physische Brief in den Neunziger Jahren durch den Beginn der E-Mail-Nutzung einer digitalen Substitution unterlag. Doch der Auftrieb des Online-Handels als eine der vielen Facetten der Digitalisierung verrückte die Aufgaben der Post schließlich vom vorrangigen Briefversand zum Kurierdienst für eine breite Masse an Sendungen – von der traditionellen Postkarte und dem Standardbrief bis zum internationalen Transport von Waren aller Art. Auch Lager- und Zustellservices für Pakete und individualisierte Verpackungsmöglichkeiten gehören heute zum Angebot. In der Blütezeit des E-Commerce dürfte dieser digitale Wandel dem ehemaligen Monopolisten der schriftlichen Korrespondenz somit nicht geschadet, sondern eher ein neues starkes Standbein verschafft haben. Und dieses wiederrum sorgte beispielsweise in der Vorweihnachtszeit für die Einstellung vieler zusätzlicher Arbeitskräfte.
Service-IT
Auch heute verschieben sich Handlungsumfelder, Verantwortungsbereiche und die Ausgestaltung von Arbeitsabläufen durch die Digitalisierung. Doch der prozessuale Charakter dieses Wandels macht es uns möglich, das „wie“ selbst zu gestalten. Und hier zeigt sich großes Verbesserungspotenzial in gleich zwei Dimensionen: Erweiterte Möglichkeiten in der IT und digitale Innovationen schaffen zum einen die Entlastung hochqualifizierter Mitarbeiter durch die Erledigung von Routinetätigkeiten und ermöglichen es ihnen, sich auf wichtigere Aufgaben zu konzentrieren. Zum anderen können auch geringer qualifizierte Mitarbeiter mithilfe von IT heute Arbeiten nachgehen, für die sie zuvor sehr umfassendes Fachwissen oder eine aufwendige Einarbeitung benötigt hätten – das vernichtet keine Arbeitsplätze, sondern erhöht die Produktivität.
Ein Beispiel aus dem Bestandsmanagement: Angenommen, ein Großhandelsunternehmen versorgt Baumärkte mit allem, was das Handwerkerherz begehrt. Dabei reicht das Produktportfolio von Schrauben und Muttern im Wert weniger Cent bis zum hochpreisigen Presslufthammer. Wer handwerklich begabt ist oder vielleicht einen Handwerker oder eine Handwerkerin geheiratet hat, weiß, dass Schrauben und Muttern zur Grundausstattung in der heimischen Werkstatt gehören. Der Handel wird für diese Artikel also keine saisonalen Absatzschwankungen oder sporadische Verkäufe verzeichnen. Aus Erfahrung weiß ich, dass Disponenten in solchen Fällen oft dazu neigen, Vorräte für diese Schnelldreher anzuhäufen, was in Summe für alle C-Teile jedoch wieder eine nicht unerhebliche Menge Kapital binden kann und Zeitaufwand bedeutet. Ein IT-gestütztes Bestandsmanagement ist nun in der Lage, die benötigte Menge an Schrauben und Muttern exakt anhand ihres üblichen Absatzverhaltens zu errechnen und liefert dem Disponenten automatisch einen kostenoptimalen Bestellvorschlag. Mit einem Mausklick ist so für die Verfügbarkeit des Artikels gesorgt und gleichzeitig nicht mehr bestellt als notwendig – dank moderner IT. So bleibt täglich mehr Arbeitszeit, um sich die Auftrags- und Bestandssituation des teuren Presslusthammers einmal genauer anzusehen.
Ein Blick über den Tellerrand der Logistik hinaus zeigt Verbesserungspotenzial auch in anderen Gesellschaftsbereichen, wie beispielsweise der Medizin: Eine digitale Analyse von geläufigen Krankheiten durch die automatisierte Messung aussagekräftiger Werte kann Ärzten mehr Luft für die Behandlung schwerwiegenderer Krankheitsfälle verschaffen. Auch IT-Spezialisten profitieren von der Automatisierung, wenn sie sich nicht mehr über 80 Prozent ihrer Arbeitszeit mit Routinearbeiten wie beispielsweise dem Pflegen von Server-Speicherkapazitäten beschäftigen müssen.
Anforderungen steigen
Vor allem aber in der Logistik und dem Supply Chain Management führt kein Weg an einer fortschrittlichen Digitalisierung vorbei. Denn steigende Marktanforderungen an individualisierte Produkte und schnellere Lieferungen bei gleichzeitig komplexer werdenden Lieferketten, verlangen zunehmend flexible Prozesse. Zusätzlich bringt die Ausweitung digitaler Erfassung von Warenflüssen auch eine rasant steigende Anzahl an Informationen, die es zu analysieren und interpretieren gilt. Gewöhnliche ERP-Systeme reichen da oft nicht mehr aus. Intelligente IT hingegen kann in hoher Geschwindigkeit aus dieser wachsenden Datenmenge die für den Anwender relevanten Informationen liefern. Und damit nicht genug: Die Entscheidungsintelligenz von Algorithmen liefert dem Anwender sogar optimale Handlungsvorschläge. Dabei wird ihm in der Bilanz keine Arbeit genommen, sondern die Erledigung von mehr wichtigeren Aufgaben in gleicher Zeit ermöglicht.
Fazit
In meinen Augen haben wir die Fäden der Digitalisierung selbst in der Hand, denn sie ist ein Prozess, den wir aktiv mitgestalten können und müssen. Innovationen in der IT kann die Logistik zu ihrem Vorteil nutzen, in dem sie die Mitarbeiter von hohem manuellen Aufwand in Prozessen entlang der Supply Chain entlastet und ihnen eine solide Informationsbasis an die Hand gibt, um wirtschaftlich und marktorientiert zu agieren.
Profitieren Sie bereits von digitalisierten Prozessen? Wie hat sich das Arbeitsumfeld in Ihrem Unternehmen seitdem verändert?
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