Die Ergebnisse der BVL-Erhebung zu den Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeitswelt im Wirtschaftsbereich Logistik zeigen es: Die wichtige Rolle der Logistikwirtschaft als Vordenker und Umsetzer von digitalen Veränderungen wird von den Führungskräften und Beschäftigten vorwiegend positiv gesehen. Das ist erfreulich und ermutigend.
Damit diese positive Haltung sich auch langfristig in der Entwicklungsfähigkeit und in den Ergebnissen der Logistikunternehmen niederschlägt, darf es nicht bei der bloßen Propagierung des hohen Stellenwertes von Personalentwicklungsmaßnahmen bleiben. Einerseits ist Personalentwicklung eine Führungsaufgabe und jede Führungskraft ist gefordert, sich mit der „Zukunftsfähigkeit“ ihres Personals auseinanderzusetzen. Andererseits bedarf es einer grundsätzlichen Diskussion in den Betrieben, wieviel „traditionelle“ Führungsstruktur hilfreich ist und welchen Nutzen „fluide“ Organisationsformen für ihr logistisches Kerngeschäft haben.
Aus meiner Sicht haben die Personal- und Logistikverantwortlichen in den Unternehmen 2 Kernaufgaben anzugehen, damit sie von der Dynamik der Digitalisierung nicht abgehängt werden:
Erstens: Selbststeuerung der Mitarbeiter und Führungskräfte fördern
Die Fähigkeit, Veränderungsanforderungen selbst zu erkennen, Handlungsoptionen abzuwägen und zu entscheiden, und schließlich in die Tat umzusetzen, muss deutlich gestärkt werden. Nun kann man sagen, dass das eine wesentliche Komponente der Handlungskompetenz einer Führungskraft sein sollte. Ja, das ist es selbstverständlich, aber können wir das jederzeit in den Betrieben, – gerade im Kontext von digitalen Veränderungen- beobachten? Sind nicht insbesondere ältere und als besonders erfahren geltende Führungskräfte eher Getriebene der Digitalisierung und verändern sich und Prozesse erst, wenn über die klassische Führungskaskade Druck ausgeübt wird?
Systemisches Coaching als wirksames Personalentwicklungsinstrument oder auch Sparring können hier gute Ergebnisse hervorbringen. Sie wirken im Übrigen subjektiv wahrgenommen Belastungssituationen und Stressempfindungen entgegen. Richtig und vor allem freiwillig und akzeptiert eingesetzt, trägt Coaching zu einer positiven Werte- und Veränderungskultur der Unternehmen bei.
Zweitens: Logistik 4.0 für das eigene Geschäft konkretisieren und Organisationsstruktur überprüfen
Das Potential von Big Data, 3D-Druck, cloudbasierten Lösungen, intelligenten Transportmitteln oder Datenbrillen ist unbestritten. Diese nur exemplarisch genannten Technologien bereiten gerade in den letzten 3-5 Jahren die Basis für neue Geschäftsmodelle, bzw. Unternehmen und Optimierungen in der Supply Chain und beim Kundenservice. Aber die mittelständisch geprägten Intralogistikabläufe werden sie nicht kurzfristig revolutionieren.
Hier ist eher die Frage zu beantworten, welche Innovationen die menschliche Arbeit in den logistischen Prozessen erleichtern kann. Es gilt konkret zu bewerten, ob beispielsweise die Ausweitung von „Bring Your Own Device“ oder die lückenlose Packstückverfolgung im Betrieb zur Wertschöpfung beiträgt. Auch hier zeigt die Erfahrung: Nicht alles, was technisch möglich ist, wird sich durchsetzen. Dennoch muss die Kompetenz der Beschäftigen im Umgang mit den Schnittstellen zu neuen Planungs-, Informations-, und Automationssystemen weiterentwickelt werden. Letzteres ist auch eine Herausforderung für die Organisationsentwicklung, die Unternehmens- und Logistikleiter diskutieren sollten.
Auf der einen Seite werden sicher klassische Führungsstrukturen in der operativen Logistik ihre Berechtigung behalten. Offene Organisationsformen, die kontinuierliches und vernetztes Lernen ermöglichen und in Projekten über Abteilungsgrenzen hinweg arbeiten, sind jedoch ebenfalls notwendig. Sie können zur Attraktivität insbesondere der KMU-Arbeitgeber für die neue junge digitale Generation beitragen und sorgen so für den dringend notwendigen Wissenstransfer in die etablierten Ablaufstrukturen hinein.
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