3 Fragen zu Kompetenzveränderungen in der Logistik
Welche Kompetenzen sind zukünftig gefragt?
Zur Klärung einer zukünftigen Kompetenzentwicklung zunächst eine definitorische Standortbestimmung. Nach den industriellen Entwicklungsstufen der Mechanisierung, Elektrifizierung und Automatisierung, folgt nun die Phase der Autonomisierung. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um die lernende, eigenständig agierende „Maschine“ jeglicher Art durch Steuerung des Menschen. Die Digitalisierung ist der Überbegriff, denn sie ermöglicht Autonomisierung. Diese Entwicklung lässt sich auf Logistik 4.0 übertragen. Bei den Kompetenzen handelt es sich um die unternehmerischen Grundlagen, die notwendig sind, um im Rahmen der Digitalisierung erfolgreich zu sein. Die zukünftigen Fähigkeiten der Mitarbeiter bilden die Basis, damit Unternehmen ihre notwendigen Kompetenzen entwickeln können.
Gemäß einer Studie der deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) von 2016, sehen die Unternehmen den größten Kompetenzbedarf in den Bereichen Datenauswertung und Analyse, sowie im Prozessmanagement. Somit steht die Stärkung von IT Kompetenzen ganz besonders im Fokus, aber auch das Kundenbeziehungsmanagement und die Führungskompetenz spielen eine wichtige Rolle. Zur Erreichung dieser Kompetenzen betrachten die Unternehmen bei ihren Führungskräften und Fachspezialisten interdisziplinäres Denken und Handeln als eine der entscheidenden Fähigkeiten. Eine weitere Kernfähigkeit bildet das Prozess-Know-how als ein bereichsübergreifendes Verständnis für Zusammenhänge, entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Zu vergleichbaren Ergebnissen kommt die BVL Studie zu Trends und Strategien in Logistik & Supply Chain Management. Unter anderem spielt die Fähigkeit zur Analyse großer Datenmengen eine wichtige Rolle, insbesondere bei den zukünftigen Fachkräften. Dabei werden Programmierkenntnisse von 62,5 % der befragten Unternehmen als bedeutende Qualifikation für die Fachkräfte der Zukunft genannt, wobei viele Unternehmen auch die Möglichkeit sehen, Programmierleistungen von externen Dienstleistern zu beziehen. Insgesamt gibt es eine Tendenz dahingehend, dass sich Fachkräfte zukünftig eher mit strategischen Fragestellungen konfrontiert sehen.
Zusammenfassend stehen zukünftig folgende Fähigkeiten verstärkt im Mittelpunkt:
- IT-Fähigkeiten
- Technisches & Prozess-Know-how
- Interdisziplinäres Denken und Handeln
- Change Kompetenzen
Nun mag der ein oder andere denken, das sind doch Fähigkeiten, die heute schon wichtig sind. Das ist durchaus richtig, jedoch verschiebt sich zum einen die Priorisierung, zum anderen bedingen die Fähigkeiten wesentlich stärker untereinander. Wichtigster Aspekt ist jedoch nicht die Zielrichtung gegenwärtige Kompetenzen zu stärken, sondern mit klarem Blick nach vorne die notwendigen Zukunftskompetenzen zu entwickeln. Nur so wird es gelingen, mittels Digitalisierung erfolgreiche Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Entstehen aus neuen Kompetenzen neue Berufsbilder in der Logistik?
Bedingt durch die Interaktion selbstlernender Roboter und intelligenter Software kann man davon ausgehen, dass alle Aufgaben, die digital abgebildet werden können, auch tatsächlich automatisiert werden. Schauen wir uns mögliche Entwicklungsszenarien in den operativen Logistikeinheiten an. Der „Warehouse Data Analyst and Process Manager“ wird große Datenmengen generieren und Abläufe analysieren, um optimierte Lösungen für Logistikprozesse zu entwickeln. Dabei wird eine enge Zusammenarbeit mit Algorithmus-Entwicklern entstehen. In Logistikzentren werden eigenständige IT Bereiche entstehen. Der Kommissionierer wird sich zum „Autonomic Device Coordinator“ entwickeln, der nicht nur den sicheren Umgang mit Datenbrillen beherrscht, sondern gleichzeitig fahrerlose Systeme und intelligente Container steuert.
Die technologischen Entwicklungen haben bereits in den vergangenen Jahren zahlreiche angepasste Berufsbilder hevorgebracht. Mit der weiteren Digitalisierung werden vollkommen neue Berufsbilder notwendig. Diese werden neue Mitarbeiterfähigkeiten beinhalten.
Welche Handlungsfelder leiten sich aus den Kompetenzveränderungen für das HR-Management ab?
Gemäß der zuvor genannten acatech Studie, sind lediglich in 23,1 % der deutschen Unternehmen spezifische Aus- und Weiterbildungsprogramme für Industrie 4.0 vorhanden. Große Unternehmen sind dabei deutlich weiter. Kleine und mittlere Unternehmen weisen einen höheren Entwicklungsbedarf bei der Qualifizierung ihrer Mitarbeiter auf. In der Logistik sehen ca. 50 % der Unternehmen fehlende Ressourcen als die größte Hürde in Bezug auf die Weiterbildung und Qualifizierung. Wer es ernst meint mit der Digitalisierung und der damit verbundenen Wettbewerbsfähigkeit, muss die Ressourcen-Hürde überwinden.
Im ersten Schritt muss HR aus der Digitalisierungsstrategie, oder den Zielrichtungen des Unternehmens, die sich verändernden Kompetenzen definieren. Hierzu empfiehlt sich ein Digital Competence & Capability Screening. Bei diesem Ansatz erfolgt zunächst eine Darstellung der datenbasierten und digitalisierbaren Leistungen des Unternehmens. Daraus werden die Unternehmenskompetenzen abgeleitet, um im Anschluss die Entwicklungsnotwendigkeit der Mitarbeiterfähigkeiten zu definieren. Das gesamte Erkenntnisportfolio mündet in Organisationsentwicklungsphasen, die von Change-Management Prozessen gesteuert werden.
Für die erfolgreiche Qualifizierung der Mitarbeiter ist es wichtig, die bestehenden Aus- und Weiterbildungsangebote konzeptionell aufeinander abzustimmen und inhaltlich in Richtung Digitalisierung zu fokussieren. Neue digitale Methoden bieten hierfür effektive Ansatzpunkte. Die Entwicklung einer neuen Führungsfähigkeit des Managements, gerade im Hinblick auf die Steuerung der Change Prozesse, ist dabei einer der Schlüsselfaktoren.
Die strategische Kernaufgabe für das HR-Management wird darin bestehen, in ihren Unternehmen die digitalen Kompetenzen, durch die Entwicklung der Mitarbeiter, in einem effektiven Change Prozess sicher zu stellen.
Es ist gut und wichtig, dass Sie auf die Notwendigkeit auch für kleinere Unternehmen hinweisen, den Anschluss nicht zu verlieren. Viele mittelständische und kleine Unternehmen schrecken vor den Anforderungen zurück, die ihnen unverhältnismäßig erscheinen, aber meistens lässt das Unvertraute die anstehenden Aufgaben größer erscheinen, als sie tatsächlich sind. Die neuen Fähigkeiten, die die Mitarbeiter durch die Fortbildungen entwickeln, machen sie für das Unternehmen wertvoller. Daher ist es unbedingt nötig, ihnen ein gesundes und angenehmes Arbeitsumfeld zu bieten: Im Rahmen der Digitalisierung findet immer mehr Arbeit im Sitzen statt. Ergonomische Arbeitsplätze sind hier ein Muss zum Erhalt der Gesundheit der Arbeitnehmer.