Wie sieht die digitale Unternehmenskultur aus?
Definition Unternehmenskultur
Die Unternehmenskultur beinhaltet das gesamte Spektrum der tatsächlich gelebten Werte, Normen und Einstellungen einer Organisation. Diese prägen die Entscheidungen, die Handlungen und das Verhalten der Organisationsmitglieder. Einen wesentlichen Handlungs- und Einflussfaktor stellt die Führungskultur im Unternehmen dar. Zudem wird die Unternehmenskultur, durch das Verhalten der Organisationsmitglieder nach außen hin sichtbar und trägt zur Wahrnehmung, und damit auch zum Unternehmensimage, bei.
Notwendigkeit einer digitalen Unternehmenskultur
Zur Beurteilung, inwieweit eine Neugestaltung oder Transformation der bestehenden Kultur in eine digitale Unternehmenskultur notwendig ist, bedarf es einer Betrachtung der aktuellen Ausgangssituation.
Die Prozesse der Digitalisierung sind im Wesentlichen durch folgende Kriterien geprägt:
- Eine hohe Volatilität, also häufige Veränderungen durch neue Erkenntnisse und technologische Entwicklungen.
- Eine ausgeprägte Unsicherheit, bedingt durch unklare Veränderungen und ungewisse Konsequenzen.
- Eine vielschichtige Komplexität, durch die notwendige Berücksichtigung vielfältiger, unklarer Faktoren, die immer neue Entscheidungssituationen hervorrufen.
- Eine markante Ambivalenz, bedingt durch unterschiedliche Wahrnehmungen und Interpretationen der aktuellen Situation und äußerlichen Einflüsse.
Damit die Auseinandersetzung und strategische Einbeziehung dieser Kriterien bei der digitalen Transformation gelingt, ist ein Wandel der Unternehmenskultur unumgänglich. Es stellt sich die Frage, wie die Unternehmen selbst ihre Ausgangssituation bewerten. Bei einer globalen Befragung von 340 Unternehmen der Unternehmensberatung Capgemini in diesem Jahr, sehen 62 Prozent der befragten Teilnehmer die aktuelle Unternehmenskultur als größtes Hindernis auf dem Weg zur digitalen Transformation. In Deutschland sehen sogar 72 Prozent die Notwendigkeit einer digitalen Organisation und Kultur.
Interessant ist jedoch, dass die Mehrzahl der Befragten aus dem TOP-Management davon ausgeht, hinsichtlich Innovationsfähigkeit und definierter Strategie bestens aufgestellt zu sein. Dies sehen jedoch nur 50-60 Prozent der Mitarbeiter unterhalb der Führungsriege. Diese ausgeprägte Diskrepanz untermauert die Notwendigkeit einer alternativen Führungs- und Unternehmenskultur. Die Studie kommt gar zu dem Ergebnis, dass die Unternehmen nicht in der Lage sind, ihre Mitarbeiter an der Entwicklung einer digitalen Unternehmenskultur zu beteiligen.
Inhalte einer digitalen Unternehmenskultur
Eine digitale Unternehmenskultur wird im Wesentlichen durch folgende Eigenschaften charakterisiert:
Partnerschaftliche Kooperation (intern und extern) – offene Kommunikationskultur – Agilität – Flexibilität – datenorientiertes Lösungsdenken – Kundenfokussierung.
Diese Eigenschaften können sicherlich einen erheblichen Beitrag dazu leisten, den zuvor erläuterten Kriterien und der Unsicherheit beim Digitalisierungsprozess entgegenzusteuern. Bei kritischer Betrachtung kann man jedoch zu dem Ergebnis kommen, dass die genannten Eigenschaften bereits heute Bestandteil einer erfolgreichen Unternehmenskultur sein sollten, auch ohne dem Druck der Digitalisierung. Soll die Transformation der Kultur in Richtung einer digitalen Unternehmenskultur gelingen, wird ein anderes Führungsverständnis notwendig. Ein Kulturwandel ist jedoch ein Prozess in kleinen Schritten. Gewohnheiten und Verhaltensmuster lassen sich nicht durch Workshops der Unternehmensleitung, anschließender Verordnung und schöne Broschüren erreichen.
Digitale Unternehmenskultur erfordert ein neues Führungsverständnis
Die Rolle der Führungskräfte muss sich zukünftig verändern. Das Verständnis von Führung wird nicht nur inhaltlich revolutioniert, sondern auch tatsächlich bestimmender Bestandteil für Führungskräfte werden. Nach aktuellen Studien beschäftigen sich Führungskräfte maximal 20 Prozent ihrer Arbeitszeit tatsächlich mit Führung.
In Wissenschaft und Lehre wird heute bereits vom Digital Leadership gesprochen. Diese Leadership Ansätze beinhalten im Kern folgende Aspekte:
- Führungskräfte müssen Orientierung geben und werden zum Ermöglicher. Dies setzt in erster Linie eine Veränderung der inneren Haltung voraus.
- Führungskräfte müssen lernen auf die Motivation und den Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter zu vertrauen.
- Führungskräfte sorgen für eine stärkere Vernetzung ihrer Teams im Unternehmen und stärken somit die kollektive Intelligenz und die Unternehmenskompetenzen.
- Führung wird stärker im Unternehmen verteilt. Mitarbeiter erhalten themen-, projekt- und teambezogen, temporär erweiterte Entscheidungskompetenzen.
- Führungskräfte sind die Treiber eines neuen Bewusstseins. Sie unterstützen das Hinterfragen üblicher Gewohnheiten und „betrieblicher Übungen“.
Die dargestellten Aspekte mögen banal klingen, zumal sie in der gängigen HR-Forschung und wissenschaftlichen Literatur, auch ohne Digitalisierung, bereits länger etabliert sind. In den Unternehmen ist diese Erkenntnis jedoch noch nicht ausreichend angekommen, beziehungsweise umgesetzt.
Fazit
Im Grunde genommen benötigen wir keine explicite digitale Unternehmenskultur. Die Digitalisierung wird jedoch mehr und mehr zum Treiber, den Stellenwert der Unternehmenskultur als Managementaufgabe stärker in den Fokus zu rücken. Zur Umsetzung müssen die heute schon bekannten Erkenntnisse konsequent genutzt und auf die digitale Schiene gesetzt werden. Voraussetzung für ein Digital Leadership Verständnis ist die Unterstützung der Führungskräfte bei der Entwicklung ihrer notwendigen Kompetenzen.
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