Auf dem Weg zu einer verantwortungsbewussten Unternehmensführung markiert das EU-Lieferkettengesetz einen echten Meilenstein. Zugleich bedeutet es für Firmen einen teils erheblichen Mehraufwand für die Dokumentation. Doch die erforderlichen Anpassungen, die zur Erfüllung der gesetzlich verankerten Sorgfaltspflichten nötig sind, können auch genutzt werden, um nicht nur die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, sondern zugleich mehr Transparenz zu erreichen und die Lieferkette effizienter und resilienter zu gestalten.
Das EU-Lieferkettengesetz kommt, und das Bundesarbeitsministerium hat bereits eine rasche Umsetzung der viel diskutierten EU-Richtlinie angekündigt. Das Gesetz soll ab 2027 zunächst für Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und einem Umsatz von über 1,5 Mrd. Euro gelten, bevor es binnen zwei Jahren schrittweise auf Unternehmen mit 1.000 Beschäftigten und 450 Mio. Euro ausgeweitet wird. Zudem soll die Regelung Betroffenen von Menschenrechtsverletzungen die Möglichkeit geben, Unternehmen unter bestimmten Umständen auf Schadensersatz zu verklagen. So soll das Gesetz die Einhaltung von Umwelt- und Menschenrechtsstandards in der Industrie gewährleisten und zu einer nachhaltigeren Unternehmensführung beitragen.
Nachhaltige Unternehmensführung durch Sorgfaltspflichten sicherstellen
Um dieses Ziel zu erreichen, sieht es sowohl menschenrechtliche als auch umweltbezogene Sorgfaltspflichten vor. Zudem beinhaltet das Gesetz Vorgaben zur Erstellung eines Klimaplans, in dem Unternehmen verbindliche Ziele und Maßnahmen festlegen müssen, die sicherstellen, dass ihre Strategie und ihr Geschäftsmodell mit den einschlägigen internationalen Klimaabkommen vereinbar sind. Bei der Umsetzung dieser Pflichten sollen Unternehmen künftig nicht nur Risiken in ihrem eigenen Geschäftsbereich, sondern auch in dem ihrer Tochter- und Partnerunternehmen ermitteln. Das betrifft sowohl vor- als auch nachgelagerte Schritte der Lieferkette – von Rohstoffabbau und der Herstellung von Vorprodukten bis hin zu Verpackung und Transport an den Endkunden. Wo nötig, müssen Unternehmen Präventions- und Abhilfemaßnahmen ergreifen und darüber berichten.
In dieser Ausweitung des Verantwortungsbereiches liegt eine wesentliche Herausforderung der neuen Richtlinie: Denn um den gesetzlichen Sorgfaltspflichten nachzukommen, reicht es nicht, Informationen zur Einhaltung von Menschenrechtsrichtlinien, Schadstoffausstoß oder Energieverbrauch aller involvierten Instanzen einmalig zu erfassen. Unternehmen müssen die relevanten Daten kontinuierlich pflegen und vorhalten, im Idealfall automatisiert. Zudem gilt es, langfristig starke Beziehungen zu den eigenen Lieferanten aufzubauen.
Datengestützte Einblicke ermöglichen transparente Prozesse
Technologie kann dabei helfen, diesen Anforderungen gerecht zu werden. So haben Unternehmen, die Process Mining einsetzen, ohne großen Zusatzaufwand bereits weitreichende Einblicke in ihre Lieferkettenprozesse. Die Technologie ermöglicht es, Daten aus internen und externen Quellen zusammenzuführen und so ein ganzheitliches Bild verschiedenster Unternehmensprozesse zu zeichnen – etwa hinsichtlich Beschaffung, Produktion und Logistik. Unternehmen können damit z. B. externe Lieferantenbewertungen und auch selbst berichtete Werte sammeln. Dazu können auch der CO2-Fußabdruck, die Emissionsbilanz oder geltende Menschenrechts-Policies gehören. Die betreffenden Daten lassen sich software-gestützt schnell und kontinuierlich in Beschaffungssysteme einbinden und für die Prozesssteuerung nutzen.
Schon im Bestellprozess können Firmen so auf die Einhaltung von Nachhaltigkeitskriterien achten – z. B. mit Blick auf die Länder, in denen Lieferanten produzieren, oder hinsichtlich der CO2-Bilanz von Rohstoffen, Vorprodukten und Waren. Auf Basis der datengestützten Einblicke können sie zudem ihre Logistikketten optimieren – und zwar nicht nur bezüglich Kosten, Auslastung und Geschwindigkeit, sondern auch im Hinblick auf Emissionen. Regelbasierte Automatisierungen ermöglichen es außerdem, Berichte zu erstellen, auch über Abteilungsgrenzen hinweg, und so den gesetzlichen Dokumentationspflichten nachzukommen.
Nachhaltigkeitsziele schneller erreichen
Indem Unternehmen erhobene Daten zu Emissionen und Energieverbrauch mit ihren Kunden und Partnern teilen, können sie außerdem ihre Beziehung zu diesen stärken. Gleichzeitig hilft es den betreffenden Unternehmen, ihrerseits gesteckte Nachhaltigkeitsziele oder ggf. geltende Sorgfaltspflichten zu erfüllen.
Dass das EU-Lieferkettengesetz für viele Unternehmen einen Mehraufwand für Dokumentationstätigkeiten bedeuten dürfte, lässt sich nicht leugnen. Mithilfe von Technologie können Firmen diese Herausforderung jedoch in eine Chance verwandeln. Die Pflicht, eine lückenlose und kontinuierliche Datenlage verfügbar zu machen und so die nötige Transparenz zu schaffen, ist zugleich ein passender Anlass, um die eigene Prozesseffizienz messbar zu verbessern – und Nachhaltigkeitsziele schneller zu erreichen.
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