Haben es inhabergeführte Unternehmen in schweren Zeiten leichter?
Wiederholt sich Geschichte? Aus der großen Wirtschafts- und Finanzkrise im Sog der Pleite der Investmentbank Lehmann Brothers in den USA vor etwa zehn Jahren sind viele Familienunternehmen gestärkt hervorgegangen. Aktuell machen die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie auch zahlreichen Branchen das Wirtschaften schwer. Dementsprechend klagen auch Logistikunternehmen unter anderem über ein Überangebot an Lager- und Laderaum, über Margendruck sowie über die Abnahme von produktiven Transportdienstleistungen bei gleichzeitig höherem Leerfahrtenanteil – um nur einige Problemfelder anzureißen. Wird es nach Corona wieder so sein, dass mittelständisch strukturierte Unternehmen, beispielsweise aus der Logistikbranche, erneut besser als andere Unternehmensformen die Krise gemeistert haben werden? Es könnte einiges dafürsprechen, dass diesbezügliche Studien nach der Pandemie ebenfalls zu diesem Ergebnis kommen. Der Grund: Familienunternehmen verfügen offensichtlich über eine besondere „DNA“, die sie krisenresistenter macht als nicht inhabergeführte Unternehmen.
Langfristig ausgerichtet: Familienunternehmen sind „enkelfähig“ unterwegs
Was macht ein Unternehmen eigentlich zu einem Familienunternehmen? Gekennzeichnet ist dieser Unternehmenstypus dadurch, dass er noch von den Gründern und deren Kindern oder deren Nachkommen geleitet wird und sich auch das Firmenkapital vollständig oder zumindest weitestgehend in deren Händen befindet. In Deutschland trifft dies auf etwa 90 Prozent aller Unternehmen zu – sie sind zugleich Arbeitgeber für fast 60 Prozent der hierzulande Beschäftigten1. Damit weisen sie eine hohe volkswirtschaftliche Bedeutung auf – auch sie sind, wie es so schön heißt, „systemrelevant“. Die Inhaber stehen somit, oft seit Generationen, in einem direkten, persönlichen Bezug zueinander. Das macht die Leitung der gemeinsamen Firma zwar nicht immer leicht – dennoch ist die langfristige Orientierung der Unternehmensführung das am meisten hervorstechende Markenzeichen, das klare Erkennungs- und Identifikationsmerkmal nach innen und außen. Wenn dann noch eine hohe Eigenkapitalquote sowie eine solide Liquiditätssituation hinzukommen, bleibt das Unternehmen langfristig unabhängig in seinen Strategien und Handlungsweisen – Krisenzeiten eingeschlossen. Die Inhaber und Inhaberfamilien müssen nicht irgendwelche Shareholder-Interessen verfolgen, auf Unternehmensbewertungen und Börsennotierungen achten oder auf kurzfristige Ansprüche von Anlegern reagieren. Stattdessen können sie ihr Unternehmen „enkelfähig“ führen, denn die Sicherung des Unternehmens für die nächste und übernächste Generation ist – fast schon naturgemäß – eine ihrer wesentlichen Triebfedern.
Besondere Unternehmenskultur prägt das System „Familienunternehmen“
Die Unternehmenskultur von Familienunternehmen basiert wesentlich darauf, dass Führung und Mitarbeiter in besonderer, werteorientierter Weise miteinander verbunden sind. Bezeichnend dafür sind zum einen flache Hierarchien, die auf allen Ebenen ein eigenverantwortliches Arbeiten und Entscheiden sowie ein persönliches und faires Miteinander unterstützen und dadurch die Identifikation mit dem Unternehmen fördern. Zum anderen ist es die Inhaberfamilie, die das interne Wertesystem vorlebt. Beides zusammen formt das Familienunternehmen zu einem kulturellen System mit eigener DNA, in dem die Verbundenheit zwischen den Beschäftigen und dem Arbeitgeber und den handelnden Personen zu einem Stützpfeiler wird, der durch Gemeinsinn und die wechselseitige Verlässlichkeit das Unternehmen gerade in schwierigen Zeiten stabilisiert, festigt und zukunftsfähig hält.
Humankapital: der Vermögenswert, der ebenso wenig in einer Bilanz auftaucht wie…
Die langfristige Orientierung in Verbindung mit der besonderen Unternehmenskultur erlauben es erfolgreichen Familienunternehmen, über den Tellerrand der Tagesaktualität hinauszuschauen. Sie werden in der Krise die bewährte Firmenkultur eher selten durch kurzfristige Entlassungen gefährden, nur um Kosten zu drücken, Rentabilitätsziele zu erfüllen oder künftigen Gewinnwarnungen entgegenzuwirken. Denn sie haben über Jahre und in guten Zeiten die Erfahrung gemacht, dass Mitarbeiter, viele von ihnen Fachkräfte, als Humankapital einen unternehmerischen Vermögenswert darstellen – auch wenn er nicht in der Bilanz steht. Die Unternehmen haben viel in die Arbeitsplätze, in Aus- und Weiterbildung, in den Aufbau von Fach- und Führungskompetenzen investiert. Sie wissen, was sie auch persönlich an ihren Mitarbeitern haben. Sie möchten sie in der Krise behalten, um nach der Krise mit ihnen durchzustarten. Dass dies ein typisches Verhaltensmuster familiengeführter Unternehmen ist, bestätigt auch eine Untersuchung der gemeinnützigen Stiftung Familienunternehmen3, der zufolge viele Familienunternehmen in schwierigen Zeiten an der Beschäftigung festhalten und dadurch umso schneller wieder zum Wachstum zurückkehren. Die „Wiederbeschaffungskosten“ für kurzfristig entlassenes Knowhow wären in den meisten Fällen viel höher.
…unternehmerische Erfahrung aus vorherigen Krisen und…
Was viele Familienunternehmen aus schwierigen Zeiten gestärkt hervorgehen lässt – für die Wirtschafts- und Finanzkrise vor zehn Jahren ist dies durch Studien nachgewiesen – ist die Erfahrung von inhabergeführten Unternehmen, die sich bereits in früheren Jahren in wirtschaftlich schwerem Seegang über Wasser halten mussten und deren Führungs-Crew das Firmenschiff sicher in den Hafen „Zukunft“ steuern konnte. Die Akteure – oftmals Familienmitglieder, Unternehmensführer und Eigentümer in einer Person – wissen schnell, welche Segel einzuholen oder zu setzen sind. Sie verlieren bei ihren Manövern auch keine Zeit durch zeitaufwändige Abstimmungsprozesse, denn es geht um das eigene Geld und das eigene Unternehmen. Und es geht um die eigene Reputation im lokalen, regionalen und sozialen Umfeld.
… die intrinsische Motivation der Inhaber
Hinzu kommt die intrinsische Motivation, das Unternehmen stärker an die Folgegeneration zu übergeben als man es selbst übernommen hat oder es durch eine Krise zurückgeworfen wurde. Es kann daher in den meisten Fällen davon ausgegangen werden, dass Inhaber in der Krise mit mehr Herzblut um ihr Unternehmen kämpfen als dies in Nichtfamilienunternehmen der Fall ist. Gleichzeitig sind es nicht nur finanzielle Interessen, die zählen. Rendite ist nicht alles – häufig sind auch immaterielle, weiche Faktoren bei Strategien und Entscheidungen im Spiel. Studien haben gezeigt, dass beispielsweise der Erhalt von sozialen Bindungen sowohl in der Familie, aber auch zu Kunden und Lieferanten, ein hohes Gut darstellt, das es auf jeden Fall zu erhalten gilt3. Langjährige Lieferanten und Kundenbeziehungen, aber auch die kontinuierliche Kommunikation mit anderen externen Anspruchsgruppen sind von hoher Wertigkeit – denn in der Krise macht es einen großen Unterschied, wenn man sich seit Jahren kennt und aufeinander bauen kann. Neben einem unterschiedlichen Erfahrungsschatz aus zuvor gemeisterten, schlechten Zeiten ist die Beherrschung von Krisen durch Familienunternehmen auch wegen der Berücksichtigung solch psychologisch motivierter Faktoren häufig anders – und erfolgreicher – als in Nicht-Familienunternehmen.
Familienunternehmen – Rückgrat der Logistikbranche
Die Studie TOP 100 der Logistik 2020/20214 führt etwa 50 Prozent der platzierten Unternehmen als in Familienbesitz befindlich oder als inhabergeführt auf. Bezogen auf die etwa 60.000 Logistikdienstleister in Deutschland insgesamt dürfte der prozentuale Anteil familiengeführter Logistikunternehmen – aufgrund der vielen kleinen bis mittelständischen Dienstleister – noch darüber liegen. Damit bildet diese Unternehmensform, zu der auch die pfenning logistics group zählt, das Rückgrat der Logistikbranche. In der Studie auf Platz 55 und im Ranking der deutschen Konsumgüter-Kontraktlogistiker sogar auf dem 11. Rang platziert, zählt das Unternehmen mit seinen etwa 3.700 Mitarbeitern zu den führenden Kontraktlogistikdienstleistern des deutschen Mittelstands mit Full-Service-Angebot. Geführt wird es in dritter und vierter Generation von der Familie Pfenning. Enkelfähigkeit, Wertesystem, Mitarbeiterorientierung, Inhabermotivation – die für Familienunternehmen typische DNA ist auch hier vorhanden. So sind die stabilen Umsatz- und Ertragszahlen des Corona-Jahres 2020 – neben dem bedarfsgerechten Leistungsportfolio als Kontraktlogistiker und dem diversifizierten Branchenmix über alle Kunden hinweg – maßgeblich auch dem Typus als inhabergeführtem Unternehmen geschuldet. In den vergangenen drei Jahren hat pfenning logistics ein Wachstum von 50% erwirtschaftet und hat noch im Coronajahr 2020 eine Wachstumsstrategie für die nächsten fünf Jahre angekündigt. Investiert wird ein mittlerer dreistelliger Millionenbetrag, in das Lagerflächenwachstum von 60%.
Familienführung: eine Erfolgsgrundlage, aber keine Erfolgsgarantie
Eine ausgeprägte Unternehmenskultur, flache Hierarchien, schnelle Entscheidungen, Verlässlichkeit – all diese für viele Familienunternehmen typischen Merkmale erweisen sich als Erfolgsgrundlagen, mit denen dieser Unternehmenstypus besser durch Krisen kommen kann als andere. Aber nicht per se – auch für inhabergeführte Unternehmen gibt es keine Blanko-Erfolgsgarantien. Vielmehr besitzen sie einen besonderen „Gen-Pool“, der Handlungsspielräume und Erfolgschancen im Ernstfall deutlich vergrößert. Es ist zu vermuten, dass die zu erwartenden Studien nach der Corona-Pandemie 2020 und 2021 dies erneut bestätigen werden.
Über Manuel Pfenning
Manuel Pfenning, Jahrgang 1983 und Vater einer kleinen Tochter, hat sich von der Pike auf bei pfenning logistics weiterentwickelt. Nach einer Speditions-Ausbildung und einem Logistikstudium an der FH Ludwighafen stieg der ehemalige Eishockey-Profi im Transportwesen als Assistent der Geschäftsführung ein. Der Schwiegersohn des Firmeninhabers hat seine Logistikexpertise sukzessive erweitert, um im Jahre 2020 die Geschäftsführung an der Seite von Rana Matthias Nag, der Doppelspitze des Kontraktlogistikers, zu übernehmen.
Quellenangaben:
1, 2; „Jahresmonitor der Stiftung Familienunternehmen“ mit dem Titel „Die Widerstandsfähigkeit der deutschen Wirtschaft in der Corona-Pandemie“
3:HSBA; Interview: Familienunternehmen in der Krise?
4.Fraunhofer Arbeitsgruppe für Supply Chain Services SCS: Studie TOP 100 der Logistik 2020/2021, herausgegeben von Alexander Pflaum; Autoren: Martin Schwemmer, Konrad Dürrbeck, Peter Klaus
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