Die Wirtschaft in Deutschland brummt – und lässt sich auch nicht durch die politischen Komplikationen in Berlin bremsen. Davon ist zumindest für 2018 auszugehen. Zwar hätte eine Koalition aus den Unions-Parteien, der FDP und den Grünen das Potenzial gehabt, etwas Neues zu schaffen, alternative Ansätze in der Lösung der gesellschaftlichen Herausforderungen zu verfolgen und Deutschland jenseits der alten Strukturen in die Modernität zu führen. Es gab die Chance, auf Basis eines breiten Parteienbündnisses einen langfristigen Plan für den Strukturwandel zu entwerfen und den Menschen wie auch den Unternehmen aus Industrie, Handel und Logistik eine Perspektive zu geben, wie die soziale Marktwirtschaft (Unions-Parteien) gesichert, die Digitalisierung (FDP) umgesetzt und der Klimawandel (Grüne) verhindert werden kann. Dazu wird es offensichtlich nicht kommen.
Politisch gesehen befinden sich Deutschland und der Wirtschaftsbereich Logistik damit sicherlich in einer schwierigen Phase. Trotzdem wird dies aufgrund der aktuellen Robustheit der Wirtschaft aus meiner Sicht keinen Einfluss auf die Prognose für 2018 haben. Bisher wurden auch noch keine anderen Prognosen angepasst. So bleibt es bei einem zu erwartenden Plus von 2,2 Prozent für den Wirtschaftsbereich Logistik.
Wirtschaftsfaktor Automobilindustrie
Wie sehen die Entwicklungen im Detail aus? Derzeit wird viel über die Zukunft der Industrielandschaft Deutschlands diskutiert. Opel wurde von PSA übernommen, was voraussichtlich zu einem weiteren Abbau von Kapazitäten führen wird. Siemens schließt bzw. verkauft Werke in Ostdeutschland. Das sind nur zwei Beispiele für aktuelle Veränderungen, die zumindest absehbar sind. Weniger absehbar ist die Dynamik rund um die Mobilität bzw. den Verkehr. Die Automobilindustrie mit ihren Lieferanten hat einen großen Stellenwert in der Volkswirtschaft Deutschlands. Auch in der industriellen Kontraktlogistik, dem größten Teilsegment der Logistik, nimmt diese Branche gut 25 Prozent des Volumens ein. Wie sie sich langfristig aufstellen wird, wird sich entsprechend nicht nur auf die Wirtschaftsentwicklung Deutschlands im Allgemeinen auswirken, sondern auch auf den Wirtschaftsbereich Logistik im Besonderen. Denn keine andere Branche ist logistisch so stark mit so vielen heterogenen Partnern vernetzt und integriert.
Kommen wir zurück auf die Entwicklung für 2018: Es kann davon ausgegangen werden, dass sich die industrielle Kontraktlogistik (die noch zu einem großen Teil insourced ist) nach einem Wachstum von hochgerechnet 2,1 Prozent in 2017 mit 2,3 Prozent in 2018 noch besser entwickelt. Beide Wachstumsraten sind relativ konservativ. Eine Korrektur nach oben kann erwartet werden. So sind in dieser Zahl bspw. noch keine neuen Lohnabschlüsse eingerechnet – aber auch kein Einbruch im Welthandel.
Zwerge zeigen größtes Wachstum
Zwar läuft der Export trotz kriselnder Automobilwirtschaft aktuell noch rund: Chemie und Maschinenbau entwickeln sich hinsichtlich des Gewichts überdurchschnittlich, so dass die Schwäche der Automobilindustrie kompensiert wird (siehe Blog Nr. 16). 2018 müssen die Automobilbauer abermals mit geringerem Wachstum als gewohnt zufrieden sein. Auch werden die Produktionsmengen der Chemie mit +1,3 bis 1,6 Prozent oder des Maschinenbaus mit +1,8 bis 2,0 Prozent nicht über dem BIP-Wachstum prognostiziert. Markantes Wachstum kommt dagegen insbesondere aus der Bauindustrie (+3,5 bis 5 Prozent je nach Institut) und Elektroindustrie (+2,2 bis 2,8 Prozent). Während die Baubranche immerhin noch 10 Prozent der industriellen Kontraktlogistik einnimmt, stellt die Elektroindustrie nur für gerade mal 2 Prozent verantwortlich. Dass diese Wachstumsraten nur wenig an dem Gesamtbild ändern können, ist damit offensichtlich.
Wert vs. Tonnage
Ein weiterer Grund liegt in der stark unterschiedlichen Entwicklung von Wert (dem klassischen Bewertungskriterium für BIP und Branchen) und Tonnage (der für die Logistik relevanteren Einheit). Insbesondere die Zahlen des ISD/ESD, die in meinem Blog Nr. 16 vorgestellt werden, zeigen, dass die Logistik nicht mehr automatisch deutlich über der Gesamtwirtschaft zulegen (kann). Die Analysen im ISD/ESD zeichnen eine Entwicklung, bei der der Wert deutlich mehr wächst als die für die Logistik relevantere Tonnage (bspw. in HJ1/2017 Exportwert +6,1%, Exporttonnage +2,5% gegenüber HJ1/2016). Entsprechend können diese positiven Entwicklungen nicht 1:1 auf die Logistik der Industrie bzw. die industrielle Kontraktlogistik übertragen werden, weswegen das erwartete Wachstum niedrig erscheint.
Dass das Teilsegment der industriellen Kontraktlogistik trotzdem interessant für Logistikdienstleister bleibt, liegt an den Steigerungen der Produktion in den meisten Branchen (siehe dazu auch den Marktcheck in der DVZ). Auch die weiter anhaltenden Outsourcing-Aktivitäten von Industrie und Handel versprechen positive Geschäftsaussichten für die Logistiker.
In diesem Blog sollen Sie einen Einblick in die Entwicklung der unterschiedlichen Segmente der Logistik bekommen. Da die Logistik eine Querschnittsfunktion durch alle Branchen ist, finden Sie hier monatlich wechselnde Schwerpunkte, die sich einerseits aus den Kurzfristprognosen speisen, die wöchentlich in der DVZ veröffentlicht werden, und andererseits aus aktuellen Veränderungen und Geschehnissen. Informationen werden also in den Kontext ihrer Auswirkungen auf die Entwicklung der Logistik in Deutschland gestellt.
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