Auch im Juli haben die Experten der Logistikweisen per interner Umfrage ihre Einschätzung zur Lage des Wirtschaftsbereichs Logistik aktualisiert. Zusammengefasst: Die Bewertung stabilisiert sich, die Erwartungen werden optimistischer. Auch wenn die Prognosen zur Entwicklung des BIP in 2020 von vielen Forschungseinrichtungen gesenkt wurden (darunter bspw. der Sachverständigenrat oder das ifo-Institut), weisen alle Vorhersagen einen Aufwärtstrend aus. Dies gilt auch für den Wirtschaftsbereich Logistik. Nach Ansicht der Logistikweisen, die bereits in der DVZ veröffentlicht wurde, hat sich die Gesamtprognose für 2020 nicht verändert. Es bleibt bei der Aussage, dass real ein Einbruch von bis zu 6 Prozent zu erwarten ist. Sie liegt damit im Vergleich zu den Prognosen des BIP der unterschiedlichen Forschungsinstitute etwa in der Mitte (siehe folgende Tabelle). Insgesamt blickt der Expertenkreis positiver in die Zukunft als letzten Monat, auch wenn in den nächsten drei Monaten kein Boom erwartet wird.
Diese relativ optimistischen Erwartungen für die nächsten Monate werden durch unterschiedliche (praxisorientierte und auf spezifische Bereiche fokussierte) Informationsquellen für Kernbereiche der Logistik gestützt:
- Der Supply Chain Recovery Map von Shippeo zeigt, dass die Supply Chains in Europa bereits mit 70 Prozent ihrer Kapazitäten laufen.
- Das Transportbarometer von TIMOCOM, das im Juli sonst tendenziell nach unten zeigt, weist in diesem Jahr einen Aufwärtstrend auf.
- Der Kapazitätsindex des Transportmarkt Monitors von TIMCONSULT hat bereits das Niveau von Juli 2019 erreicht.
- Die Lkw-Mautstatistik der BAG zeigt für das erste Halbjahr „nur“ einen Einbruch von 4,5 Prozent. Der Lkw-Maut-Fahrleistungsindex ist im Juni 2020 saisonbereinigt um 4,7 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen.
Trotzdem sollte noch mit Vorsicht in die Zukunft geblickt werden: Der Auftragsbestand bei den Unternehmen ist im Mai 2020 laut dem Statistischen Bundesamt gegenüber dem Vormonat nochmals gesunken. Auch zentrale Schlüsselindustrien für den Wirtschaftsbereich Logistik wie die Automobilindustrie stehen vor großen Herausforderungen, die nur teilweise mit der aktuellen Krise zu tun haben. Dies sind Gründe, dass der weitere Verlauf der Entwicklung des Wirtschaftsbereichs Logistik pessimistischer eingeschätzt wird als von den Forschungsinstituten, die das BIP prognostizieren. Von diesen gehen viele davon aus, dass bereits Im Jahr 2021, spätestens 2022 das BIP das Niveau von 2019 wieder erreicht haben wird (siehe dazu die Tabelle sowie wiederum bspw. die Prognosen des Sachverständigenrats oder das ifo-Instituts). Dem widerspricht der Expertenkreis der Logistikweisen für den Wirtschaftsbereich Logistik. Hier herrscht die Meinung vor, dass dies frühestens 2022, realistisch aber erst 2023 der Fall sein wird. Das Worst-Case-Szenario geht sogar von 2024 aus. Dies zeigt auch die eher verhaltene Einschätzung zur Prognose über die Entwicklung des Wirtschaftsbereichs Logistik für das Jahr 2021, welche sich bei 3 Prozent reales Plus einpendelt bzw. stabilisiert. Im Gegensatz dazu sehen die Forschungseinrichtungen für 2021 in vielen Fällen bei der BIP-Prognose ein deutlich höheres Wachstum (siehe Tabelle).
Der Expertenkreis:
Dr. Andreas Backhaus (ehemals BASF), Berit Börke (TX Logistik), Dr. Andreas Froschmayer (DACHSER), Dr. Christian Grotemeier (BVL.digital), Gerd Hailfinger (geberit), Frauke Heistermann (BEFESA), Dr. Christian Jacobi (agiplan), Prof. Dr. Christian Kille (FHWS), Matthias Klug (STILL), Wolfgang Lehmacher, Eric Malitzke (DPD), Markus Meißner (AEB), Michael Müller (Müller – die lila Logistik), Dr. Alexander Nehm (Logivest Concept), Anita Pieper (BMW), Klemens Rethmann (Rhenus), Andreas Reutter (Bosch), Dr. Torsten Rudolph (Rudolph Logistik), Prof. Dr. Thorsten Schmidt (TU Dresden), Marc Schmitt (Evertracker), Arnold Schroven (Schroven Consulting), Martin Schwemmer (Fraunhofer SCS), Dr. Stefan Schwinning (Miele), Harald Seifert (Seifert Logistics), Lars Siebel (REWE), Dr. Michael Sternberck (dm), Prof. Dr. Wolfgang Stölzle (Uni St. Gallen), Jens Wagener (Commerzbank), Dr. Steffen Wagner (KPMG), Kerstin Wendt-Heinrich (TOP Mehrwert-Logistik), Patrick Wiedemann (Reverse Logistics Group), Prof. Dr. Peer Witten (LIHH)
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