Der diesjährige Kongress hatte gegenüber den letzten Jahren eine ganz andere Stimmung – eine positiv aufgeladene Aufbruchstimmung. Grundsätzlich konnte seit 2010 in der Konjunktur keine Eintrübung erkannt werden. Die Unternehmen haben sich mit wenig Pausen von einem Wachstumsjahr ins nächste geschwungen. Mittlerweile werden wir als Logistikweisen gefragt, ob man bei einer Prognose von 1,9 Prozent für 2017 überhaupt noch von einem Wachstum sprechen kann. Trotzdem hing immer ein „Aber“ in der Luft: Eurokrise, Griechenlandkrise, Ukrainekrise, Syrienkrise… Die Verunsicherung war zwar nicht bedrückend, aber doch spürbar. Jede Erfolgsgeschichte mit Wachstumsrealisierungen bzw. -aussichten wurde mit Wonne als Gegenpol zu den Untergangsmeldungen aufgenommen. Auch haben sich die meisten der Logistikdienstleister nicht getraut, ordentlich an der Preisschraube zu drehen, um mehr Luft für Innovationen und nachhaltige Geschäftsentwicklung zu haben (siehe vorheriger Beitrag).
Diese Unsicherheit, die im Wirtschaftsbereich existiert, spiegelt sich auch in den Themen des Deutschen Logistik-Kongresses der letzten Jahre wider. Ich habe mir die Programme der Kongresse seit 2010 genauer angeschaut. Grob kann gesagt werden: Bis 2013 dominierten die Diskussionen und Präsentationen um die Professionalisierung und Effizienzsteigerung der Logistik. Der Kern der Inhalte lag damit in der klassischen Logistik, den traditionellen Geschäftsfeldern und althergebrachten Zusammenarbeit zwischen Industrie, Handel und Logistikdienstleister. Dies soll nicht falsch verstanden werden: Auch einige Innovationen wurden präsentiert. Neue Impulse und Ideen konnten mitgenommen werden. Jedoch befand sich der Wirtschaftsbereich noch sehr stark in seiner eigenen Blase.
In 2014 kristallisierte sich ein neues Thema heraus: Industrie 4.0. Ein neues Denken über logistische Zusammenhänge und Prozesse konnte sich zaghaft herausschälen. Erst 2015 rückte die Digitalisierung und die daraus folgende Disruption in den Fokus, was auch durch eine eigene Startup-Sequenz unterstrichen wurde. Doch hier vernahm ich immer noch eine Stimmung, die zwischen Skepsis, Neugier und teilweise auch Ignoranz schwankte. Ein echter Ruck war im Wirtschaftsbereich nicht zu spüren, Dinge anders zu denken, Neues auszuprobieren und Innovationen zu testen.
Dieses Jahr war jedoch deutlich spürbar: Die Logistik hat erkannt, dass sie mit den Möglichkeiten aus der Digitalisierung neue Geschäftsfelder, innovative Services und bessere Leistungen generieren kann. Es lag eine Aufbruchstimmung in der Luft, die zeigte, dass die Unternehmen in der Logistik Neues wagen wollen, um die Weltmeisterschaft zu verteidigen. Neben den zahlreich vorgestellten Startups, neuen Geschäftsmodellen und greifbaren Visionen konnte in den Gesprächen mit den Top-Managern (übrigens auch während des Herbstgipfels der Logistikweisen) deutlich wahrgenommen werden: die Logistik geht den Pfad der Innovation und wird sich die „Butter nicht vom Brot nehmen lassen“. Deshalb sind wir als Logistikweisen der Meinung, dass sich in 2017 viele der neuen Geschäftsmodelle, die durch Logistiker umgesetzt wurden, betriebswirtschaftlich lohnen werden.
Es kann wirklich von einem neuen „Geist“ gesprochen werden. Liegt es an einer neuen Generation von Denkern und Lenkern in der Logistik? Oder haben sich die Verantwortlichen mit dem Dauerzustand „Krise“ abgefunden und schauen mutig in eine sich wandelnde Zukunft? Oder liegt es daran, dass der Wirtschaftsbereich schlicht in der nächsten Evolutionsstufe dort angekommen ist, in der das etablierte Logistikverständnis professionalisiert und gefestigt ist, und damit Ressourcen für eine neue Herangehensweise frei sind? Es sind wahrscheinlich mehrere Faktoren, die mir das Gefühl eines Aufbruchs vermittelt. Und wie haben Sie den Kongress erlebt?
In diesem Blog sollen Sie einen Einblick in die Entwicklung der unterschiedlichen Segmente der Logistik bekommen. Da die Logistik eine Querschnittsfunktion durch alle Branchen ist, finden Sie hier monatlich wechselnde Schwerpunkte, die sich einerseits aus den Kurzfristprognosen speisen, die wöchentlich in der DVZ veröffentlicht werden, und andererseits aus aktuellen Veränderungen und Geschehnissen. Informationen werden also in den Kontext ihrer Auswirkungen auf die Entwicklung der Logistik in Deutschland gestellt.
Leave a Reply