Die Konsumgüter-Kontraktlogistik entwickelt sich meist recht stabil. Dies hat sich gezeigt, als selbst in der Zeit der Finanzkrise die Einbrüche moderat ausfielen. Das Segment zeigt aber auch keine besonderen Wachstumsraten in Zeiten des Booms. Für 2018 können Konsumgüter-Kontraktlogistiker in Summe mit 2,2 Prozent Wachstum rechnen. Dies hört sich zunächst nicht nach viel an. Es sollte jedoch berücksichtigt werden, dass immer noch 65 Prozent dieses Logistiksegments, welches 28 Mrd. € in 2015 insgesamt umfasste, insourced bei Industrie und Handel liegen. Ein großer Teil des Wachstums findet aber außerhalb der verladenden Unternehmen statt, da Logistikdienstleister oft auch als „Kapazitäts-Puffer“ genutzt werden. Vor diesem Hintergrund erklärt sich das Wachstum speziell für Logistikdienstleister in diesem Segment. Logistikeinkäufer spüren diese Marktsituation, da sie mit stark steigenden Preisen zurechtkommen müssen.
Wachstum vs. Substituierung
Insgesamt beläuft sich das Wachstum der Logistik für Konsumgüterhersteller und -händler eher im Durchschnitt der Gesamtentwicklung des BIP. Nun stellen sich viele die Frage, dass dies doch verwunderlich ist, wenn von zweistelligen Wachstumsraten im E-Commerce die Rede ist. Sicherlich ist den meisten bewusst, dass eine Wohlstandsgesellschaft wie in Deutschland nicht insgesamt viel mehr konsumieren wird, sondern nur über andere Wege. Damit werden auch die Händler und Hersteller in Summe nicht mehr verkaufen können, sondern nur über andere Kanäle. Es entsteht also eine Substituierung: Das Wachstum im E-Commerce wird mit einer Schrumpfung im stationären Handel bezahlt. Dies geschieht zwar noch auf einem relativ niedrigen Niveau (der E-Commerce-Anteil am Gesamteinzelhandel liegt bei knapp über 10 Prozent laut bevh). In manchen Segmenten hat sich der Online-Kanal jedoch schon zu einem dominierenden entwickeln können. So hat Online bei Fashion-, Elektronik- und Freizeit-/Sportartikeln bereits einen Umsatzanteil von rund 25 Prozent (siehe HDE Online-Monitor 2017, S. 8). Wenn nun noch bedacht wird, dass tendenziell die erzielten Preise pro Artikel online niedriger sind als offline, könnte noch ein größeres Wachstum nach Menge entstehen – oder nach Qualität (dieser Effekt war in der Finanzkrise zu beobachten, als in vielen Konsumgütersegmenten wie insbesondere Lebensmittel oder Drogerieartikel nicht weniger, sondern billiger gekauft wurde).
Logistikaufwand im E-Commerce
Unter dem Blickwinkel der Logistikkosten unterliegt E-Commerce deutlich höheren Aufwänden als der stationäre Handel. Dafür sind mehrere Aspekte verantwortlich:
- Kernlogistikkosten: Die Waren werden dem stationären Einzelhandel gebündelt geliefert, was zu geringerem Aufwand in Transport und Kommissionierung führt. Auch wenn eine Stufe in der Logistikkette im E-Commerce übersprungen werden sollte, bleiben doch Mehrkosten der Einzelartikelkommissionierung und Paketsendungstransporte.
- Retouren: Auch die Retourenabwicklung erfolgt einzeln. Die Retouren gehen im stationären Einzelhandel nicht nur gebündelt an den Hersteller oder Großhändler, auch die Retourenbearbeitung kann direkt durch die Einzelhandelsmitarbeiter durchgeführt werden, ohne eine separate Versendung. Dies führt zu einem weiteren Punkt in der Aufwandseinschätzung, der die Abgrenzung bzw. Zuordnung betrifft:
- Logistikabgrenzung: Die logistischen Tätigkeiten in der Filiale werden nicht der Logistik, sondern der Filiale zugeordnet. So wird die oben benannte Retourenabwicklung in der Filiale mit Filialmitarbeitern bewältigt. Im E-Commerce ist dies Personal in Logistikzentren. Auch die Bewegung der Artikel in der Filiale wird durch das dortige Personal durchgeführt. Nach Erkenntnissen aus einem Projekt in Zusammenarbeit mit Dieter Bock, Executive Services, in Zuge dessen bei drei Einzelhändlern in unterschiedlichen Filialen die Tätigkeiten des Filialpersonals aufgenommen wurden, wird um die 50% der Zeit mit logistischen Tätigkeiten verbracht. Diese werden nicht den Logistikkosten des traditionellen stationären Handels zugeordnet.
Bedeutung der Logistik steigt
Die Entwicklung bei den Distributionskanälen „offline nach online“ hat auch noch einen weiteren Effekt: die Relevanz der Digitalisierung in der Logistik steigt. Hieraus ergibt sich auch ein großes Potenzial: Die Logistik kann sich als Partner in einer Digitalisierungstrategie positionieren und von einem „Kostenfaktor“ zu einem „Möglichmacher“ werden. Denn sie verfügt über mannigfaltige Daten, mit denen sie die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen insbesondere mit einer langen Supply Chain bis zum Endkunden steigern kann. Vor allem externe Logistikdienstleister können hier mit ihren Stärken auftrumpfen. So sammeln sie von unterschiedlichen Kunden oder auch über die gesamte Supply Chain hinweg Daten und analysieren diese. Damit haben Konsumgüterunternehmen nun die Möglichkeit, Einblicke in die Abläufe, Wünsche und Herausforderungen jenseits ihres direkten Kunden zu erhalten. Der Logistikdienstleister kann also zu einem Google der Supply Chain werden, da er auf viele Daten zurückgreifen kann, die in unterschiedlichen IT-Systemen verarbeitet werden – natürlich unter der Voraussetzung der Datensicherheit und des Datenschutzes. Im Endeffekt entwickelt sich die Logistik zum Erfolgsfaktor im Konsumgütermarkt. Vielleicht dreht sich das Machtverhältnis nicht um, aber zumindest gleicht es sich an. Amazon und viele andere E-Commerce-Unternehmen haben dies verstanden und bereits zu einem großen Teil umgesetzt.
In diesem Blog sollen Sie einen Einblick in die Entwicklung der unterschiedlichen Segmente der Logistik bekommen. Da die Logistik eine Querschnittsfunktion durch alle Branchen ist, finden Sie hier monatlich wechselnde Schwerpunkte, die sich einerseits aus den Kurzfristprognosen speisen, die wöchentlich in der DVZ veröffentlicht werden, und andererseits aus aktuellen Veränderungen und Geschehnissen. Informationen werden also in den Kontext ihrer Auswirkungen auf die Entwicklung der Logistik in Deutschland gestellt.
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