Risiken innerhalb einer Lieferkette gibt es mehr, als Logistik- und Supply Chain Managern lieb ist. Von Maschinenausfällen und Stock-Outs bis zu Diebstahl, schlechter Eingangsware oder gar einem Zulieferstopp.
Welche Auswirkungen vor allem letzterer Vorfall haben kann, hat das Beispiel des im August beendeten Streits zwischen Volkswagen und den beiden Zulieferern Car Trim und ES Automobilguss gezeigt: Fast 30.000 Mitarbeiter mussten zwangsweise eine Arbeitspause eingelegen, da die Produktionsbänder stillstanden. Denn wo kein Wareneingang stattfindet, da gibt es in den Fabrikhallen wenig zu tun. So entstanden in einer Woche geschätzt ein Defizit von 10.000 Fahrzeugen und Gesamtkosten von 100 Millionen Euro.
Um solchen kostspieligen Chosen vorzubeugen, ist das Wissen über die Ausmaße von Störungen in der Lieferantenbeziehung eine notwendige Grundlage. Für die Ableitung prozessualer und technischer Präventionsmaßnahmen im Risikomanagement sollten dann die Schnittstellen von Lieferantenmanagement und der internen Supply Chain bekannt sein.
Lieferanten und die interne Supply Chain
Für gesunde Außenbeziehungen und das Ziel, die gesamte Lieferkette von der Beschaffung bis zum Kunden zu sichern und zu stabilisieren, müssen erst einmal die Prozesse entlang der eigenen Supply Chain optimiert sein. Die interne Lieferkette deckt dabei alle Teilbereiche von der Absatz- und Budgetplanung, über das Beschaffungsmanagement, die Disposition, Produktionsprozesse (in Industrieunternehmen) und den Vertrieb ab. Wenn diese Abteilungen auf einheitlicher Planungsbasis agieren und innovative Technologien für mehr Transparenz im Supply Chain Management einsetzen, ist auch der Weg über die Unternehmensmauern hinweg in externen Beziehungen weniger holprig.
Im Umkehrschluss muss auch die Lieferantenbeziehung für eine integrierte, vollständige Supply Chain optimal funktionieren, um die Lieferkette überhaupt adäquat versorgen zu können. Dafür sollten drei wesentliche Punkte beachtet werden; sie stellen Risiko und Grundlage für Kooperationen und Risikoprävention zugleich dar:
Vertrauen
Wie das Wort „Beziehung“ in Lieferantenbeziehung bereits sagt, hat die Zusammenarbeit von Zulieferer und Abnehmer eine soziale Komponente. Auch in Zeiten steigender Digitalisierung ist der persönliche Kontakt noch von elementarer Bedeutung für Vertrauen und die Sicherheit, dass mit den eigenen, sensiblen Daten auch beim Partner gewissenhaft umgegangen wird. Dieses Vertrauen war in der Kooperation zwischen VW und den Lieferanten offensichtlich schwer beschädigt, als der Automobilhersteller einen bereits erteilten Auftrag über die Entwicklung neuer Sitzbezüge wieder kündigte und damit den Streit auslöste. Auch die geographische Nähe hat oft Einfluss auf die Partnerschaftswahl bzw. erzeugt einen (nicht immer rationalen) Vertrauensvorschuss, doch per Handschlag werden keine Lieferbedingungen vereinbart. Und deshalb besteht ein wichtiger Schritt zur sicheren Lieferkette in der vertraglichen Absicherung.
Verträge
Lieferantenverträge sichern die Zusammenarbeit schwarz auf weiß ab – in Bezug auf Lieferbedingungen, das richtige Material, Mindest- und Höchstmengen oder Ausfälle. Doch im Zweifelsfall ist auch ein Vertrag keine Garantie, wie das Beispiel des Anfang 2016 begonnen Rechtsstreits zwischen Tesla und dem deutschen Zulieferer Hoerbiger Automotive zeigt: Weil der aus Deutschland gelieferte hydraulische Klappmechanismus für den Elektro-SUV nicht den Qualitätsstandards von Tesla entsprach, reichten diese Klage ein und wechselten dann sogar den Zulieferer. Darüber hinaus decken Lieferantenverträge nur eine Stufe einer komplexen (nationalen oder sogar globalen) Supply Chain ab: nämlich die vom Unternehmen aus nächste Beziehung. Auf den Vertrag des Lieferanten mit wiederum seinen Unterlieferanten oder dem Produzenten besteht (meist) kein Einfluss.
Vernetzung
Die eigenen Prozesse durch eine ganzheitliche und transparente IT-Infrastruktur abzudecken, zu kontrollieren, zu steuern und zu optimieren, ist heute noch immer keine Selbstverständlichkeit. Verschiedene ERP-Systeme, Excel-Planungen oder fehlende Standardisierung erschweren oft den reibungslosen Informationsfluss innerhalb eines Betriebs. Umso schwieriger ist dann erst die Vernetzung von ex- und internen Prozessen. In den wenigsten Fällen greifen Unternehmen und ihre Lieferanten daher auf eine gemeinsame Informations- und Planungsbasis zu. Sie verschenken dadurch allerdings Potenzial für schnelle, agile Prozesse, wenn der Lieferant keine aktuelle Vorschau auf zukünftige Bedarfe des Unternehmens hat. Transparenz ist hier das Stichwort.
Wichtig für eine effiziente Partnerschaft: Digitalisierung
Vertrauen, vertragliche Absicherungen und die Vernetzung über IT-Systeme sind Maßnahmen, die teuren Lieferantenausfällen oder Ärger bei mangelnder Qualität entgegenwirken können. Dabei erachte ich letzteren Punkt (eine gemeinsame Datenbank und den schnellen Austausch relevanter Informationen über moderne Software) als wichtigste und zukunftsorientierteste Maßnahme für die Risikominimierung.
Denn: Während einerseits eine zunehmende Flexibilität und Agilität in den Prozessen gefordert ist, um wettbewerbsfähig zu bleiben, muss andererseits zwangsweise ein erhöhter und beschleunigter Informationsaustausch stattfinden. Konkret braucht der Lieferant einen tagesaktuellen Einblick in die Planung seines Kunden, um wiederum die eigene Planung kostenoptimiert ansteuern zu können, was sich letztlich auch auf die Verkaufspreise niederschlägt. Möglich ist diese maximierte Transparenz durch innovative Software, die Unternehmen ermöglicht, ihren Zulieferern einen unantastbaren Einblick in die eigene Planungssituation zu geben. Er kann somit erkennen, welche Bedarfe auf Verkaufsprognosen beruhen, für die reine Lagerauffüllung oder einen konkreten Kundenauftrag geplant sind und damit die eigenen Einkäufe frühzeitig anstoßen. Das harmonisiert im Ergebnis die Prozesse auf beiden Seiten und synchronisiert Beschaffungsvorgänge.
Arbeiten Sie schon integriert mit Ihren Lieferanten zusammen? Wie gestalten Sie aktuell den Informationsfluss?
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