Die Automobilbranche steht aufgrund unterbrochener Lieferketten, verstärkter Elektrifizierung sowie schwächelnden Absatzmärkten vor ihrer verwundbarsten Zeit seit dem Beginn der Automobilfertigung. Umso mehr muss ein erfolgreiches Immobilienmanagement rechtzeitig in die Entwicklung der zukünftigen Unternehmensstrategie einbezogen werden. Einerseits um die richtigen langfristigen Entscheidungen zu treffen, andererseits um in den nächsten Jahren flexibel und manchmal auch kurzfristig auf Änderungen reagieren zu können.
Immobilien sind eine kostenintensive Ressource
Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass die über viele Jahre immer effizienter aufgesetzten Lieferketten in der Automotive-Branche krisenanfällig sind. Um sie für die Automotive-Branche widerstandsfähiger zu machen, werden Unternehmen mehr Geld und Zeit in ihre Logistik-immobilienstrategie investieren müssen. Schließlich stehen Immobilien – die eine notwendige, aber auch kostenintensive Ressource darstellen – in direkter Wechselwirkung zum Unternehmenszweck und zählen somit zu den Aufgaben des Top-Managements.
Statt Teile direkt im Werk zu fertigen, wurden in den vergangenen Jahren im Zuge des Lean Managements (Toyota Modell) zunehmend Arbeitsschritte an Zulieferer ausgelagert, sodass die Fertigungstiefe der OEMs zurückging. Im Gegenzug haben sich unternehmensübergreifende Wertschöpfungs-netzwerke gebildet, die den Einfluss der Zulieferer enorm gesteigert haben. Mittlerweile liefern Zulieferer nicht nur Einzelteile, sondern ganze Module, welche dann auf den Fertigungsstraßen einfach integriert werden können. Aufgrund des anhaltenden heftigen Wettbewerbs unter den Zulieferern sowie dem hohen Preisdruck ist die gesamte Automobilbranche stark globalisiert und fragmentiert.
Bisher wenig Lagerkapazitäten für Schwankungen
Um die Kosten pro Fahrzeug so gering wie möglich zu halten, wurde die modulare Just-in-sequence oder Just-in-time-Produktion auf größtmögliche Effizienz getrimmt. Damit einher ging auch eine angepasste Immobilien-strategie rund um den Globus, die auf höchste Funktionalität gesetzt hat. Zwar haben auch Lagerkapazitäten existiert, um kurzfristige Schwankungen ausgleichen zu können. Diese sind vor dem Hintergrund der Kostenoptimierung aber so gering wie nötig angelegt.
Pufferlager für Just-in-case
Allerdings stellt aufgrund der Lieferkettenengpässe in Corona-Zeiten die durchgehende Bestrebung nach der „Lean Production“ bei geringerer Fertigungstiefe mittlerweile ein hohes Risiko dar. Die jetzige Krise hat gezeigt, dass Just-in-time anfällig sein kann. Gefragt sind also mehr Puffer- und Bereitstellungsflächen, falls es erneut zu Lockdowns oder eingeschränkter Produktion und Lieferung von Teilen kommt. Denn auch für Elektromotoren zukünftig beispielsweise keine Batterien vorzuhalten bedeutet, die wichtigsten Komponenten in den Elektrofahrzeugen nicht vorrätig zu haben, falls mittel- oder längerfristige Krisen drohen und die Rohmaterialien der Batterien möglicherweise nicht zu beziehen sind.
Mancher mag sich fragen, ob Unternehmen dauerhaft ungenutzte Lagerflächen unterhalten wollen, die nur in Krisenzeiten hochgefahren werden. Es gilt im Unternehmen abzuwägen, ob die Verluste eines kompletten Produktionsausfalls mit den Begleiterscheinungen des sehr schleppenden Anlaufens der Branche gemindert werden könnten, wenn zumindest ein gewisser Umfang an „Notfall“-Lagerflächen mehr unterhalten werden würden.
Intensivere Nutzung durch Sharing kurbelt Verkaufszahlen an
Neben der Corona-Pandemie, die uns gegebenenfalls noch Jahre beschäftigen wird, ist die Automotive-Branche von der zunehmenden Digitalisierung geprägt. Die Teil- bis Voll-Autonomie der Fahrzeuge wird wohl nicht mehr aufzuhalten sein. Offen sind noch gesetzgeberische Fragen, andererseits ist die weitere Entwicklung abhängig vom gesellschaftlichen Diskurs und der Akzeptanz durch die Bevölkerung. Einhergehend mit der Elektrifizierung der Fahrzeuge ändern sich auch die Geschäftsmodelle, Hersteller werden sich zukünftig vermehrt zu Mobilitätsdienstleistern entwickeln. Das kann dazu führen, dass Fahrzeuge aufgrund des shared mobility Gedankens in Kombination mit autonomen Mobilen zukünftig viel intensiver genutzt werden. In der Folge müssten sie schneller ersetzt werden, wodurch zwar die Gesamtzahl der Fahrzeuge sinkt, die Verkaufszahlen aber steigen.
Das hat Einfluss auf die Lagerhaltung und Distribution sowie auf die damit verbundenen Immobilien. Aber selbst bei neuen, auf sharing (Dienstleistung) getrimmten Geschäftsmodellen werden Logistik-dienstleistungen sowie Lagerflächen im Zuge der Produktion für kurzlebigere Fahrzeuge benötigt werden.
Neue Komponenten – andere Lager
Dabei verändern sich ganze Bündel von Komponenten. Starter und Lichtmaschinen entfallen durch die Elektrifizierung ebenso wie viele Teile des Antriebs vom Verbrennermotor über Kupplungen und Zylinderköpfe bis zu Tanksystemen. Klimaanlagen, Bordelektronik Brems- und Lenksysteme verändern sich und es werden u.a. neue Elektromotoren, Batteriesysteme sowie Ladegeräte benötigt. Damit einher gehen veränderte Immobilienbedürfnisse, die vom Verkauf und Neuerwerb von Immobilien, Standorte-Verlagerung, Verkehrsanbindungen bis hin zu Mitarbeiterverfügbarkeit sowie Mietpreis- und Marktanalysen reichen.
Zudem braucht es, beispielsweise für die Lagerung von Batterien, qualitativ anders ausgestattete Immobilien da der Aufwand der Lagerung im Vergleich zu konventionellen Verbrennermotoren höher ist. Dazu zählen aufgrund der Entzündlichkeit der Batterien beispielsweise ein angepasster Brandschutz sowie idealerweise temperaturregulierte Hallen, um die bestmögliche Funktionalität der Batterien sicherzustellen.
Im Zuge all dieser Veränderungen muss die langfristige Immobilienstrategie mit der institutionalisierten Unternehmensstrategie verzahnt werden, um die optimale Nutzung aller Potenziale betrieblich genutzter Immobilien zu gewährleisten. Hierfür braucht es einen analyse- und umsetzungsstarken Partner, der die Übersicht über den gesamt-deutschen Logistik- und Industrieimmobilienmarkt in Echtzeit hat.
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