Ihr Wecker klingelt und kurz darauf bringt Ihnen ein Roboter einen Kaffee ans Bett. Den Firmenwagen müssen Sie nicht mehr selbst steuern, sondern können sich entspannt zurücklehnen, während das Auto Sie eigenständig zum Ziel bringt. Wäre es nicht praktisch, wenn künstliche Intelligenz Ihnen den Alltag in dieser Art erleichtert? Robotik ist nur einer von mehreren Technologiezweigen, die auch die Materialwirtschaft in Zukunft verändern werden. Um diese und weitere aktuelle Trends zu diskutieren, werden vom 28. bis 30. Oktober rund 3.000 Fachbesucher auf dem 32. Deutschen Logistik-Kongress in Berlin zusammenkommen. Schwerpunktthemen bilden unter anderem der Umgang mit Krisen und Volatilität sowie Strategien, mit denen Unternehmen auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben können. Warum Automatisierungstechniken zwar die Zukunft sind – ohne entscheidungsintelligente Systeme aber ihre Potenziale nicht abrufen können – darum soll es im folgenden Beitrag gehen.
„Alles ist in Bewegung und nichts bleibt stehen.“ Was der griechische Philosoph Heraklit von Ephesos bereits 500 Jahre vor Christus feststellte, gilt durch die Zeit hinweg und ist heute aktueller denn je. Wir befinden uns mitten im Zeitalter der Industrie 4.0, wo die intelligente Vernetzung von Technik längst Realität geworden ist und einer kontinuierlichen Weiterentwicklung unterliegt. Was uns Digitalisierung und Vernetzung wirklich Neues bringen, ist die Menge an Informationen, die wir maschinell speichern und verarbeiten. In der heutigen Zeit können Algorithmen diese riesigen Datenberge kategorisieren, priorisieren und optimieren. Künstliche Intelligenz ermöglicht es, selbst komplexeste Aufgaben im Eiltempo zu lösen.
Sensorik und Algorithmen ermöglichen Mobilität
Kerngeschäft der Logistik ist es, täglich verschiedenste Güter zu bewegen und die dazugehörigen Transport-, Beschaffungs- und Lagerprozesse ständig zu optimieren. Auch hier ist die Forschung immer in Bewegung und bringt neue Automatisierungswerkzeuge hervor, mit denen Unternehmen Prozesse hinsichtlich der Kosten und Produktivität verbessern können. Das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB) hat etwa jüngst eine Algorithmen-Toolbox für autonome mobile Roboter vorgestellt. Diese erlaubt es, ohne größeren Aufwand die Modulkonfiguration für verschiedene mobile Plattformen anzupassen. Als interessante Einsatzoptionen wären z. B. die Pfadplanung bzw. Kartierung zu nennen.
Mit Hilfe von Sensoren erkunden mobile Roboter ihre direkte Umwelt und ermitteln auf Basis der gewonnenen Daten ihren genauen Standort. Doch wie gelingt es dem System von seiner so errechneten Position zu seinem Ziel zu gelangen?
Die Antwort darauf geben hochkomplexe Algorithmen, welche die Navigation ermöglichen. Sie definieren einzelne Teilfunktionen, die in vernetzter Form die Basis der Autonomiefunktionalität bilden. Entsprechend der vom Kunden definierten Aufgabenbereiche werden also gezielt spezifische Module kombiniert und eine maßgeschneiderte Lösung entworfen, sodass der Roboter seinen eigenen Weg im Lager erkennt und Waren automatisiert von einer Position zur nächsten transportiert.
Synergien durch Verbindung mit Entscheidungsintelligenz
Die enorme Ingenieursleistung, die hinter einem solchen Roboter steht, ist geradezu greifbar. Doch auf dem Weg zur Idealvorstellung eines Lagers nach Industrie 4.0 ist die Robotik nur ein einzelner Baustein. Denn es gilt zukünftig in jedem Lager oder Werksgelände eine Vielzahl von Robotern so zu koordinieren, dass die vorhandenen Ressourcen optimal genutzt werden. Dazu braucht es neben der Sensorik auch Technologie zur Datenübertragung und letztendlich ein System, welches auf einer Meta-Ebene die optimalen Entscheidungen für jeden Roboter trifft. Schon heute werden solche Systeme in der Intralogistik z. B. zur Koordinierung von Staplerfahrten auf dem Werksgelände eingesetzt. Erst die Synergieeffekte aus der Verbindung beider Technologien – Robotik und entscheidungsintelligente IT-Systeme – zeigen das wahre Potenzial von Industrie 4.0.
Ähnlich sieht es bei anderen Prozessen der internen Supply Chain aus. Spricht man von einer Smart Factory, fallen einem gleich autonome Fertigungsanlagen ein, die sich ganz ohne menschliches Zutun selbst konfigurieren können und sogar eine kundenindividuelle Massenproduktion ermöglichen. Auch hier wird mit fortschrittlicher Robotik allein kein optimaler Prozess erreicht werden. So kann die Sensorik z. B. erfassen, wann das Rohmaterial zur Neige geht, aber dann ist es in der Regel bereits zu spät (dieses Thema habe ich schon einmal in einem älteren Blogbeitrag ausführlich behandelt). Die hohen Erwartungen an die Industrie 4.0 können auch im Fall der Smart Factory nur in Verbindung mit entscheidungsintelligenten Systemen, die auf einer Meta-Ebene fernab der rein physischen Umsetzung agieren, zufriedenstellend erfüllt werden.
Denn während sich die Robotik weiterentwickelt, tun es ihr die globalen Lieferketten und deren Umfeld gleich. Supply Chains werden komplexer, gleichzeitig werden die Kundenwünsche differenzierter und der Anspruch an Lieferfähigkeit und Lieferzeit nahezu maximal. In einem solchen Spannungsfeld entwickeln die vielen täglichen, unerwarteten Ereignisse, wie eine verspätete Lieferung oder ein Maschinenausfall, ein enormes Störungspotenzial. Um solchen Störungen zu begegnen, müssen Unternehmen hochqualitative, schnelle Entscheidungen treffen. Moderne Optimierungssoftware, die die gesamte Supply Chain mit hochentwickelten Algorithmen bewertet, steuert und transparent macht, ist die technische Basis für die Agilität erfolgreicher Wertschöpfungsketten.
Bewegung ist alles
„Bewegung ist alles, die Richtung entscheidet.“ Mit diesem Aphorismus hinterlässt der deutsche Autor und Journalist Manfred Hinrich einen einfachen, jedoch bedeutsamen Ratschlag. Viele externe Faktoren halten die Logistikbranche in ständiger Bewegung. Mobile Roboter werden dieser Bewegung einen neuen Impuls geben. Entscheidend dabei ist es, die Impulse aufzunehmen, in die richtigen Bahnen zu leiten und dabei nicht den Halt zu verlieren. Es gilt, ein sicheres Handeln auch in unvorhergesehenen Situationen zu ermöglichen. Genau wie beim morgendlichen Kaffee, den Ihnen der Roboter ans Bett gebracht hat. Den haben Sie nur bekommen, weil ein Optimierungssystem rechtzeitig erkannt hat, dass der zur Neige gehende Bestand Ihrer Lieblingssorte plötzlich nicht mehr bei Ihrem Hauptlieferanten verfügbar war und so schon viele Tage zuvor automatisch bei einem Alternativlieferanten bestellt wurde. Ohne die unsichtbare „Bewegung“ in Ihrem Smart Home hätten Sie sich gefragt, wofür Sie den Roboter eigentlich angeschafft haben.
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