Bundesrat und Bundeskabinett diskutieren zurzeit die Novelle des Postgesetzes. Dabei geht es neben der flächendeckenden Versorgung mit Post- und Paketdienstleistungen auch um die Themen Arbeitsschutz und Arbeitsbedingungen bis hin zum Subunternehmerverbot.
Sollte letzteres tatsächlich Eingang in das Gesetz finden, steht die KEP-Branche vor großen Veränderungen, die sich auch auf die übrigen Wirtschaftsbereiche auswirken werden. Denn die Zusammenarbeit mit Subunternehmern ist im KEP-Bereich Standard und hat sich für KEP-Dienstleister, aber auch für Versender und Empfänger bewährt.
Worum geht es? Der Brief- und Paketmarkt in Deutschland gehört zu den regulierten Märkten. Das aktuell geltende Postgesetz gilt seit den 1990er Jahren und wurde beschlossen, als es um die Privatisierung der Deutschen Post ging. Seitdem hat sich viel getan: Das ehemalige Staatsunternehmen ist heute eine weltweit führende Logistikgruppe und zumindest im Paketmarkt herrscht funktionierender Wettbewerb.
Obwohl die DHL mit einem Marktanteil von 49 % im Jahr 2022 (Statista) eindeutig Marktführer ist, spielen auch die Marktbegleiter eine wichtige Rolle: Flächendeckend werden täglich rund 14 Millionen Sendungen an etwa neun Millionen private, gewerbliche und institutionelle Empfängerinnen und Empfänger zugestellt. Die rund 4.000 Unternehmen der Branche erzielen laut Angaben des Branchenverbandes BPEX jährliche Umsätze in Höhe von etwa 26 Milliarden Euro. Dabei bietet sie rund 257.800 Menschen Beschäftigung (Stand 2022).
Einhaltung des Arbeitsschutzes
Gefordert wird das Subunternehmerverbot, um der Ausbeutung von Paketboten einen Riegel vorzuschieben und die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Damit wird unterstellt, dass der Großteil der Transportunternehmen gegen die geltenden arbeitsrechtlichen Bestimmungen verstößt. Ein Generalverdacht, der nicht belegt werden kann – denn obwohl der Zoll zwischenzeitlich Verstöße bei schwarzen Schafen aufdeckt, gibt es keinen Hinweis auf einen systemischen Missstand.
Tatsächlich gelten für den KEP-Markt und damit für Paketdienstleister die gleichen arbeitsrechtlichen Bestimmungen wie für jede andere Branche: Gezahlt werden muss mindestens der gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn in Höhe von aktuell 12,41 Euro, die gesetzliche Arbeitszeit liegt bei 8 Stunden (ArbZG).
Um Paketboten vor schwarzen Schafen zu schützen, wurde zudem 2019 das Paketboten-Schutz-Gesetz eingeführt. Mit dieser Nachunternehmerhaftung haften Auftraggeber für die korrekte Zahlung der abzuführenden Sozialversicherungsbeiträge und den Mindestlohn.
Ein weiteres Instrument auf dem Paketmarkt ist die Präqualifizierung von Subunternehmern durch eine akkreditierte Zertifizierungsstelle wie PQ KEP. Diese Zertifizierung wurde von der Branche selbst in Zusammenarbeit mit der Zertifizierung Bau GmbH entwickelt.
Um das Zertifikat zu erhalten, müssen Transportunternehmen Unterlagen wie die Handelsregisterauskunft, Gewerbeanmeldung, eine Eigenerklärung u.a. zur Einhaltung des Mindestlohngesetzes, Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Krankenassen der Arbeitnehmer u.a. vorlegen. Anhand dieser Unterlagen wird dann geprüft, ob das Unternehmen die fachliche und finanzielle Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit bietet, um die Vorqualifikation zu erhalten.
Interesse an langfristigen Partnerschaften
Die Zertifizierung ist freiwillig, bietet dem Transportunternehmen jedoch erhebliche Vorteile bei der Auftragsvergabe, da es sich so positiv vom Wettbewerb abheben kann. Unternehmen wie die nox Germany GmbH machen die Vorqualifizierung mittlerweile zur Voraussetzung für die Vergabe von Aufträgen. Und dies aus verschiedenen Gründen: Zum einen befreit sich das Unternehmen damit aus der Nachunternehmerhaftung, da es aufgrund der Vorqualifizierung ohne eigenes Verschulden davon ausgehen kann, dass der beauftragte Transportunternehmer seine Zahlungspflicht für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag erfüllt. Der wichtigere Grund ist aber, dass nox davon ausgehen kann, dass der Vertragspartner die vereinbarten Leistungen zuverlässig erfüllt. Denn letztendlich schadet jede nicht, zu spät oder beschädigt ausgelieferte Sendung dem Image und damit der Wirtschaftlichkeit des Unternehmens selbst.
Es liegt also im unternehmenseigenen Interesse der KEP-Dienstleister ihre Services mit zuverlässigen Transportpartnern zu erbringen. Fällt ein Transportpartner durch Nichteinhaltung von Standards auf, greifen daher interne Maßnahmen, um zeitnah Missstände zu beheben. Dies kann auch eine Aufhebung des Vertrags bedeuten.
nox versteht sich dabei als Partner der Transportunternehmen. Aufgrund der steigenden finanziellen Belastungen durch die CO2-Abgaben pro Kilometer, dem steigenden Mindestlohn etc. hat das Unternehmen von sich aus das Gespräch mit den Transportunternehmen gesucht und bestehende Verträge zugunsten der Partner geändert.
Dies geschieht durchaus im Eigeninteresse, da so langjährige Partnerschaften aufrechterhalten werden können. Denn jeder neue Transportpartner muss aufwändig in das System integriert und die Fahrer geschult werden.
Arbeitsteilige Wirtschaft sinnvoll für alle Beteiligten
Aufgaben zu delegieren, die andere besser oder effizienter erfüllen können, ist in allen Branchen Standard – die Logistik macht hier keine Ausnahme. Auch die Weitervergabe von Transportaufträgen beschränkt sich nicht allein auf die KEP-Branche, sondern ist u.a. auch bei Speditionen Standard. Für die Vergabe von Transportaufträgen greifen die Speditionen dabei entweder auf ihr eigenes Netzwerk zurück oder vergeben die Aufträge über Online-Portale.
Hier, wie auch bei den KEP-Dienstleistern, werden dabei Sendungen bzw. Fracht auf einer definierten Strecke innerhalb eines vereinbarten Zeitraums transportiert. In der Zwischenzeit kann der Transportpartner seine Fahrer und Fahrzeuge anderweitig einsetzen.
So werden im Auftrag von nox Sendungen am frühen Abend abgeholt und in der Nacht zugestellt – die Fahrer sind also in der Regel nur wenige Stunden aktiv, und das an fünf Tagen. Der Transportunternehmer kann seine Betriebsmittel aber jederzeit nutzen – beispielsweise, indem er weitere Aufträge für den Tag annimmt, die dann – je nach Arbeits-, Lenk- und Ruhezeit – von anderen Fahrerinnen und Fahrern übernommen werden. Gezahlt werden muss dann allerdings nur für ein Fahrzeug, das so optimal genutzt werden kann.
Arbeitsteilige Wirtschaft macht daher nicht nur im Speditionsgewerbe Sinn – wo ein Verbot aktuell übrigens nicht debattiert wird – sondern auch bei KEP-Dienstleistern. Fraglich bleibt allerdings, warum Speditionen und KEP-Dienstleister in diesem Punkt unterschiedlich behandelt werden sollen.
Verbot von Subunternehmern hätte gravierende Folgen
Würde sich der Vorschlag des Subunternehmerverbots durchsetzen, würde der Staat erheblich in den Markt und die gewachsenen Strukturen eingreifen. Nach Einschätzung von Prof. Dr. jur. Stefan Greiner, Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit an der Universität Bonn, würde damit der Wettbewerb stark eingeschränkt und gewachsene Unternehmensstrukturen beseitigt werden – also genau das Gegenteil dessen, was der Gesetzgeber mit der Novelle des Postgesetzes erreichen will.
In seinem Rechtsgutachten kommt Prof. Dr. jur. Greiner zu dem Schluss, dass der Gesetzgeber mit einem Subunternehmerverbot u.a. gegen die Berufsfreiheit verstoßen würde, da er anstelle der Unternehmen eine unternehmerische Kernentscheidung treffen würde. Ebenfalls rechtlich nicht haltbar ist aus seiner Sicht ein Direktanstellungsgebot, da es die Eingriffswirkung einer gesetzlichen Berufswahlregelung hätte. Neben diesen und anderen Aspekten weist er zudem darauf hin, dass der Gesetzgeber „immer das Mittel mit der geringsten Eingriffsintensität wählen muss. Ein Vertragspartnerverbot wäre allerdings das Mittel mit der höchsten Eingriffsintensität und damit unverhältnismäßig.“ Zudem stehe das Subunternehmerverbot mit „den Vorgaben des Grundgesetzes und des europäischen Rechts […]eindeutig nicht im Einklang.“ (https://bpex-ev.de/presse/meldung/rechtsgutachten-stefan-greiner-vertragspartnerverbot.html)
Unabhängig von den rechtlichen Bedenken bleibt die Frage, wie sich ein solches Verbot in der Praxis auswirken würde. Um die flächendeckende Versorgung mit Paketen aufrecht zu erhalten, müssten alle KEP-Dienstleister eigene Fahrer anstellen sowie in eine eigene Fahrzeugflotte investieren. Ob dies nach den letzten herausfordernden Jahren wirtschaftlich möglich ist, ist fraglich – allein die Investitionen in die Fahrzeuge wären erheblich und würde einem Konjunkturprogramm für die Hersteller von Transportern gleichkommen: Neue Transporter als Fahrgestell mit zwei-/Dreisitziger Fahrerkabine sind nach einer Internet-Recherche ab 38.000 Euro erhältlich. Bei 2.600 Fahrzeugen, mit denen nox pro Nacht unterwegs ist, wäre dies allein eine Investition von 98.000.000 Euro. Hinzu kämen Steuern, Versicherungen etc.
Ist die Fahrzeugflotte vorhanden – die Lieferfähigkeit der Hersteller vorausgesetzt – fehlt es noch an Fahrern. Und dies bei einem schon heute herrschenden Fahrer- und Fachkräftemangel. Dort, wo keine oder keine ausreichende Anzahl von Mitarbeitenden gefunden werden kann, ist die flächendeckende Paketversorgung nicht gegeben. Dies dürfte vor dem Hintergrund der Landflucht und zunehmenden Urbanisierung vor allem in ländlichen Gebieten der Fall sein – eine Entwicklung, die mit der Novelle des Postgesetzes eigentlich verhindert werden sollte.
Davor warnt auch der Chef der Monopolkommission Jürgen Kühling. Im März wies er im Wirtschaftsausschuss des Bundestags in Berlin darauf hin, dass es auf dem Land lokal tätige Subunternehmer gebe, die Sendungsmengen verschiedener Firmen gebündelt austragen – was hinsichtlich der Auslastung aber auch mit Blick auf ökologische Gesichtspunkte sinnvoll sei.
Sollte sich das diskutierte Subunternehmer-Verbot durchsetzen, hätten am Ende also die Versender sowie die privaten, gewerblichen und institutionellen Empfänger das Nachsehen. Sie müssten ihre Sendungen zu höheren Preisen transportieren lassen – auch dies ist etwas, was die Novelle des Postgesetzes eigentlich ausschließen sollte.
Die aktuelle Diskussion um das Subunternehmerverbot steht damit in jeder Hinsicht im klaren Widerspruch zu den Zielen der Postgesetz-Novelle.
Autorinnen:
Chantal Requard, Head of Marketing & Sales Excellence bei nox Germany
Heike Steinmetz
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