Das Jahr 2017 beginnt scheinbar wie das Jahr 2016 geendet hat: beunruhigend. Das Interview von Donald Trump mit „Times“ und „Bild“, seine Antrittsrede, aber auch die jüngsten Brexit-Pläne haben neue Befürchtungen aufgeworfen. Protektionismus und politischer Egoismus scheinen salonfähig zu werden, der weltweite Freihandel scheint gestrig oder nur im Eigeninteresse und nicht zur Friedensstiftung und weltweiten Wohlstandssteigerung sinnvoll.
Bisher bleiben die Unternehmensvertreter, insbesondere die direkt angesprochenen Automobilhersteller, noch recht gelassen. Auch wurden die Prognosen der Wirtschaftsinstitute für 2017 (noch) nicht angepasst. Sie zeichnen ein positives Bild, ähnlich wie für das Jahr 2016 zum gleichen Zeitpunkt. (Eine Auswahl siehe folgende Tabelle. Dabei wurden die Institute aufgenommen, die im Bericht der Logistikweisen 2016 aufgeführt wurden, um den Stand zum damaligen Zeitpunkt wiedergeben zu können).
Dass die Aussichten für 2017 schlechter eingeschätzt werden als für 2016, war zu erwarten. Die Prognosen der OECD für 2016 (Stand 11/2015) bzw. für 2017 (Stand 11/2016) unterscheiden sich interessanterweise nur wenig voneinander, obwohl 2017 erhebliche Einflussfaktoren auf die Entwicklung der deutschen Wirtschaft zum Tragen kommen können. Bei den Prognosen der anderen Institute sind größere Sprünge zu sehen. Trotzdem kann mit einem soliden Wachstum von 1,5 Prozent gerechnet werden, wenn man sich die verschiedenen Ergebnisse vor Augen führt.
Konkrete Einschätzungen noch schwierig
Manch Beobachter der wirtschaftlichen Lage und der politischen Veränderungen erwartet eine Aktualisierung der Prognosen dann, wenn sich die Effekte der Entscheidungen in 2016 materialisieren. Das ist auch der richtige Ansatz: wie sich das große Bild verändern wird, kann erst nach konkreten Entscheidungen und deren Umsetzung eingeschätzt werden. Insbesondere ist hier der psychologische Aspekt nicht zu vernachlässigen. Auch wenn objektiv nur kleine Bereiche betroffen sein könnten (konkret wurde bspw. ein geplanter Produktionsstandort von BMW in Mexiko genannt, der nur einen Teil seiner produzierten Fahrzeuge in die USA exportieren wird), kann dies einen großen Effekt auf die Investitionsentscheidungen von Unternehmenslenkern haben. Denn, so urteilt die Washington Post: Die Inaugurationsrede von Trump war so düster, so aggressiv und so apokalyptisch wie noch von keinem anderen Präsidenten bisher. Aktueller Wachstumsträger ist in Deutschland nicht der Export, sondern die Binnennachfrage, die auch die Investitionen in Deutschland beinhaltet. Das macht diesen psychologischen Aspekt so bedeutend.
Mannigfaltige Potenziale
Trotzdem gehen manche Unternehmensvertreter davon, dass die angekündigten Investitionen in den USA Wachstum auch für Deutschland bedeuten könnten, da die amerikanischen Unternehmen gar nicht die nötigen Produkte anbieten, um die angestrebte Re-Industrialisierung umzusetzen. So könnten doch wieder die deutschen Maschinen- und Anlagenbauer oder Automatisierungsausrüster profitieren – zumindest anfangs.
Deshalb werden die Logistikweisen ihre Prognose aus dem Herbst 2016 zunächst beibehalten, die in der Logistik ein Wachstum von 1,9 Prozent in 2017 erwarten. Wohlgemerkt stand hier als Prämisse, dass Trump mit seinen bereits damals bekannten protektionistischen Plänen nicht Präsident der USA wird. Nach dem ersten Quartal 2017 kann ein erstes Resümee gezogen werden, ob vor dem Hintergrund der Maßnahmen und Ankündigungen die Prognose für die Logistik im Jahr 2017 angepasst werden sollte. Denn einige der aufgestellten Prämissen könnten bis dahin anders eingeschätzt werden. Bis dahin sollte logistisch gesehen noch Optimismus walten gelassen werden, eine Anpassung der Prognose erscheint nicht notwendig. Dafür sind die Potenziale für neue Möglichkeiten der Geschäftsentwicklung, für innovative Ansätze zu Steigerung der Wettbewerbskraft Deutschlands und für Deutschland als „sicherer Hafen“ für Investitionen noch zu mannigfaltig – auch bei einem zu erwartendem BIP-Wachstum von im Schnitt „nur“ rund 1,5 Prozent.
Leave a Reply