Es klingelt: der Paketzusteller oder die Paketzustellerin steht vor der Tür und übergibt die erwartete Lieferung. Vielleicht ein kleines Schwätzchen, manchmal nur ein Gruß oder ein Lächeln, aber meist ein freudiger Moment, wenn man das Bestellte endlich in Händen hält. Warten muss man selten länger als 3 Tage. Die Lieferzeit wird vorab kommuniziert. Der Service ist schnell und zuverlässig. Dennoch: die letzte Meile steht im Kreuzfeuer. Zu Recht, wenn man überlegt, was vor allem in innerstädtischen Bereichen los ist. Lärme, Abgase, unzureichender Parkraum. Wirtschaft und Politik diskutieren über Zukunftsszenarien, die Abhilfe schaffen. Spätestens, wenn man über den Einsatz von Drohnen und autonomen Fahrzeugen spricht, wird die Existenz der Paketzusteller/innen in Frage gestellt. Das digitale Schreckgespenst ist jedoch nicht so unheilbringend wie gedacht. Es geht nicht um radikale Lösungen, sondern um Mischszenarien, die symbiotisch effiziente, neue Formen entstehen lassen. Unter neuen Bedingungen werden die Zusteller/innen auch weiterhin ein wichtiger Teil der letzten Meile sein.
Die Maschine als Routinier und der Mensch als kreativer Kopf
„All jene, die mit der Technologie eine Kooperation eingehen, überleben die digitale Transformation.“, erklärte kürzlich der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Erik Brynjolfsson, einer der prominentesten Experten in Sachen „Digitale Revolution“ im Rahmen eines Interviews mit der Zeit (https://www.zeit.de/2016/15/digitaler-wandel-berufe-zukunft-roboter-erik-brynjolfsson). „Maschinen brillieren in repetitiven Routinearbeiten, Menschen sind kreativ und fähig, persönliche Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen. Gemeinsam sind sie ein unschlagbares Team.“ Viele der neuen Ideen und Konzepte rund um einen emissionsfreieren und kundenorientierten Warentransport basieren auf diesem kombinatorischen Grundsatz.
Missstände auf der letzten Meile
Die Innenstädte ersticken im Verkehr, die Kunden warten genervt auf Pakete – so geht es nicht weiter. Wir brauchen Win-Win-Lösungen, von denen die Umwelt und die Kunden gleichzeitig profitieren. Letztere fordern vor allem eine schnelle und zuverlässige Lieferung, die aber bitte auch umweltpolitisch korrekt aufgesetzt ist. Drohnenlösungen sind schon längst keine Utopie mehr. Die EU hat jüngst neue Drohnen-Gesetze in Kraft gesetzt. Für den ungehinderten kommerziellen Einsatz gilt es aber noch viele Details zu klären.
Handlungsbedarf bei Transportunternehmen
Neben den Drohnen gibt es weitere spannende Ansätze, die in die gleiche Kerbe schlagen. Es geht sowohl um die Art der Vehikel als auch um die Frequenz der Fahrten. Alternativ zu Transportern kann man verstärkt Lastenräder, E-Scooter und autonome Kleinfahrzeuge auf der letzten Meile einsetzen. Bei den Transportunternehmen besteht akuter Handlungsbedarf. Die Dichte an Paket-Dienstleistern hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Es kommt nicht selten vor, dass mehrere Versender gleichzeitig in derselben Straße unterwegs sind. Eine mögliche Lösung: im jeweiligen Revier koordiniert man von einer zentralen Sammelstelle gemeinsam die Pakete zum Ziel. In der Bündelung liegt ein großes Einsparpotenzial, um die Belastungen der Luft und den gestörten Verkehrsfluss zu reduzieren. Anbieter könnten für die City-Logistik zusammen Infrastrukturen nutzen. Auch in ländlichen Bereichen wird das unumgänglich sein.
Es hängt alles davon ab, wie gut wir Menschen umschulen
Dass die Digitalisierung den Paketzustellern die Jobs wegnimmt, ist eine unreflektierte Betrachtung. Das Transportwesen muss auf unterschiedliche Konzepte setzen, um auch in Zukunft der Flut an Online-Bestellungen Herr zu werden. Die Beschäftigungsquote ist abhängig davon, wie gut wir die Menschen umschulen, sie an die Hand nehmen und in sie investieren. Die Paketzusteller von morgen müssen nicht um ihren Job bangen, werden aber bestimmt ein anderes Berufsprofil haben. Sie sind mehr koordinierend, administrativ tätig und müssen mit großen Datensätzen hantieren. In einem neuen umweltfreundlichen und serviceorientierten Kontext werden sie zu den Paketzustellern und Paketzustellerinnen 4.0.
Das analoge Lächeln am Ende der Supply Chain
Erik Brynjolfsson betont, dass in der digitalen Revolution soziale Fähigkeiten noch wichtiger werden. So vor allem in “Berufen, in denen motiviert, verkauft oder auf Menschen eingegangen werden muss. Maschinen sind nicht gut darin, persönliche Nähe zu schaffen.” Wie erstrebenswert einem das menschliche Moment in der Paketzustellung erscheint, ist definitiv ein sehr subjektiv zu bewertender Faktor. Vielleicht ist aber ein echtes Lächeln und ein bisschen persönliche Nähe zum Paketzusteller vor der eigenen Haustür für viele doch ein erhellender Moment im Alltag. Der Kundenkontakt als Marketing-Tool wird in Zukunft immer wichtiger. Die Qualität der Zustellung sollte schließlich nicht an der Anzahl der Lieferversuche gemessen werden. Ein engerer Kundenkontakt kann deutlich mehr Transparenz bezüglich Anwesenheit der Empfänger erzeugen.
Der Fahrer kennt seine Kunden
Die Informationen, die den Erfolg ausmachen, müssen so weit wie möglich auf Devices hinterlegt werden, denn wenn der Fahrer nicht da ist, hat ein anderer Fahrer nicht nur Informationen über die Route, sondern auch darüber, was zu tun ist. Er weiß, wo die letzte Anlieferung erfolgreich war, wo ein Ablageort ist etc. So kombiniert man das Prinzip “der Fahrer kennt seine Kunden” mit einer technisch unterstützten Anlieferung. Maschine und Mensch sind ein dynamisches Gespann für die neue letzte Meile. Vor diesem Hintergrund werden sich Verantwortlichkeiten und Tätigkeiten bestimmt wandeln. Sorgen um den Berufsstand machen sollte man sich nicht. Es geht mehr um Lust auf neue Inhalte und spannende Herausforderungen, einhergehend mit vielseitigen Chancen, sich in dem Berufsfeld zu entwickeln.
Wie genau ein Arbeitstag eines Zustellers oder einer Zustellerin aussieht, welche Fähigkeiten man mitbringen sollte und wie man Zusteller/in wird, erfahren Sie hier: https://www.birdiematch.de/logistik-news/berufs-check-paketzustellerinnen/
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