Digitalisierung ist der Mega-Trend der letzten 10 Jahre. Nur funktioniert unsere Aufmerksamkeit nicht so simpel, dass wir den einen Trend ständig bedenken könnten und vor uns hertragen. Diverse Krisen und Ereignisse haben Digitalisierung an einigen Stellen sprießen lassen, alles, was in irgendeiner Form mit Kontaktvermeidung zu tun hat, hat in den letzten drei Jahren einen Boom erlebt.
Videokonferenzen (hatte jede:r), Lieferdienste (auch jede:r), Online Shopping (wirklich jede:r) und auch Homeoffice oder Mobile Work sind zum neuen Standard geworden, niemand geht mehr 5 Tage ins Büro, wenn er/sie nicht muss. Auch digitale und damit kontaktlose Formate in Sales und Marketing haben eine Zeit lang gut funktioniert.
Nun ändert sich der Blick darauf, Kund:innen wollen den Verkauf wieder sehen, manche früh im Prozess, manche spät, aber es gibt wieder Meetings vor Ort. Menschen treffen sich wieder in einem Raum. Auch in der öffentlichen Verwaltung sind einzelne Bereiche in Bewegung gekommen, schlicht weil es über zwei Jahre ja kaum anders ging. Auch dort gab es eine Weiterentwicklung.
“Heimliche” Digitalisierung?
Hat Digitalisierung also „heimlich“ stattgefunden, unbemerkt, im Hintergrund? Ja, das hat sie an vielen Stellen, gar nicht unter dem Label der Digitalisierung, sondern als echter Problemlöser, der Geschäfte am Leben erhalten hat, Kolleg:innen gesund und ganze Firmen in Schwung. Nicht als vergeistigter Innovationsprozess mit einem erzwungenen Output, nein, es ging halt nicht anders, also haben wir es digital gemacht, damit es weiter geht. Trotz aller anderen Krisen (neben der mit dem Kontaktverbot) ist nichts machen ja nie eine Option gewesen, vielleicht als vorübergehende Unterbrechung, aber nicht als Dauerzustand.
Für mich ein Zeichen, dass Digitalisierung der richtige Weg ist. Überlegene Ideen setzen sich durch, auch wenn kein Fokus auf ihnen liegt, weil sie richtig sind und dem Menschen wirklich etwas bringen. Und das ist ja die größte Auszeichnung für einen Prozess, ein Produkt, eine Dienstleistung, wenn die Kund:innen das so sehr brauchen, das „mal eben“ ein neuer Prozess etabliert wird, damit es weitergeht. Und durch das Fortschreiten und eventuell auch Verfeinern der Grundsätze für die Digitalisierung wird deren Einführung leichter oder gar notwendig.
Nur “irgendwie” digital
Trotz allem bleibt das weitere Potenzial enorm. Ich habe das im eigenen Unternehmen erlebt, durch eine interne Umstrukturierung sind vor Kurzem Einheiten neu verteilt worden und ein einfacher Prozess fiel auf einmal aus den Systemen raus: Urlaub genehmigen. Bislang ganz einfach, auf dem Kalender den ersten und den letzten Tag anklicken, es geht ein E-Mail an die Vorgesetzten, die können genehmigen (oder mit Begründung ablehnen), dann folgt eine Bestätigungsmail. Simpel und schon seit Jahren digital. Nun der Aufreger: das Tool geht nicht mit in die neue Firma, wir brauchen einen Ausweichprozess! Und schnell folgte die Erkenntnis, ja, ein E-Mail ist „irgendwie“ digital, aber nicht wirklich was wir meinen und gewohnt sind. Eine gemeinsame Excel-Datei zu pflegen erst recht nicht.
Vielleicht ist es an der Zeit, zu versuchen, das Digitalisierung in die Linie rutscht, also raus aus der Verantwortung der „hippen Bartträger“, zurück zu den Ingenieur:innen und Kaufleuten und damit wieder in die normalen Hierarchie. Die Bereiche, in denen sich Digitalisierung auszahlt und einen Mehrwert bietet, in denen braucht es keinen „Chief Digital Officer“ dessen Rolle in vielen Unternehmen bis heute nicht ganz klar umrissen ist.
Mein Credo und meine Erkenntnis:
Holt die Digitalisierung aus der idealisierten Ecke heraus, wodurch jedes Projektchen zur Chefsache wurde, weil es digital und damit im Fokus war. Wo pro Bereich oder Abteilung ein digitaler Prozess hermusste, auch wenn es niemandem geholfen hat. Das zeigen die Krisen, auch ganz ohne Priorität haben sich Tools und Prozesse aus der „Digitalisierung“ einfach in unseren Alltag geschlichen, dort etabliert und sie überleben!
Weil‘s richtig und wichtig so ist und der digitale Weg analogen Prozessen überlegen. Heute sparen digitalisierte Prozesse Geld, oder halten ein Unternehmen am Leben, so werden sie eingeführt und bleiben im Einsatz, ganz ohne Idealisierung und Zusatzbudgets. Und ohne Mythos.
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