„Roboter kommen nicht zurecht mit dem Grad der Individualisierung und den vielen Varianten, die wir heute haben”, zitiert die Zeitung Die Welt Produktionschef Markus Schäfer im bei der Daimler AG. „Mercedes-Werk in Sindelfingen ‚entlässt‘ Roboter“, titelt das Medium und es ist schon eine kleine Sensation, wo die Medienberichterstattung doch voll ist von Berichten über die zunehmende Automatisierung, Digitalisierung und die Transformation hin zu Industrie 4.0. Wohin geht der Trend also wirklich? Und wie bereiten sich Unternehmen optimal vor?
Der Kunde ist und bleibt König
Der Bericht in der Welt lässt aufhorchen, denn individualisierte Produkte sind in der Automobilbranche keine Neuheit. Wenn sich Kundenanforderungen so weit in Richtung einer höheren Flexibilität und individueller Gestaltungsspielräume verschieben, dass sogar ein großer Automobilhersteller reagieren muss, wird der Einfluss eines „empowered customer“ auf einen klassischen Serienhersteller aus dem deutschen Mittelstand umso größer ausfallen. Denn Unternehmen müssen mit einem wachsenden Portfolio mehr unterschiedliche Materialien und entsprechende Sicherheitsbestände vorhalten, um die Kundenwünsche in allen Ausprägungen befriedigen zu können. Dies erhöht die Kapitalbindung und drückt letztendlich spürbar auf den Geldbeutel.
Ja, den Megatrend hin zu hochgradig individualisierten Produkten gibt es. Und natürlich ist er nicht nur in der Automobilbranche spürbar. Manch ein Start-up oder kleines Unternehmen sieht darin seine Chance und richtet sein gesamtes Geschäftsmodell auf eine agile Abwicklung volatiler Kundenanfragen aus. Man denke an Online-Händler, die beispielsweise individualisierte Schokoladenspezialitäten, persönlich zugeschnittene Urlaubsträume oder ganz individuelle Müsli-Mischungen anbieten.
Die komplexen Kundenanforderungen – gerade bei vielen Produktkomponenten – zu meistern, ist jedoch nur durch ein optimales Supply Chain Management möglich. Notwendig ist die Umstellung auf agile Prozesse in der gesamten Wertschöpfungskette, wo entsprechende Rahmenbedingungen schnelles Reagieren auf unvorhersehbare Nachfragen notwendig machen.
Individuelle Wünsche? Modularisierte Produktion!
Agilität und Anpassungsfähigkeit in der Wertschöpfungskette ist für 90 Prozent aller Teilnehmer der aktuellen candidus-Studie „Agile Supply Chains – Auf dem Weg in die Industrie 4.0?“ der zukünftig wichtigste Differenzierungsfaktor gegenüber dem Wettbewerb. Die Studienergebnisse zeigen auch: Ein modularer Produktaufbau beziehungsweise ein Baukastensystem ausgehend von der Entwicklung sind essentiell, um die Supply Chain trotz kundenindividueller Lösungen agil und kostenoptimiert auszurichten. Das Konzept beruht im Wesentlichen auf folgenden Ansätzen:
Wesentliche Ziele sind:
- Vereinfachung der Supply Chain über standardisierte Produktkomponenten und Prozesse
- Sicherstellung einer maximalen Marktnähe auf Basis eines breit aufgestellten Produkt- und Variantenprogramms
- Bestandssenkung und Kostenoptimierung durch Bündelungs- und Volumeneffekte
- Verkürzte Entwicklungs- und Produktionsdurchlaufzeiten
Handlungsempfehlungen:
- Es ist ratsam, die Produktion der Komponenten möglichst lange standardisiert durchzuführen und erst zu einem möglichst späten Zeitpunkt kundenspezifisch Varianten zu bilden.
- Ob und wann ein Bauteil ganz oder teilweise vom Standard abweichen darf, sollte primär nach Kundennutzen entschieden werden. Liegt ein hoher Kundennutzen eines einzelnen Elements vor, ist auch ein hoher Aufwand für die Produktion der Komponente gerechtfertigt. Übersteigt der Kundennutzen Kosten und Aufwand in der Supply Chain sogar, ist eine Neuentwicklung gerechtfertigt.
- Damit Modularisierung im Unternehmen funktioniert, müssen bei der Entwicklung frühzeitig die Anforderungen sämtlicher relevanter Abteilungen, etwa Einkauf oder die Montage (Design-to-Manufacture) einbezogen werden.
- Die Sicherstellung der definierten modularen Struktur auf Applikations- und Kundenseite sollte über IT-gestützte Konfigurationsprozesse erfolgen.
Chancen der Digitalisierung nutzen
Agilität im Supply Chain Management wird auch künftig ein Top-Managementthema und entscheidender Differenzierungsfaktor bleiben. Industrie 4.0 und Digitalisierung fungieren hierbei als Enabler und helfen Unternehmen bei der Wandlung hin zu agileren Strukturen. Technologietrends wie Big Data oder die „Smart Factory“ bieten großes Potential dafür, ein agiles Supply Chain Management umzusetzen. Dazu zählt beispielsweise der immer fortschrittlichere 3D-Druck, durch den sich kundenindividuelle Komponenten je nach Anforderung produzieren lassen, ohne dass eine Bevorratung von Materialien notwendig ist. So unterstützt Technologie den Management-Ansatz einer modularisierten Produktentwicklung, mit dem sich Unternehmen optimal auf den Megatrend der individualisierten Kundenanforderungen reagieren können.
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