Wie wir miteinander stärker und widerstandsfähiger werden können.
Wie kann ich bei mir selbst, z.B. als Projektverantwortlicher, als Führungskraft, psychische Stabilität, die sogenannte Resilienzfähigkeit steigern und in meinen Teams gezielt fördern?
Dass dies heute immer notwendiger wird, steht außer Frage. Denn wir Führungskräfte und Fachkräfte sehen uns mit immer schneller aufeinander folgenden, komplexen Herausforderungen konfrontiert. Wer hierbei nicht „stabil“ bleibt, kann erst recht nicht kompetent, flexibel und kreativ denken und handeln.
Wenn wir davon ausgehen, dass Teamleitende und Führungskräfte dafür verantwortlich sind, „Symptome“ im Sinne von Störgefühlen und Überlastungen einzelner oder ganzer Teams zu erkennen, dann sollten wir erst einmal auf uns selbst schauen. Denn das, was Verantwortliche vorleben und an eigenem Verhalten in der Führungsrolle zeigen, überträgt sich – häufig unbewusst – auch auf das Team. Wenn Sie als verantwortliche Führungskraft häufig über Ihre eigenen Energie Grenzen hinaus gehen, wird es schwer für Mitarbeitende
- überhaupt mitzuhalten
- früh genug zu sagen, dass es ein „zu viel“ für sie gibt
Und dies „zu viel“ ist sehr individuell. Die einen können aus einer intrinsischen Leistungsmotivation und einem hohen Kompetenzempfinden und Zutrauen viel leisten. Andere Mitarbeitende haben ggf. andere wichtige Motive und Stärken und können es in dieser Richtung eben nicht so auf das Niveau der Führungskraft oder das anderer KollegInnen schaffen. Wohlgemerkt in dieser Richtung. Das macht sie nicht zu weniger guten PerformerInnen. Sie performen dafür einfach in anderen Bereichen gut, wie zum Beispiel über eine intrinsische Beziehungsmotivation für gute Verbindungen, wenig Störung und gute Stimmung im Team zu sorgen.
Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang immer die stetige Selbstreflexion in der eigenen Rolle/Führungsrolle. Denn wenn ich selbst kein Gespür dafür habe, wie oft ich über meine eigenen Grenzen gehe, dann kann ich es auch nicht gut bei anderen erkennen.
Dies können Fragen sein, die ich mir selbstkritisch stellen kann:
- Wie geht es mir gerade wirklich? Woran kann ich es festmachen – wie spüren?
- Wie hoch ist mein Erschöpfungsgrad am Ende des Tages?
- Wie gut mache ich zwischendurch Pausen?
- Wie gut steht es um mir wichtige Parameter wie z.B. Ernährung, Schlaf, abschalten können, Zeit für mich haben und das, was mit Freude macht…?
- Wieviel Freude macht mir grad meine Arbeit überhaupt?
- Wie stark kreise ich um negative Themen, ohne sie wieder in optimistische, zuversichtliche Gedanken wenden zu können?
- Wie sehr habe ich das Gefühl, noch selbstwirksam und handlungsfähig zu sein?
Und wenn ich dies für mich klar habe, dann kann ich es auch besser zu meinem Team in Kommunikation bringen, z.B.
„Ich merke aktuell an mir selbst, dass die zahlreichen echt herausfordernden Themen wahnsinnig viel an Energie ziehen. Ich muss jetzt gut aufpassen, dass ich nicht in eine Überforderung gerate und merke, dass ich sehr gut priorisieren muss…“
Fragen an das Team, könnten dann sein:
- Wie geht es euch gerade?
Wie ist eure Energie?
Wie ist eure Stimmung? - Wo habt ihr das größte Störgefühl aktuell?
- Was macht euch gerade Freude bei der Arbeit?
- Wo seht ihr gerade die größten Herausforderungen und wie stark schätzt ihr sie ein?
- Und wie genau kann ich euch da aus meiner Rolle, meinem Verantwortungsbereich heraus effektiv unterstützen?
Dass dies alles durchaus notwendig ist, sehen wir beispielsweise an hohen Krankenständen – mit oftmals auch psychosomatischen Faktoren, die da eine immer größere Rolle spielen. Überforderung, bis hin zu Burnout Erkrankungen, sind keine Seltenheit.
Wichtig ist: diese Phänomene entstehen nicht aus dem Nichts, sondern sie bahnen sich an und könnten präventiv abgewendet werden. Es gibt, neben der ehrlichen Eigenreflexion und der guten offenen Kommunikation ins Team, auch diagnostische Verfahren, die als Hilfestellung dienen. Zum Beispiel wissenschaftlich fundierte Potentialanalysen (PSI Potentialanalyse), die Stressphänomene zeigen und die eigene Einschätzung, ob sich der Mensch aktuell in der Lage fühlt, damit effektiv umzugehen (eigenes Selbstmanagement).
Der Maslach Burnout Inventory“ (MBI) beispielsweise gilt als eins der diagnostischen Instrumente für Burnout Erkrankungen. Er erfasst drei Dimensionen des Burn-out-Syndroms:
- Emotional exhaustion (zumeist als “emotionale Erschöpfung” übersetzt) erfasst das Selbsterleben der Befragten als emotional überspannt und erschöpft durch ihre Arbeit.
- Depersonalization (“Depersonalisation” oder besser: “Unpersönlich sein”) erfasst einen unemotionalen und unpersönlichen Umgang der Befragten mit AnsprechpartnerInnen, KundInnen, KollegInnen, zum Beispiel im Team.
- Personal accomplishment (Persönliche Zielrealisierung bzw. Zielerreichung) erfasst das Erleben von Kompetenz und erfolgreicher Leistung bei der Arbeit.
Wir sehen hier, dass es ganz viel darum geht, das persönliche Erleben bewusst wahrzunehmen. Das bedeutet für die Person selbst, zu spüren bei sich, was los ist und auch von außen angemessenes Feedback zu bekommen. Eben dann, wenn Führungskräfte merken, dass einzelne oder ganze Teams möglicherweise an sich selbst zweifeln, sich zurück ziehen, offensichtlich erschöpft wirken, dünnhäutig und sehr emotional oder emotionslos reagieren, vermehrt Konflikte untereinander entstehen etc. pp.
Führungsaufgabe ist, dies wahrzunehmen und zu beobachten. Und dies setzt Anwesenheit bzw. stetigen Kontakt über gutes Feedback zum Team voraus.
Gezielte Selbstführungskompetenzen und moderne Führungsfähigkeiten des systemischen Denkens und Handelns können hier gut unterstützen – bei der psychischen Stabilität aller in unserer komplexen Arbeitswelt.
Eine Übung zum sogenannten Selbstzugang könnte sein:
- Wenn du über deine Gefühle nachdenkst, die du in der letzten Zeit meistens hattest: Welche hattest du? Merkst du diese Gefühle auch manchmal in deinem Körper?
Manche Leute sagen z.B. „Ich habe Schmetterlinge im Bauch und mir wird ganz warm ums Herz“ (wenn sie jemanden besonders gerne mögen) oder: „Meine Brust, mein Herz tut weh“ (wenn sie z.B. traurig sind) oder „Ich habe einen Kloß im Hals/es schnürt mir die Kehle zu“ (Angst) oder „Mir schwillt der Kamm“ (Wut) oder „Da krieg ich ein Grummeln im Bauch“ (Ärger oder Sorge) oder „Das versteinert mir echt die Miene“. (Schock oder Wut) oder „Da lachen die Augen.“ (echte Freude)… Daran merkt man, dass sich ein Gefühl im Körper zeigt.
- Merkst du diese Gefühle in deinem Körper?
(gar nicht) 1 2 3 4 5 6 7 (sehr intensiv) - Kannst du diese Gefühle benennen?
(überhaupt nicht) 1 2 3 4 5 6 7 (ja, sehr deutlich)
Gefühle wahrnehmen zu können, sie nicht zu verdrängen u.a., ist wichtig, um überhaupt an die eigene sogenannte Selbstregulationsfähigkeit heranzukommen. Wenn ich Regler nicht bemerke, kann ich sie auch nicht bedienen. Und Gefühle sind Regler und Hinweisschilder auf unsere eigentlichen Bedürfnisse und Anliegen!
Bei Störgefühlen oder in Konfliktsituation könnten Sie folgende 4 Schritte einmal durchgehen:
Vor allem dann, wenn es sich um negative Emotionen wie zum Beispiel Ärger und Angst handelt, lohnt es sehr, sich erst einmal über diese 4 Zugänge und die damit verbundenen Fragen selbst „herunter zu regeln“. Um dann angemessen im Umfeld reagieren und in eine lösungsfokussiertere und konstruktive Kommunikation mit anderen gehen zu können. Dies ist eine der vielen Methoden im Bereich der Selbstführung und systemischer Möglichkeiten.
Wenn mehr Menschen gut auf sich achten und über gute Selbstführungsfähigkeiten verfügen, sich auch gegenseitig helfen, diese zu entwickeln und zu fördern, dann werden wir alle miteinander stärker und widerstandsfähiger.
Holen Sie sich hier gern noch weitere Impulse beim systemiker Webinar:
Stress lass nach!
Wie wir miteinander stärker & widerstandsfähiger werden können
3. Dezember 2024, 11-12 Uhr
https://www.bvl.de/service/webinare/sendeplan/stress-lass-nach-wie-wir-miteinander-staerker–widerstandsfaehiger-werden-koennen
Verena Arnhold, die systemiker
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