„Krisen!“
Dies scheint leider die Losung unserer Zeit zu sein.
Und wie es in Krisen so ist: die Menschen sehnen sich nach Ruhe, Stabilität und jemandem Starken, der den Ausweg daraus weiß. Gleichzeitig wächst die Erkenntnis, dass die hoch komplexen Herausforderungen immer weniger mit nur aus ein oder zwei Perspektiven erdachten Ideen einzelner zu lösen sind. Und Fachkräfte, die kompetent mitdenken und handeln könnten, sind häufig schwer zu bekommen!
Es ist eine doppelte Herausforderung, sich als Führungskraft noch mehr von Macht und Kontrolle und einem alleinigen Verantwortungsanspruch lösen zu müssen, bei gleichzeitiger Notwendigkeit, das Unternehmen für junge Leute attraktiver zu machen.
Die Zeiten des „unsere Führungskraft regelt das schon“ sind vorbei und moderne systemische Führungskompetenzen werden notwendig – um vor allem auch die wichtigen Fachkräfte der Generation Z zu erreichen.
Diese Kompetenzen bauen im systemischen Arbeits- und Führungsansatz aufeinander auf:
Die Herausforderungen und Aufgaben sind definitiv zu viele und zu vielschichtig geworden, für nur wenige Verantwortliche und „MacherInnen“.
Ähnlich wie ein zu groß gewordenes Orchester, das nur ein Dirigierender gar nicht mehr überblicken und damit auch nicht mehr führen kann. Es bedarf mehrerer Dirigierender, die bestimmte Instrumente im Blick haben. Und es bedarf auch – im oft unübersichtlichen (remote) Chor – des Vertrauens darauf, dass die einzelnen Stimmen gar nicht so falsch klingen werden. Diese benötigen bestenfalls nur (ab und an) einen Hinweis, im Sinne einer klaren Absprache mit den Leitenden. Dann sind die Mitspielenden selbst auch motiviert genug, in Aktion zu kommen – um ihr Bestes zu geben.
Aus dieser Metapher ergeben sich folgende wichtige Aspekte des systemischen Arbeitens und Führens:
- Selbstreflexion & Selbstregulation
- Eigenverantwortung
- Eigenmotivation
Zur Situation.
Gestörte Lieferketten – seit einigen Jahren scheint die Logistikwirtschaft am Anschlag: Corona, „Evergiven“ liegt quer im Suezkanal, Frachtraten, Chipmangel, Fachkräftemangel, erschwerte Führung von Teams, die über mehrere Standorte oder sogar Länder verteilt sind, neuer KI-Einsatz, stressgeplagte und überforderte Teams mit zu vielen belastenden Themen…
Das zentrale Thema scheint die nun stark spürbare „permanente Veränderung“ aufgrund sich ständig ändernder Anforderungen und Probleme, die die Lieferketten stören und daher „pronto“ gelöst werden müssen!
Das Thema mit dem „pronto“.
Wie schon angedeutet, sehnt sich die menschliche Psyche und damit auch die von Führungskräften und Mitarbeitenden in Krisen, in Unsicherheit und Instabilität vor allem nach einem, dem Gegenteil: Sicherheit, Kontrolle und dem damit einhergehenden Quantum „mehr Wohlbefinden“. Und genau das ist oft das Dilemma. Denn durch die stetig neuen Anforderungen geraten Mitarbeitende und Führungskräfte eher in einen Zugzwang, sofort zu reagieren, zu machen und anzuweisen. Dies führt oft dazu, dass scheinbar immer noch schneller immer noch mehr neue Themen abgearbeitet werden sollen, um wenigstens das Gefühl zu haben, die Dinge noch „im Griff zu haben“. Die Konsequenz: wenig Achtsamkeit für die Komplexität der Themen, zu oberflächliche Bearbeitung und dadurch provozierte Fehler, viel Stress für alle und vor allem, wenig Führungsqualität im Sinne des partizipativen Führens. Am Ende bestimmt doch wieder weitestgehend nur einer, die kontrollierende Führungskraft. Und befindet sich damit häufig selbst in kompletter Überforderung!
Systemische Haltung und systemisches Denken.
Jede/r im Team ist wichtig und sollte gehört werden, weil er/sie aus der eigenen Expertise gute Beiträge liefern kann.
Eine weitere wichtige Erkenntnis im systemischen Denken ist unserer Ansicht nach die, dass Ungewissheit das Normale ist und dass wir die Dinge sowieso nicht kontrollieren können. Daher stellt sich auch die Frage, wie „Planen“ als Management-Kompetenz heute anders gedacht und gestaltet sein sollte…
Dieser Aspekt des „im Moment und mit Ruhe handlungsfähig sein“, ist auch ein Teil der vielbeschworenen Resilienz und dem damit einhergehenden Optimismus, dass Dinge lösbar sind. Wir können nur „im Moment“ das Beste aus der Situation machen, mit aller guten Absicht und den Potentialen aller, die da sind. Diese Menschen gilt es vor allem zu schätzen und zu erkennen, um gemeinsam gute Lösungen zu finden und sich miteinander zu bestärken:
Fragen Sie sich als Führungspersönlichkeit:
Wie gut reflektieren Sie sich regelmäßig in diesen wichtigen Fähigkeiten und Fertigkeiten?
Auf einer Skala von 1-10 (1 = weniger gut – 10 = sehr gut):
- Wie gut kann ich andere Meinungen zulassen (wenn sie meiner eigenen z.B. auch erst einmal gar nicht entsprechen)?
- Wie gut lade ich gerade andere Meinungen als die meinige in einen ergebnisoffenen, aufmerksamen Dialog ein?
- Wie gut kann ich wirklich andere machen lassen (ohne in meinem Sinne zu kontrollieren) und ihnen dadurch das Vertrauen in ihre Kompetenz geben?
- Wie gut kann ich es zulassen, dass andere übernehmen, selbst wenn dies bedeutet, dass (natürlich) Fehler passieren können?
Hand aufs Herz:
Was denken Sie, wie wichtig diese Fertigkeiten als moderne Führungskraft sind, um jungen Menschen einen für sie attraktiven Arbeitsplatz zu bieten?
Unterstellen wir der Gen Z, dass sie eben nicht faul, sondern für sich selbst motiviert ist, indem sie dafür sorgt, für sich sinnvoll erlebte Tätigkeiten zu tun, dann sind diese Fähigkeiten Gold wert!
Dies bedeutet: Attraktiv für junge Fachkräfte zu sein, beginnt bei der eigenen Führungshaltung und dem eigenen Führungsverhalten.
Und damit sind wir wieder bei unserem vielstimmigen Orchester anbelangt:
Die erste Geige sind nicht Sie allein als Führungskraft. Sie haben vielmehr das gesamte Orchester im Blick. Bei voller Anerkennung der Kompetenz der einzelnen AkteurInnen. Bei voller Verantwortung in den eigenen Rollen. Bei guter Motivation für das komplexe Gesamtwerk, was sich nur aus ausreichend großen Spielräumen für die einzelnen Instrumente ergeben kann –
die gut gehört werden sollten. Damit es ein erfolgreiches Stück wird!
Folgen Sie uns genau zu diesem Thema im BVL-Webinar am 21. Juni 2024.
Verena Arnhold – Ihr systemiker Team (www.die-systemiker.de)
Toll geschrieben! Wie häufig ich schon gehört habe, die Arbeit gefällt mir gut, nur der Vorgesetzte nicht. Das ist gefühlt einer der häufigsten Kündigungsgründe. Es ist ganz wichtig, dass sich jeder verantwortlich fühlt und will, dass alles reibungslos läuft, das entlastet ja dann wiederum auch die Führungskräfte. Dafür muss man Ihnen aber auch das Gefühl geben, dass sie geschätzt und ihre Sorgen ernst gemeint werden. Unser Chef hat der ganzen Etage höhenverstellbare Stehtische bestellt, nachdem bei zwei Teammeetings angesprochen wurde, dass viele körperliche Beschwerden haben, aufgrund dem ganzem Sitzen. Zeigt, dass ihm die Mitarbeiter nicht egal sind.