Zwischen langjähriger Unternehmenshistorie und den Anforderungen einer neuen, vernetzten Arbeitswelt stehen besonders Familienunternehmen vor der Frage, wie sie die Digitalisierung vorantreiben und gleichzeitig ihre eigene Identität bewahren. Was auf den ersten Blick als zwei entgegenwirkende Marschrichtungen erscheint, entpuppt sich als attraktive Symbiose. Heute tragen Familienunternehmen einen wesentlichen Teil zur Wirtschaftskraft in Deutschland bei. Viele scheinen in ihrem Spannungsfeld zwischen Fortschritt und traditionellen Werten, den richtigen Weg gefunden zu haben. Mittelständische Logistiker gewinnen zunehmend Global Player für sich.
Hohe Bedeutung für die deutsche Volkswirtschaft
Nach Untersuchung der Stiftung Familienunternehmen waren in den vergangenen Jahren 86 bis 91 Prozent aller Firmen familiengeführt. Mit 42 bis 55 Prozent am Gesamtumsatz leisten sie einen wesentlichen Beitrag zur Wertschöpfung der größten Volkswirtschaft in Europa. Für die Top-500 Traditionsunternehmen in Deutschland arbeiten weltweit rund fünf Millionen Menschen, die Zahl der Beschäftigten im Inland liegt bei 3,17 Millionen. Das Umsatzwachstum der Konzerne erhöhte sich zeitgleich um mehr als vier Prozent, während andere DAX-Unternehmen lediglich Raten von 0,9 Prozent aufweisen. Familienunternehmen sind das Rückgrat unserer Volkswirtschaften. Sie schaffen Arbeitsplätze, stabilisieren die Wirtschaft, engagieren sich für ihre Region und Gesellschaft und stellen ihre Innovationskraft tagtäglich unter Beweis. Ihrer Flexibilität bei gleichzeitiger Standhaftigkeit ist es zu verdanken, dass zentrale europäische Volkswirtschaften, allen voran Deutschland, Österreich und die Schweiz, besser durch die Krise kommen als andere Länder.
Auf Familienunternehmen ist Verlass
Vielleicht ist es einfach das Vertrauen, das ein Familienunternehmen bei einem Global Player weckt. Die Kontinuität der hohen Servicequalität, die über Generationen angesammelte Expertise, die Loyalität und Motivation der Mitarbeiter. Es gibt viele Faktoren, die für ein Familienunternehmen als Business Partner sprechen. In den vergangenen zehn Jahren haben sich mehr als 50 Universitätsinstitute mit dem Thema „Family Businesses“ beschäftigt. Die UBS beispielsweise hat im vergangenen Jahr eine sehr umfangreiche Vergleichsstudie über zehn Jahre mit Schwerpunkt Europa und Asien erstellt. Im Ergebnis weisen von Familien kontrollierte Unternehmen eine bessere Wertentwicklung auf. Dass es sich dabei nicht nur um kleine Unternehmen handelt, zeigen Namen wie Wal-Mart, Google, Oracle und Facebook in den Vereinigten Staaten oder Novartis, Roche, L’Oreal, SAP und BMW in Europa.
Erfolgreich sein für die nächste Generation
Entscheidender Vorteil: eigentümergeführte Unternehmen zeichnen sich oft durch einen längeren Zeithorizont in ihrer Geschäftspolitik aus. Sie denken nicht an den nächsten Quartalsbericht, sondern an die nächste Generation. Die vergleichsweise mäßige Personalfluktuation sorgt dafür, dass verlässliche Abläufe gewährleistet bleiben. Unter diesen Bedingungen können Unternehmen langfristige Innovationen besser vorantreiben. Zudem grenzen sie sich durch ihr gesellschaftliches und persönliches Engagement sowie ihre regionale Verankerung von international tätigen Konzernen positiv ab.
Zu seinen Werten stehen aber nicht stehen bleiben
In Deutschland gibt es die meisten Familienunternehmen im Bau- und Gastgewerbe sowie im Handel. Die Logistikbranche folgt dicht dahinter und zeigt, dass heute viele Global Player gern mit alteingesessenen Mittelständlern zusammenarbeiten. Sie verlassen sich nicht nur auf ihr traditionell gutes Business, sondern auch auf ihre Flexibilität. Erfolgreiche Familienunternehmen haben eins gemeinsam. Sie stehen zu ihren Werten, aber sie bleiben nicht in ihnen stehen. Wer in alten Systemen verharrt, kommt nicht weiter. Wer frischen Wind hineinlässt, sich dabei aber selbst treu bleibt, ist auf der richtigen Spur. Vor allem in Deutschland heben Familienunternehmen ihre höhere Innovationskraft und Einstellung zum Risiko als Differenzierungsmerkmal hervor.
Arbeit, Tradition und Innovation verbinden
Innerhalb kurzer Zeit kluge Lösungen vorschlagen und umsetzen. Für große Konzerne ist es wichtig, auf aktuelle Entwicklungen flexibel zu reagieren. Die Dynamik in Lager- und Logistikprozessen ist durch die Digitalisierung nochmals deutlich gestiegen. Produkt- und Absatzmärkte drehen sich im Rekordtempo. E-Commerce verändert Verbrauchergewohnheiten und Vertriebswege. Angebote müssen immer und überall verfügbar sein. Hier wird Familienunternehmen echte Logistik-Expertise abverlangt. Entscheidend ist der ganzheitliche Ansatz. Immobilien, Ressourcen, Prozesse, Mitarbeiter, Lagerung, Distribution – sie müssen alles im Blick haben. Sowohl die Werte der Vergangenheit als auch sämtliche Zukunftsvisionen spielen eine Rolle. Erfolgreiche Familienunternehmen haben sich längst einer Frischzellenkur unterzogen und setzen neue Maßstäbe in punkto Nachhaltigkeit, dezentraler Struktur, Wachstum und Innovationskraft. Sie halten allemal mit den Großkonzernen mit und bieten Startups auch bezüglich Digitalisierungsthemen die Stirn.
Die richtigen Antworten finden
Es lohnt sich, offen für Neues zu sein und viel Mut zu haben. Wir müssen ständig Antworten auf den fortschreitenden Automatisierungsgrad der Industrie finden. Wenn wir weiterhin Traditionelles und Zukunftsweisendes verbinden, treten Familienunternehmen auch in Zukunft in die Dienste der ganz Großen. Langjährige Erfahrung, fundiertes Marktverständnis, der hohe Anspruch an Kundenservice bilden den perfekten Nährboden für das Umsetzen der neuen digitalen Ansprüche. Unbedingt müssen wir dafür Sorge tragen, dass der Fach- und Führungskräftemangel nicht zu einem reglementierenden Faktor für das Branchenwachstum wird. Die IT-Kompetenz von Logistikern wird immer wichtiger und stellt unsere Branche zunehmend vor Herausforderungen. Als Familienunternehmen hat man jedoch die besten Voraussetzungen, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Fairer Umgang, beste Aufstiegsmöglichkeiten und eine familiäre Atmosphäre sind einige Gründe, warum viele Mitarbeiter schon sehr lange ihren Unternehmen die Treue halten. Das ist wichtig. Um erfolgreich zu sein, brauchen wir vor allem kompetente Mitarbeiter, die etwas bewegen wollen. Nur mit ihnen gelingt es, die Servicequalität auf hohem Niveau zu halten.
Über Yeliz Kavak-Küstner
Yeliz Kavak-Küstner ist Leiterin Marketing, PR & New Business bei pfenning logistics, einem der führenden Kontrakt- und Handelslogistiker in Deutschland. Seit 2012 im Unternehmen hat die studierte Sprach- und Kulturwissenschaftlerin zahlreiche Maßnahmen zur Neuausrichtung des Logistikers realisiert, darunter eine Employer Branding-Kampagnen für Lkw-Fahrer und die Positionierung eines Logistikzentrums nach DGNB Platin-Standard. Erste Logistik-Station in ihrer Marketingkarriere war das Unternehmen GEODIS. Für GEODIS Deutschland hat sie die Marketingkommunikation als eigene Abteilung aufgebaut.
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