Donald Trumps zweite Präsidentschaft und seine Pläne können den internationalen Handel und die globalen Lieferketten erheblich durcheinanderbringen. Beobachtung, Analyse und Vorbereitung sind gefordert. International tätige Produktions-, Handels-, Marken- und Logistikunternehmen müssen sich auf die Veränderungen vorbereiten. Die erwarteten Maßnahmen der Trump-Administration werfen Fragen zu Handelsdynamiken, der Resilienz von Lieferketten, der zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit der USA, der Position Europas und anderer US-Verbündeter, der Reaktion Chinas und anderer asiatischer Staaten sowie zur Versorgungssicherheit von Unternehmen und Ländern generell auf.
Während die USA die Abhängigkeit von chinesischen Importen verringern, steigt diese in Deutschland und anderorts, was divergente Strategien in Lieferketten verdeutlicht. Zölle und potenzielle Einfuhrbeschränkungen unter Trumps Administration könnten die Handelsbeziehungen weltweit weiter und schneller umgestalten. Andererseits lassen akademische Analysen erwarten, dass internationale Beschaffungs- und Liefernetzwerke trotz dieser Herausforderungen robust bleiben. Waren finden gewöhnlich ihren Weg. Im Jahr 2024, hat sich der globale Handel trotz vieler Herausforderungen leicht erholt.
Dieser Artikel beleuchtet die erwarteten Veränderungen im weltweiten Handel, deren potenzielle Auswirkungen auf die Lieferketten, und Strategien, die Unternehmen anwenden können, um sich in diese dynamisch wandelnde Welt der Lieferketten und Warenströme positiv einbringen zu können.
Der aktuelle Stand der Lieferketten
Bereits eingeführte US-Importzölle und die COVID-19-Pandemie, aber auch der Technologiefortschritt und Nachhaltigkeitsbestrebungen, haben in den letzten Jahren eine teilweise Rückverlagerung von Produktionsstätten bewirkt – also die Verlagerung der Produktion näher zum Heimatmarkt, insbesondere in Nordamerika. Ein teilweiser Rückzug aus dem Mainland sowie „China+1, 2, n“ Strategien trugen ebenfalls zum Wandel globaler Netze bei. Gleichzeitig hat China erheblich im Ausland investiert, insbesondere in die Fertigung. In Südostasien resultierten diese Wirtschaftsbestrebungen chinesischer Unternehmen im Jahr 2023 in ausländischen Direktinvestitionen in der Region in Höhe von 24 Milliarden US-Dollar.
Laut einer Umfrage des Hong Kong Trade Development Council aus dem Jahr 2023 wollen fast 90 Prozent der befragten chinesischen Unternehmen global expandieren, und mehr als 70 Prozent äußerten Interesse an Schwellenländern, die dadurch einen Wachstumsschub erfahren könnten.
Die Weltwirtschaft bleibt von einem hohen Grad an Vernetzung globaler Produktions-, Handels- und Logistiknetzwerke geprägt. Dies liegt in der Nähe zu Absatzmärkten, Kostenvorteilen, Investitionsanreizen, und der Tatsache, dass es in der Welt verschiedene Kompetenzzentren und spezialisierte Eko-Systeme gibt, begründet. China ist dabei das Produktionszentrum der Welt, es ist äußerst leistungsstark und flexibel. Automobilhersteller wie Volkswagen, BMW und Mercedes sind auf chinesische Zulieferer für kritische Komponenten angewiesen, darunter Batterien, elektronische Bauteile und Halbleiterchips.
Unternehmen hatten bereits vor Trumps Wahl begonnen ihre Lieferketten von China zu diversifizieren, dies aber nicht als Reaktion auf politische Veränderungen, sondern um generell Supply Chain Risiken zu vermindern und Wettbewerbsvorteile aufzubauen. Zaras Muttergesellschaft Inditex hat Nearshoring genutzt, indem etwa 10 % der Kleidung in nahegelegenen Ländern wie Marokko und der Türkei produziert werden. Diese Nähe ermöglicht es Zara, schnell auf sich ändernde Modetrends zu reagieren und das Inventar effektiv zu verwalten, wodurch Überproduktion und Abfall minimiert werden. Die Fähigkeit des Unternehmens, sich schnell an die Marktanforderungen anzupassen, war ein entscheidender Faktor für seinen Erfolg.
Anpassungsdruck und Handelsbeziehungen
Vorgeschlagene Importzölle von 10 % bis 60 % auf Importe in die USA aus verschiedenen Ländern, insbesondere China, könnten diejenigen Branchen erheblich beeinträchtigen, die auf grenzüberschreitenden Warenaustausch angewiesen sind. Trumps „America First“-Politik könnte Nearshoring oder Onshoring von Produktionsbetrieben fördern und Unternehmen dazu bewegen, ihre Beschaffungsstrategien anzupassen.
Ein möglicher Zoll von 25 % auf Importe aus Kanada und Mexiko könnte die nordamerikanischen Lieferketten erheblich stören. In Branchen wie Landwirtschaft und Automobilindustrie, die auf grenzüberschreitenden Handel innerhalb Nordamerikas angewiesen sind, könnten unter Kostennachteilen und Konsumenten unter Preiserhöhungen für Güter wie Avocados und Rindfleisch leiden.
Die vorgeschlagenen Zölle von Trump, insbesondere die hohen Sätze (bis zu 60 %) für China, aber auch eventuelle Zölle auf europäische Waren, könnten die Europäische Union (EU) dazu motivieren, ihre Handelsbeziehungen zu China zu stärken. Auch Japan und Südkorea werden wahrscheinlich strategisch auf die von den USA verhängten Zölle reagieren, was stärkere Beziehungen zur EU fördern könnte. Deutschland kann als wichtiger EU-Markt und mögliches Gateway zu einem der weltweit größten Absatzmärkte, von solchen Entwicklungen profitieren. Die Chancen müssen allerdings in Berlin und Brüssel genutzt werden
Mögliche Unternehmensstrategien
Lieferketten variieren von Branche zu Branche und Unternehmen zu Unternehmen. Organisationen können sich auf Veränderungen sowie potenzielle Volatilität, Störungen und Schocks vorbereiten, indem sie resiliente Prozesse sicherstellen und regulatorische Entwicklungen beobachten sowie die Auswirkungen von Ankündigungen analysieren. Nachfolgende Maßnahmen können aus diesem Sichtwinkel von großer Wichtigkeit sein:
- Visibility von Lieferketten sicherstellen: Investitionen in neue Technologien wie IoT, KI und Datenanalytik zur Verbesserung der Echtzeitüberwachung und operativen Effizienz erhöht die Reaktionsfähigkeit.
- Starkes Eko-System erweitern: Bestehende Beziehungen stärken und neue Partnerschaften in verschiedenen Regionen aufbauen, um Alternativen generieren und gemeinsam besser agieren zu können.
- Lieferketten diversifizieren: Die Abhängigkeit von einem einzelnen Lieferanten und einem Land oder einer Region verringern, um einen Totalausfall zu vermeiden. Dies erfordert umfangreiche Kenntnisse der eigenen Produkte und verwendeten Materialien und Teile sowie des Lieferantenangebots.
- In lokale Produktion investieren: Nearshoring-Optionen evaluieren, um internationale Handelsrisiken zu minimieren und schneller auf Marktnachfragen reagieren zu können.
- Zölle und Einfuhrbeschränkungen beobachten: Auswirkungen analysieren und falls erforderlich Beschaffungs-, Produktions-, Vertriebs- und Preisstrategien anpassen.
- Regulatorische Entwicklungen verfolgen: Änderungen in den Handelspolitiken einzelner Länder analysieren und Bemühungen, die auf die Politik, beispielsweise in Brüssel, positiven Einfluss nehmen, unterstützen.
- Risiken kontinuierliche monitoren: Die globale Supply Chain ist ein komplexes System, welches von zahlreichen anderen Systemen beeinflusst wird. Daher ist ein breitangelegtes Risikomanagement in Zeiten hoher Dynamik ein kritischer Erfolgsfaktor.
Natürlich stehen für die aufgeführten Maßnahmen technologische und Software-Lösungen, sowie externe Dienstleister zur Unterstützung zur Verfügung. Einige Maßnahmen können und sollten Unternehmen nicht selbst übernehmen. Dazu zählen die umfangreiche Früherkennung von Risiken in der Supply Chain, das Sammeln von Informationen über alternative Lieferanten sowie fundierte Prognosen zur Entwicklung von Frachtraten.
Kontinuierliche strategische Reflektion
Trotz obiger und anderer proaktiver Maßnahmen bleiben bestimmte Entwicklungen unvorhersehbar. Führungswechsel können abrupt zu handelspolitischen Veränderungen führen, die etablierte Lieferketten durcheinanderwerfen können. Faktoren – wie Inflationsraten und geopolitische Spannungen – liegen außerhalb der Kontrolle der meisten Unternehmen, können jedoch erhebliche Auswirkungen auf den Betrieb und Geschäftserfolg haben.
Unternehmen müssen die Entwicklungen in ihrem Eko-System ständig verfolgen und die Implikationen von angekündigten und tatsächlichen Veränderungen nicht nur analysieren, sondern auch mit ihren Partnern und anderen Stakeholdern diskutieren. Szenario Planung hilft dabei alternative Strategien zu diskutieren, strukturieren und dokumentieren, um mögliche Veränderungen vorherzusehen und sich auf diese vorzubereiten. Die Identifizierung potenzieller Chancen und Herausforderungen im Zusammenhang mit verschiedenen Szenarien ist entscheidend für die Entwicklung robuster Strategien und wirksamer Notfallpläne.
Fazit: Herausforderungen begegnen und Möglichkeiten nutzen
Die sich dynamisch entwickelnde politische Landschaft in den USA und die Auswirkungen auf die internationalen Gegebenheiten bringen nicht nur Herausforderungen, sondern auch Chancen. Unternehmen können ihre Resilienz und Anpassungsfähigkeit erhöhen, indem sie Szenario Planung anwenden und die Visibility auf Transporte und Warenbestände erhöhen. Enge Zusammenarbeit und ein breites Netz von Partner sind ebenfalls kritische Faktoren für Resilienz sowie Chancen- und Risiko-Management. Mit proaktiven Maßnahmen können Unternehmen den Unsicherheiten begegnen und Wettbewerbsforteile in einem hochdynamischen Umfeld erzielen, Länder und Wirtschaftsblöcke können ihre Handelsbeziehungen zum gegenseitigen Vorteil für eine kurze Zeit vollkommen neugestalten.
Der Weg nach vorne kann steinig sein. Dies allerdings nicht, weil Trump unkalkulierbar ist, sondern weil die systemischen Effekte seiner Politik schwer abschätzbar sind. Strategische Voraussicht, tiefe Einblicke in die eigenen Supply Chain Netzwerke und die enge Zusammenarbeit mit Partnern, Behörden, und anderen Stakeholdern sind Voraussetzung für Erfolg. Glücklicherweise sind Supply Chain Manager und Logistiker Problemlöser und Eko-System-Entwickler, die in der Vergangenheit ihre Fähigkeit, Waren trotz widriger Umstände im Fluss zu halten, stets unter Beweis gestellt haben.
Leave a Reply