Wenn man von den Logistiktrends und Herausforderungen der nächsten Jahre liest, kommt man um ein Thema meist nicht herum – der urbanen Logistik. Grund hierfür ist die folgende Situation: Einerseits wachsen die Großstädte mit rasantem Tempo weiter, sodass die Infrastruktur kaum mit dem Wachstum mithalten kann. In vielen Städten, wie z.B. München, ist es schon ein bekanntes Bild, wenn zu den Stoßzeiten die Hauptverkehrsstraßen nahezu zum Erliegen kommen. Gleichzeitig steigen die Ansprüche der Kunden hinsichtlich einer schnellen Lieferung zunehmend. Dienste wie Expresslieferungen, teilweise am gleichen oder spätestens am nächsten Tag der Bestellung, werden heutzutage gerne angenommen oder sogar vorausgesetzt vom Kunden.
Händler und Logistiker stellt das vor große Probleme, denn sie müssen mit diesen neuen Voraussetzungen Schritt halten, um nicht den Anschluss zur Konkurrenz zu verlieren. Andererseits müssen sie aber auch die Kostenseite im Auge behalten, soll heißen, die anfallenden Logistikkosten müssen in einem wirtschaftlichen Rahmen liegen.
Es führt also kein Weg daran vorbei, über neue Konzepte der urbanen Logistik nachzudenken und diese schnellstmöglich umzusetzen. Das Positive dabei ist: Es kann auch eine Chance sein, neue Potentiale auszuschöpfen und sich hier als Vorreiter zu etablieren! In diesem Beitrag wollen wir diese Entwicklung nochmal im Detail beleuchten und aktuelle Lösungsansätze vorstellen.
Vier mögliche Szenarien für die urbane Logistik der Zukunft
Im Oktober 2018 hat Roland Berger dazu eine Studie („Urbane Logistik 2030 in Deutschland“) verfasst und 4 interessante Szenarien identifiziert, in welche Richtung sich zukünftig die urbane Logistik hinbewegen könnte:
- Wilder Westen
Bei diesem Szenario wird angenommen, dass die urbane Logistik stets der Konkurrenz zwischen zahlreichen Logistikanbietern unterliegt, die kontinuierlich durch noch innovativere Zustellkonzepte Marktanteile für sich beanspruchen wollen. Insgesamt wären die Warenströme also sehr wenig reguliert und neue Player hätten einen vergleichsweisen leichten Einstieg in den Markt. - Regulierte Vielfalt
Hierbei gibt die Stadt einen regulatorischen Rahmen vor, um die Warenströme effizienter zu leiten und das Verkehrsaufkommen in den Griff zu kriegen. Jedoch herrscht noch immer ein großer Konkurrenzdruck zwischen den Logistikanbietern, was gemeinsame Standards oder Kooperationen hemmt. - Stadtplattform
Bei diesem Szenario sind nicht mehr die Anbieter selbst verantwortlich für die letzte Meile, sondern es wird eine zentrale Plattform betrieben, welche allen urbanen Warenströme plant und via dezentraler Lager umsetzt. - Koexistenz der Großen
Anders als im Szenario vorher, existieren hier einige wenige, große Plattformen, die miteinander konkurrieren. Dennoch wird angenommen, dass diese durch ihre Größe und Marktanteile letztendlich die Warenströme effektiv managen können.
Wie der Titel der Studie schon sagt, sind dies die langfristigen Perspektiven. Auf kurz- und mittelfristiger Ebene müssen jedoch jetzt bereits die ersten Schritte und Maßnahmen eingeleitet werden seitens der Stadt sowie den Anbietern, um die Entwicklung der urbanen Logistik in die richtigen Bahnen zu leiten. Dies wird zum Teil schon getan, was wir uns jetzt näher in Form zweier konkreter, aktueller Ansätze und Konzepte anschauen werden.
Autonome Pods als Lösung?
Ein spannendes Konzept im Bereich der autonomen Pods hat Renault im September dieses Jahrs vorgestellt mit dem Namen „Ez-Pro“ und es soll die zukünftige Logistik in Großstädten revolutionieren. Die fahrerlosen Pods, die sich bei Bedarf zu Kolonnen zusammenschließen lassen, können vielfältige Zwecke erfüllen: So können sie neben dem Transport von Personen auch die Abholung, Annahme und Auslieferungen von Paketen übernehmen.
Pro Kolonne könnte dann ein menschlicher Mitarbeiter involviert sein, der die Auslieferung und Annahme der Pakete überwacht. Jedoch könnte dieser sich voll auf seine organisatorischen Aufgaben konzentrieren, da die Pods vollautomatisiert und autonom agieren. Eine einzige Person/Kolonne könnte also einen großen Aufgabenbereich abdecken und der Kunde hätte zusätzlich vielerlei Möglichkeiten, wie er sein Paket abgibt bzw. erhält. Denkbar wären auch Packstationen and den Pods, wobei der Kunde per App Pakete aus den Fächern entnehmen oder abgeben kann.
Renault fand heraus, dass in den Innenstädten der großen Ballungsräume ca. 30% des Verkehrs der Last-Mile-Logistik zuzuordnen ist. Ein solches System könnte entsprechend dem entgegenwirken. Jedoch wird das erst mittel- bis langfristig umsetzbar sein. Die Entwicklung zu einem ausgereiften System benötigt noch etwas Arbeit, darüber hinaus ist der rechtliche Rahmen für autonome Fahrzeuge noch immer nicht geklärt. Nichtsdestotrotz ist das Potential vorhanden und sicherlich folgen in Zukunft noch viele weitere Konzepte in diese Richtung.
E-Cargobikes als Alternative im urbanen Raum
Mit solchen, bis zu 350 Kilo schweren Cargobikes mit maximal 1000 Watt Unterstützung, hat UPS vor ein paar Monaten ein Pilotprojekt in Hamburg gestartet. Weitere Städte sollen nun in Deutschland und in anderen Städten Europas folgen. Die Idee dahinter ist in Einklang mit den zuvor genannten Szenarien: UPS hat erkannt, dass die Auswirkungen der Paketzustellung im urbanen Raum reduziert werden müssen. Die Cargobikes haben sich dabei bis dato als vielversprechende Alternative bewiesen. Während des Pilotprojekts in Hamburg konnten täglich 7-9 Zustellfahrzeuge eingespart werden.
Was haben aber nun konkret die Logistikanbieter, in diesem Fall UPS, von dem Einsatz solcher Transportmittel? Wie schon erwähnt, sparen sie sich die Kosten für Zustellfahrzeuge, denn Cargobikes sind in der Anschaffung sowie im Unterhalt wesentlich günstiger. Darüber hinaus sind die elektrisch betriebenen Räder umweltfreundlicher als benzin-/dieselbetriebene Fahrzeuge. Zuletzt spielt auch noch der Faktor eine wichtige Rolle, dass immer weniger geeignete Fahrer (mit entsprechendem Führerschein) für die großen Fahrzeuge auf dem Markt zu finden sind. Cargobikes erleichtern dies natürlich, da hier die Anforderungen niedriger sind.
Somit sehen viele Logistiker diese Art der Last-Mile-Auslieferung bereits als „game changer“, auch wenn sich dieses Konzept noch in der Anfangsphase befindet. Denn auch das Problem von mangelnden Parkplätzen oder Standmöglichkeiten währen der Zustellung, kann durch die Cargobikes weitgehend gelöst werden, denn sie benötigen weitaus weniger Platz und sind zudem auf dem Gehweg und nicht auf der Straße aktiv.
Was bedeutet diese Entwicklung für das Bestandsmanagement?
Die Auslieferung auf der letzten Meile ist die eine Sache, mindestens genau so wichtig ist aber die einen Schritt vorher anfallende Lagerung und Distribution der Waren im urbanen Raum. Es wird nämlich nicht nur das Verkehrsaufkommen immer höher, sondern auch freie Flächen für die Lagerung von Beständen werden immer knapper bzw. teurer.
Der klassische Ansatz des Führens eines oder mehrerer Großlager/Depots im Stadtgebiet und/oder Umland funktioniert dann nicht mehr bzw. sollte die Entfernung zu den Ballungsräumen zu groß werden, bekommt man wieder Probleme hinsichtlich der kurzen Lieferzeiten und Verfügbarkeit. Vor allem der E-Commerce Boom befeuert diese Herausforderung zusätzlich, denn schon jetzt sind laut einer PwC-Studie rund ein Drittel der Konsumenten unzufrieden mit der Paketzustellung.
Doch glücklicherweise gibt es schon aussichtsreiche Lösungsansätze. Trotz der kontinuierlichen Verengung im urbanen Raum existieren aber stets noch genügend Freiflächen, die in vielen Fällen nicht dauerhaft ausgelastet sind. Ein gutes Beispiel sind die zahlreichen Parkhäuser, die man überall im städtischen Raum findet. Tagsüber sind diese meist ausgelastet, doch nachts liegt eher das Gegenteil vor. So könnte man vereinfacht gesagt die Waren nachts just-in-time anliefern und dann bis zu den Morgenstunden verteilen auf Fahrzeuge, Packstationen, kleine Lager usw.
Auch Flächen draußen könnten entsprechend genutzt werden, wenn die Ware gesichert in mobilen Fahrzeugen oder Containern untergebracht werden kann und dann von dort aus weitergegeben werden kann in der Lieferkette.
Logischerweise bieten solche Konzepte nur einen sehr limitierten Lagerplatz, es wird deshalb umso wichtiger, die richtigen Bestände in der richtigen Menge und zur richtigen Zeit verfügbar zu haben. Man hat also nicht mehr viel Spielraum für Überbestände, sondern sollte möglichst die optimalen Bestände führen. Das Bestandsmanagement muss also noch vorausschauender agieren und die Nachfrage präzise prognostizieren und die Bestandsparameter dynamisch anpassen. Dabei kann einem eine fortschrittliche Software zur Bestandsoptimierung helfen, die solche Aufgaben automatisiert übernimmt.
Summa summarum existieren also schon eine Vielzahl an Konzepten mit hohem Potential, um die urbane Logistik zu meistern Die nächsten Jahre werden also spannend sein und es wird sich zeigen, welche sich am Ende herauskristallisieren werden.
Wenn Sie noch mehr darüber lernen wollen, wie Sie schon jetzt einen Vorsprung durch Bestandsoptimierung im E-Commerce, aber auch anderen Branchen, erlangen können – z.B. durch hohe Produktverfügbarkeiten und Service-Level – dann laden Sie sich folgenden, kostenfreien Ratgeber hier herunter.
Dieser Artikel wurde von Dominik Seidel von EazyStock, einer Cloud-Software zur Bestandsoptimierung für mittelständische Unternehmen, veröffentlicht.
Mit BoxFox hat nun auch Münster einen Alternative für die urbane Logistik – auf 2 Rädern natürlich.
Zeitgleich baut das Startup pickshare in Münster’s Südviertel ein Mikrodepot-Netz auf, in dem Pakete aller Dienstleister gebündelt werden sollen. So dass der Empfänger sein Paket bequem in einem “Pickplace” abholen kann oder sogar mit BoxFox innerhalb eines einstündigen Wunschzeitfensters geliefert bekommen kann. Denn die beiden Unternehmen sind durch ein Joint Venture stark verflochten.
Die Testphase wird zeigen, ob die Zukunft von Morgen in Münster bald schon Realtität wird!