Der neugewählte Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika (USA) verspricht Veränderung: So beispielsweise eine 45ige Importsteuer auf chinesische Produkte, den Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen und, wie soeben bestätigt, den Austritt aus dem Trans-Pacific Partnership Handelsabkommen.
Sollte Donald Trump keinen Rückzieher machen, könnte er anderen Nationen Raum geben, die Spitzenposition in Sachen Globalisierung zu übernehmen. Dabei kann erwartet werden, dass insbesondere China die Chance nutzen wird, um eine prominentere Rolle zu spielen.
Absolut gesehen sind die USA immer noch die weltgrößte Volkswirtschaft. Wird allerdings die Wirtschaftsleistung unter Berücksichtigung der Kaufkraft als Messkriterium zugrunde gelegt, ist zu erwarten, dass China im Laufe des Jahres 2016 die Spitze übernehmen wird. China hat über viele Jahre von der Globalisierung profitiert. Das Land hat in die Ausweitung seiner Fähigkeiten und den Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen mit vielen anderen Ländern investiert. China wird heute als wichtiger überseeischer Partner und Investor angesehen.
China versteht sehr gut die Wichtigkeit von Verbindungen – speziell von Transportinfrastruktur – für Wirtschaftswachstum und Entwicklung. Das Basiskonzept der Expansion und Verbindung ist die One Belt One Road Initiative mit den zwei Säulen Silk Road Economic Belt und die 21st Century Maritime Silk Road. Dieses gewaltige Entwicklungsprojekt erstreckt sich über ein Gebiet, das gleichbedeutend mit 55 Prozent des globalen Bruttosozialproduktes, 70 Prozent der Weltbevölkerung und 75 Prozent der bekannten Energiereserven ist. „Dieses Investment wird über 300 Projekte umfassen, die sich von Singapur bis Turkmenistan erstrecken”, berichtet Reuters.
Ein Baustein der One Belt One Road Initiative – abgekürzt OBOR – ist die Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP). Diese von China geführte Alliance umfasst Australien, Neuseeland, China, Indien, Japan und Südkorea sowie den südostasiatischen Wirtschaftsblock ASEAN. Im Jahr 2014 war ASEAN die weltweit siebtgrößte Wirtschaftsmacht und drittgrößte Volkswirtschaft in Asien – mit einem Bruttosozialprodukt von US$ 2,6 Billionen, welches über dem von Indien lag.
China auf der Weltbühne
Auf dem afrikanischen Kontinent stellt China Milliarden Dollar für große Infrastruktur-Investitionen im Rahmen von OBOR und insbesondere im Transportsektor bereit. Ein Flaggschiff-Projekt ist die Standard Gauge Railway in Kenia. Weitere Investitionen umfassen Tiefseehäfen in Dakar, Dar es Salaam und Djibouti. Alles Städte, die auf gutem Weg sind, sich zu industriellen Hubs nach dem Muster des kamerunischen Tiefseehafens von Kribi zu entwickeln.
Die russische Transsibirische Eisenbahn markierte den Beginn des Schienentransportes zwischen Europa und Asien. Kürzlich schrieb Anthony Cuthbertson in Newsweek, das Vladimir Putin sich eine Hyperloop Seidenstraße vorstellen kann. Diese könnte eine Alternative zu der geplanten Verlegung von 64.000 Kilometern Schienenstrang sein, der die bisherigen Wege zwischen Ost und West verstärken soll. CRRC Corp, Chinas größter Produzent von Schienentransportmittel, war nach Berichten von Bloomberg mit Hyperloop One in Gesprächen über eine potenzielle Investition.
Zwischenzeitlich hat China einen 11 Milliarden Dollar Fund für Zentral und Osteuropa aufgelegt, um u.a. Infrastruktur- und High Tech Produktionsprojekte in der Region und – wo sinnvoll – darüber hinaus zu finanzieren. Supply Chain Operator DB Schenker betreibt bereits seit 2011 wöchentliche Block Trains zwischen China und Deutschland. Vier Jahre nach dem Launch in Deutschland läuft in den Niederlanden im Rail Service Centre am Frachtterminal im Hafen von Rotterdam der erste Zug mit Containern aus China ein.
Mit der New Development Bank (NDB), dem Silk Road Fund und der Asia Infrastructure Investment Bank (AIIB) ist China gut aufgestellt, wesentlichen Finanzbedarf innerhalb und jenseits der Belt & Road Area zu bedienen. Einige Ähnlichkeiten mit dem Marshall Plan, dem amerikanischen Unterstützungsprogramm mit Hilfe dessen Westeuropa nach dem zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut wurde, lassen sich erkennen.
Der von Trump angedrohte Ausstieg aus TPP spielt in die Hände Chinas. Die Verträge des Handelsabkommens sollten asiatische Länder mit nord- und lateinamerikanischen Nationen verbinden. Zudem waren sie in den Augen vieler ein Mittel, um die chinesischen internationalen Aktivitäten zu behindern und die Kooperation amerikanischer Allianzpartner mit anderen Nationen im pazifischen Raum zu stärken. Asiatische Länder mit hohem Exportvolumen, wie beispielsweise Malaysia und Vietnam, werden in erheblichem Maß von TPP profitieren. Länder, die das Abkommen nicht zeichneten, wie die Philippinen, laufen indessen Gefahr, ins Hintertreffen zu geraten. Diese Kluft in Bezug auf Handel und Investitionen könnte zur Zerreißprobe für die Region werden.
Bis heute erntete China Skepsis und Kritik für seine internationalen Aktivitäten. Viele stellten beispielsweise die Entwicklung in Afrika in Frage. Nun jedoch kann sich China moralische Legitimation erarbeiten. So könnte China die Leitung in den Klimaanstrengungen im Falle einer amerikanischen Absage übernehmen. Trump wurde von China bereits in Bezug auf einen eventuellen Rückzug vom Pariser Klimaabkommen gewarnt.
Wie könnten sich die sino-amerikanischen Beziehungen entwickeln? Am Anfang stehen wahrscheinlich harte Verhandlungen über Importsteuern auf chinesische Güter. Sollten beide Parteien über die Zeit allerdings ein neues Gleichgewicht finden, können die beiden führenden Wirtschaftsnationen nicht nur einen globalen Handelskrieg – wie in den 1930er Jahren durch den Smoot-Hawley Tariff Act ausgelöst – und die Intensivierung von nationalistischen Tendenzen verhindern, sondern auch ihre Beziehungen auf eine neue Basis stellen.
Was immer auch geschieht: Sollten sich die USA von der Globalisierung zurückziehen, steht China bereit die Lücke zu schließen.
Dieser Beitrag wurde ursprünglich in Englisch auf der World Economic Forum Agenda veröffentlich.
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