Nach dieser Bundestagswahl einen Blog über die weitere Entwicklung des Wirtschaftsbereichs Logistik zu schreiben, ist kein leichtes Unterfangen. Sicherlich wird die sich irgendwann bildende Bundesregierung keine Änderungen initiieren, die so bahnbrechend sind, dass sie die Entwicklung in 2018 in einem hohen Maße beeinflussen. Dafür wirken die Faktoren aus dem Ausland und die bereits getroffenen Entscheidungen zu stark. Wir können aber davon ausgehen, dass der wahrscheinliche Politikwechsel durch eine neue Koalition mittelfristig wirkt. Davon geht auch der Economist in seiner Bewertung des Wahlausgangs und der aktuellen Prognose für die Entwicklung der Wirtschaft Deutschlands aus.
Auf dem Herbstgipfel der Logistikweisen wurde dies ebenso intensiv diskutiert. Im Mittelpunkt stand dabei nicht nur die Innenpolitik, sondern auch die Außenpolitik. Jedoch werden die größten Veränderungen für 2018 durch nationale Themen erwartet. Dabei wurde ein recht kritischer Blick auf das kommende Jahr und die Entwicklung geworfen – dazu mehr in der Veröffentlichung der Ergebnisse zum Logistik-Kongress in Berlin . Anfang nächsten Jahres dürfen Sie wie gewohnt die ausführlichen Diskussionen im Ergebnisbericht erwarten.
Investiert Jamaika?
Im Vorfeld habe ich versucht, aus den Antworten der Parteien und unter Berücksichtigung der zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlichen Koalition eine Richtung abzuleiten. Dafür verwende ich die Zusammenstellung der Antworten der Parteien zu logistisch relevanten Fragen, die im BVL-Magazin 3/2017 veröffentlicht wurden. DerFokus liegt entsprechend auf CDU/CSU, FDP und Grüne.
Das Bild zeigt, dass die potenziellen Regierungsparteien in die für die Logistik wichtigen Infrastrukturen investieren wollen. Damit würde nicht nur die Basis dafür gelegt, dass Deutschland als Logistikstandort seine Spitzenbewertung behält. Auch kann damit gerechnet werden, dass mit weiteren Ansiedlungen neue Arbeitsplätze im Wirtschaftsbereich geschaffen bzw. zumindest die bestehenden gesichert werden. So würde auch ein Strukturwandel in manchen Regionen (die Reduzierung der Kapazitäten in der deutschen Stahlproduktion wurde bereits angekündigt) möglich. Im Ruhrgebiet zeigt sich dies eindrücklich: In der Region Bochum/Dortmund (um nur eine zu nennen) entwickeln sich zahlreiche neue Logistikstandorte, darunter von Garbe, Amazon und Opel, was die Effekte auf die Arbeitsplätze durch den Rückbau von einigen Industriestätten zwar nicht ausgleichen, jedoch abmildern kann. Dass dies zu unterstützen ist, haben die potenziellen Regierungsparteien verstanden. Deshalb herrscht auch relative Einigkeit bei der Digitalisierung, die nicht nur die Logistik betrifft. Vielmehr werden insbesondere Industrie 4.0 und E-Commerce erst durch die Logistik ermöglicht. Auf dem Herbstgipfel wurden neben den kommenden Anforderungen auch insbesondere die indirekten Auswirkungen im Bereich der urbanen Logistik bzw. deren Herausforderungen u.a. getrieben durch die Politik intensiv diskutiert.
Keine Digitalisierung ohne Analyse
Dass das Thema der Digitalisierung ein besonders bewegendes in der Logistik ist, zeigen auch die Download-Statistiken der Website www.logistikweisen.de. Der Bericht aus dem Jahr 2016 wurde in den letzten 12 Monaten über 7.000, seit Veröffentlichung 10.000 mal heruntergeladen (entsprechend zwischen 500 und 600 mal pro Monat). Daraus kann abgeleitet werden, dass die Maßnahmen auf politischer Seite eine deutliche Auswirkung auf die Entwicklung des Wirtschaftsbereichs haben werden – wenn nicht kurz-, dann aber mittel- und langfristig.
Ich gebe zu, dass dies inzwischen eine Binsenweisheit ist, da dieses Thema auf jeder Veranstaltung und in jeder Publikation auftaucht. Wichtig ist mir, an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass die Möglichkeiten und Potenziale, Hürden und Herausforderungen nüchtern analysiert werden sollten, damit nicht zu euphorisch in glitzernde potemkinsche Dörfer investiert wird, sondern auch die vom Betrachter abgewandte Seite in die Bewertung der Möglichkeiten aufgenommen wird. Fehlgeleitete Investitionen können sich weder Deutschland insgesamt noch die einzelnen Unternehmen vor dem Hintergrund der unsicheren politischen Lage weltweit leisten. Welche Impulse konkret von der der zukünftigen Regierung zu erwarten sind, wurde auch auf dem Herbstgipfel diskutiert – leider mit offenem Ergebnis.
Fazit ist damit:
Wenn sich die potenziellen Regierungsparteien zu einer Koalition zusammenraufen, kann die Logistik auf positive Entwicklungen in der Politik hoffen – sicher ist dies jedoch nicht.
Da Deutschland in das weitverzweigte Netz der inner- und außereuropäischen Wirtschaftsbeziehungen eingebettet, hängt davon das Wachstum in 2018 weniger ab. Wenn
- die Unternehmen in Deutschland nicht den Wandel bewältigen (allen voran die Automobilindustrie, die sich nicht nur den sich verändernden Marktverhältnissen stellen muss , die durch die Digitalisierung getrieben sind, sondern auch dem Diesel-Thema),
- der Handel mit den wichtigsten Außenhandelspartnern sich abschwächt oder
- das Vertrauen der Konsumenten und der Unternehmen in die Zukunft sinkt und damit die Investitionen zurückgehen,
kann die Regierung noch so viel für die Logistik tun – das Wachstum des Wirtschaftsbereichs käme dann trotzdem zum Erliegen. Vor diesem Hintergrund entsteht die Einschätzung, dass die Entwicklung des Wirtschaftsbereichs Logistik in 2018 nicht maßgeblich durch das Ergebnis der Bundestagswahl geprägt wird. Dies zeigen auch die Ergebnisse des Herbstgipfels, die zum DLK in Berlin veröffentlicht werden.
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