Die Gefahr von Terroranschlägen auf die Supply Chain ist reell – daran besteht kein Zweifel. Doch steht die Logistik diesem Risiko nicht unvorbereitet gegenüber. Im Gegenteil: Angesichts der latenten Bedrohungen am Boden, in der Luft, auf Schiene und Wasser, wurde ein Risiko-Management entlang der Supply Chain aufgebaut. Dieses wird Schritt für Schritt erweitert, um sich auf neue Entwicklungen wie beispielsweise Digitalisierung oder Plattform-Ökonomie einzustellen. Die verschiedenen Sicherheitskonzepte und -strategien sind weitgehend in Gesetze, Vorschriften und Vereinbarungen eingebettet.
Dabei gilt: Je komplexer die Wertkette, umso mehr Schnittstellen und damit auch mögliche Angriffspunkte bestehen. Je konzentrierter die Produktion, je wichtiger eine Passage, je angehäufter das Gefahrgut, umso größer der mögliche Schaden, umso größer das Risiko. Dessen sind sich die Verantwortlichen in Unternehmen, Politik und Behörden bewusst. In der heutigen hyper-vernetzten interdependenten Welt spielt die Kollaboration eine wachsende Rolle. Die Abstimmung und Zusammenarbeit innerhalb von Branchen und Verwaltungen, zwischen den verschiedenen Stakeholdern, national, regional und global ist Bestandteil modernen Risiko-Managements.
Abgesichert werden können nur Risiken, die auch bekannt sind. Deshalb ist im ersten Schritt des Supply Chain Risiko-Managements, die Lieferkette in Gänze und als Netz abzubilden, um so den jeweiligen Status in Bezug auf Fertigungs-, Bestands- und Bewegungsdaten zu ermitteln. Dieses sogenannte Supply Chain Mapping umfasst Angaben zur Struktur, wie Lieferanten (über alle Stufen) und Logistikpartner, Produktinformationen, Produktionsstätten und Lager, ebenso wie Standorte, (alternative) Routen, Umschlagspunkte, Distributionslager, Zollstellen, Kundeninformationen und benötigte Zeiten für die einzelnen Abschnitte. Auch Bewegungsdaten, wie Bestellmengen, Produktionsmaterialien und -stati, Bestände und im Transport befindliche Güter sowie Absatzzahlen werden erhoben und gespeichert. Auf Basis dieser Daten werden Lieferanten, Kunden und andere Akteure, Standorte und Güter, Routen und Systeme auf Risiken analysiert und aus den Erkenntnissen entsprechende Sicherheitsmaßnahmen entwickelt.
Die Konzepte sind zum Teil sehr ausgefeilt. So dienen zum Schutz von Betriebsstätten unter anderem Sicherheitsbeauftragte und Security Teams, Zugangskontrollen, Chip-Karten für die Mitarbeiter, Drehkreuze, Video-Überwachung sowie Gitter und detektierte Zäune. In den USA und in Ländern mit hohem Risiko setzen die Behörden zum Schutze auch spezielle Barrieren ein, die beispielsweise einen Lkw nicht nur aufzuhalten, sondern gar spalten können. Die unter dem Namen Terror-Bügel bekannt gewordene Konstruktion aus Stahl und Beton ist fast einen Meter dick, erstreckt sich über 15 Meter Länge und wiegt rund 22,600 Kilogramm.
In der Luftfracht werden zum Schutz gegen Anschläge speziell ausgebildete Röntgengräte, Sprengstoffspürhunde, Sprengstoffdetektoren und Röntgenscanner eingesetzt. Dazu kommt auch hier die Sicherung der Flughafengelände durch detektierte Zäune, Zugangskontrollen, Sicherheitspersonal und vielem mehr. Auch im Schienenverkehr und auf der See sind ähnliche Sicherheitskonzepte im Einsatz.
Bei der Sicherheit spielt die Digitalisierung eine wichtige Rolle: Dank des Internet der Dinge können durch Sensorentechnologie intelligente Objekte Informationen über Situationen und Sachverhalte – beispielsweise das Öffnen und Schließen von Toren, Türen und Fenstern – aufnehmen, analysieren und weitergeben. Lkw, Containerschiffe und Flugzeuge können nahezu lückenlos nachverfolgt werden. Die Schattenseite ist in diesem Zusammenhang das Cyber-Risiko.
Trotz aller Sicherheitsvorkehrungen bleibt stets ein Restrisiko. Dies liegt vor allem an einer Schwachstelle: Den Menschen. Von ihnen geht die Terrorgefahr, das Risiko aus. Wir alle, einschließlich der Logistik – das weltumspannende Netz, welches Kulturen und Märkte miteinander verbindet – haben daher eine besondere Verantwortung. Dies beginnt bei der gewissenhaften Auswahl und regelmäßigen Überprüfung der Mitarbeiter und endet bei den Mitmenschen, den Nachbarn und Freunden. Dabei sind nicht nur Fairness, Sensibilität und Offenheit gefragt, sondern auch Aufmerksamkeit, Respekt, ein offenes Ohr oder manchmal gar die helfende Hand.
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