Wenn wir unser Leben weiterhin in Ansätzen so gestalten wollen, wie wir es gewohnt sind, muss jeder Einzelne seinen Teil beitragen. Was kann die Wirtschaft tun, um die Dekarbonisierung bis zum Jahr 2050 zu erreichen? Ein Fazit
In den vorhergegangenen sechs Blogbeiträgen ist – so glaube ich – eines deutlich geworden: Kein Bereich unserer Wirtschaft kann weiterhin für sich alleine agieren. Keine Aktion ist ohne Risiko. Andere Bereiche und Systeme können jederzeit dadurch negativ berührt werden. Dieses Grundverständnis ist deshalb so wichtig, weil dies bedeutet, dass bei allen Entscheidungen hinsichtlich eines Produktes oder einer Dienstleistung über den Tellerrand hinausgeschaut werden muss. Was bedeutet das Design für die Rohstoffbeschaffung und die Produktion? Was für die umweltverträgliche Nutzung? Was für die Weiterverwendung am Ende der Produktlebenszeit?
In der Politik sprechen wir in diesem Zusammenhang von Folgenabschätzung – ein Thema, das bei der Entwicklung und Realisierung von Produkten und Dienstleistungen aktuell noch viel zu kurz kommt. Besser wäre allerdings vom „folgenlosen“ Design oder einem umweltzentrierten Wirtschaften zu reden. Denn Ziel ist es, alle Folgen zu vermeiden.
Die systemische Verknüpfung der verschieden Branchen und Bereiche im wirtschaftlichen Ecosystem erfordert, dass die Lösungen die Komplexität und Wechselwirkungen unserer heutigen Welt wiederspiegeln. Die ständig steigende Vernetzung von Wirtschaft und Gesellschaft bring allerdings nicht nur Risiken, sondern eröffnet auch die Möglichkeit synergetischer Lösungen, d.h. die Aktivierung von Hebeln, die gesamte Systeme verändern oder gar entlang verschiedener Systeme wirken.
Die Identifikation und Entwicklung von Hebeln mit weitreichender Wirkung sollte höchste Priorität erhalten. Dazu zählen unter anderem die Transition zu erneuerbaren Energien sowie nachhaltigen Kraftstoffen, die Optimierung der eingesetzten Rohstoffe, die Verlängerung der Verwendungs- bzw. Konsumzyklen von Produkten, energieneutrale Gebäude und ein besseres Abfallmanagement, d.h. maßgebliche Verbesserungen in den Bereichen Weiterverwendung, Erneuerung und Recycling. Auch Reparaturdienste sollten stärker in den Fokus der Klima- und Umweltdebatte rücken.
Schauen wir auf die Realität, ist festzustellen, dass die Anstrengungen zunehmen, die durchschlagenden Resultate allerdings immer noch auf sich warten lassen. Klimaschutz darf kein Nebenschauplatz sein. Wirksamer Klima- und Umweltschutz sind in den Grundfesten der Wirtschaft und Gesellschaft verankert.
Umweltfreundliche Konzepte in Beschaffung, Produktion, Logistik und Handel sollten von der smarten Stadt, Gemeinde und Infrastruktur unterstützt werden. Dies alles ist eine Mammutaufgabe. Dessen sollten wir uns bewusst sein. Aber unser „Haus“ brennt und wir sollten alles uns zur Verfügung Stehende koordiniert einsetzen, um den „Brand“ zu löschen. Konkret erfordert dies eine holistische Strategie zum Klima- und Umweltschutz.
Dabei liegt die Aufgabe der Wirtschaft darin, Investition und Innovation zu steigern. Die Forschung kann zu Klimalösungen beitragen. Wir brauchen zudem eine große Zahl von Experten, die uns bei der Umgestaltung der Welt in Richtung regenerative Wirtschaft und Gesellschaft unterstützen. Hier kann der Bildungssektor helfen. Die Aufgabe der Politik ist dabei, Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Aktionen von Wirtschaft, Forschung und Bildung fördern. Die Hauptanstrengungen sind dabei auf diejenigen Felder oder Wirtschaftsbereiche zu konzentrieren, die die größte Wirkung, die den größten Hebel versprechen. Diese sind primär dort zu suchen, wo eine nationale Volkswirtschaft entweder über Wissens- oder Entwicklungsvorsprung verfügt. Dies ist in der Regel dort der Fall, wo sie bereits erfolgreich derartige Lösungen einsetzt und exportiert. Jenseits dieser Felder ist zu überlegen, was zur Schaffung einer regenerativen Wirtschaft fehlt und daher noch zu importieren ist.
Klimaschutz hat seinen Preis. Unsere Kosten und Preise sind verzerrt, da sie in der Regel den Einfluss auf die Umwelt nicht berücksichtigen. Die Umweltkosten, die sogenannten externen Kosten unseres Wirtschaftens, werden der Wirtschaft und den Konsumenten nicht in Rechnung gestellt. Diese trägt der Bürger mit seinen Steuern und nachfolgende Generationen, wenn der Haushalt nicht reicht. Der Gesetzgeber ist gefordert, diese Verzerrung aufzulösen. Dies durch Regulierung, Auflagen, Steuern, Anreize, Subventionen und Investitionen. Die Verabschiedung des Budgets für die Deutsche Bahn in Höhe von EUR 20 Milliarden ist dafür ein Beispiel. Aber ist da nicht noch viel Bedeutenderes, als nur das schlichte wirtschaftliche Denken?
Bürger möchten stolz auf ihr Land sein: Klimaschutz ist dabei ein Identifikationsfaktor. Wir möchten unserer Verantwortung unseren Kindern gegenüber doch gerecht werden. Schlussendlich geht es um uns, um die Menschheit sowie das Leben auf dem Globus, aber insbesondere geht es um zukünftige Generationen und deren Zukunftssicherung. Klima- und Umweltschutz betreffen uns alle, als Individuen, Nationen und auch als Generationen. Die Generation der Entscheider steht jetzt unter Druck das Notwendige einzuleiten. Aber diese allein kann es auch nicht schaffen. Denn die Sicherung unserer Zukunft bedarf und fordert jeden von uns. Bitte nehmen Sie daher alle die Herausforderung an, gemeinsam die Zukunft der Menschheit sicher zu stellen.
Die Beiträge dieser Blog-Serie basieren auf der Keynote „Wo steht die Klimabewegung in Beschaffung, Produktion, Transport-Logistik und im Handel?“ am 6. Februar 2020 beim ICS Experts Symposium in Sinsheim.
Die Teile der Blog-Serie beschäftigen sich mit der konkreten Situation der Klimabewegung in den Bereichen Beschaffung, Produktion, Logistik und im Handel sowie der Frage der Finanzierung.
Leave a Reply