Die Betrachtung von Beschaffung, Produktion, Logistik und Handel ist wichtig. Diese Branchen sind mit anderen Bereichen verwoben und bedürfen deren Unterstützung. Um das Ziel der Bundesregierung zur Dekarbonisierung bis zum Jahr 2050 zu erreichen, ist daher das Denken und Handeln quer durch verschiedene Bereiche und Branchen erforderlich.
Wir operieren heute in Systemen, die wiederum Teil größerer Systeme sind. Die verschiedenen Bereiche sind eng miteinander verzahnt. Daher können sich die Handlungen in einem System auf das Geschehen in anderen Systemen auswirken. So geht Elektromobilität ohne erneuerbare Energie am Klimaziel vorbei. So kann ohne Sicherstellung von Kompetenz in zirkularem Design die Kreislaufwirtschaft nicht entstehen.
Die Wechselwirkungen haben aber auch ihre Vorteile. Denn somit gibt es auch einzelne Hebel, die nicht nur im eigenen Bereich wirken, sondern an verschiedenen Stellen, in verschiedenen Systemen gleichzeitig, Verbesserungen bringen können. Einige Bereiche sind dafür prädestiniert, solche Hebel bereitzustellen. Diese sind die Querschnittsbereiche. Hier sollen diejenigen Hebel angesprochen werden, die für Beschaffung, Produktion, Logistik und Handel eine Rolle in Bezug auf den Klimaschutz spielen. Konkret sind dies Energieversorgung, Infrastruktur, Immobilien, Technologie und Finanzierung.
Energieversorgung
Unser modernes Leben benötigt Energie. Die Produktion und Nutzung von Energie sitzt an der Wurzel des Klimawandels. Das Thema saubere oder erneuerbare Energien beschränkt sich allerdings nicht nur auf die Energieerzeugung und die Frage, ob die alternativen Kraftstoffe sauber hergestellt wurden, oder ob die aus Windkraft, Wasserkraft oder Sonnenwärme gewonnene Energie für die Aufrechterhaltung unserer Wirtschaft und unseres Lebensstandards ausreicht. Von besonderer Bedeutung ist auch die Energieversorgung beziehungsweise das Netz. Dieses stößt heute bereits dort an Grenzen, wo Elektrofahrzeuge in großer Zahl eingesetzt und geladen werden. Zudem ist der Transport von Energie problematisch. Damit stellt sich auch die Frage, wo Energie erzeugt wird. Daher rückt die Dezentralisierung oder Lokalisierung der Energieerzeugung ins Blickfeld.
Infrastruktur
Elektromobilität – ein großer Treiber des Klimaschutzes – benötigt neue Infrastruktur. In der Stadt, auf dem Lande, am eigenen Heim und am Arbeitsplatz ist diese zu schaffen. Dazu sind nicht nur die notwendigen Mittel bereit zu stellen. Vor allem sind Architekten dahingehend zu schulen, diese neuen Erfordernisse und die neue Denkschule miteinzubeziehen. Auch Arbeitgeber sollten die Bedürfnisse umweltbewusster Mitarbeiter bei der Planung von Betriebsstätten ebenfalls berücksichtigen. Denn gibt es keine Ladestation, überlegen Mitarbeiter mehrfach, ob sie sich wirklich ein Elektrofahrzeug zulegen sollen.
Immobilien
Quer durch alle Gebiete ziehen sich die mehr oder weniger nachhaltigen Gebäude. Dabei geht es zum einen darum, Energie und Ressourcen einzusparen. Zum anderen können Gebäude aber auch beispielsweise mittels Solardächern zur Energieerzeugung genutzt werden. Damit aber nicht genug. Auch die Wahl der Baumaterialien sowie die Isolierung und Klimaschutz-Technologie trägt zum Klimaschutz bei. Die smarten Ansätze sind breit gefächert und verfügbar; angefangen bei nachhaltigem Zement, bis hin zu nach nachhaltigen Richtlinien entwickelte Fenstern und Türen, sowie energieeffizienten und emissionsfreien Kühl- und Heizsystemen. Ein Feld, in dem Deutschland in einigen Bereichen durchaus mit an der Spitze liegt.
Technologie
Vieles im Klimaschutz hat mit Technologie zu tun. Technologien oder besser technologiegestützte Lösungen helfen quer durch alle Disziplinen. Smarte Gebäude, Städte und Industrieanlagen sowie Häfen und Industriegebiete benötigen Technologie. Erhöhte Rechnerleistung, Künstliche Intelligenz (KI), Distributed Ledger Technologie (DLT), Big Data und das Internet der Dinge (IdD) ermöglichen die zunehmende Verknüpfung von Lieferketten und Wertschöpfungssystemen. Resultat sind bessere Planung, bessere Steuerung der Warenströme sowie die Dezentralisierung und Lokalisierung der Produktion, was nicht nur Lieferzeiten, sondern auch die Transportwege von Waren verkürzt und damit viele Arten von Belastungen reduziert. KI erhöht die Präzision von Analysemodellen und die Genauigkeit der Prognosen, wie beispielsweise der Forecast des Absatzes im Handel. Anhand von Satellitenbildern kann KI die Wetterlage und die Verschmutzung von Luft und Wasser analysieren. Damit können Frühwarnsysteme bei Bedarf Maßnahmen auslösen. Verstöße gegen Umweltauflagen können erkannt werden. Mittels Internet der Dinge können Transportsysteme optimaler geplant und gesteuert, und damit Verkehrsmittel besser genutzt aber auch dank „predictive analytics“ optimaler gewartet werden. Digitale Plattformen ermöglichen eine bessere Auslastung der Transport- und Lagerkapazität etc. etc.
Finanzierung
Über die letzten Jahre ist immer mehr von „impact investing“ die Rede. Eine steigende Anzahl von Investoren widmet sich dem Gebiet der Investitionen in nachhaltige Projekte und Unternehmen. Die Klimakrise erfordert, dass dies zum Prinzip der gesamten Finanzwirtschaft wird. Die Meldungen, dass sich traditionelle Institute von der Finanzierung fossiler Energieprojekte distanzieren, nehmen zu. Goldman Sachs ist die erste größere US-amerikanische Bank, die Restriktionen bei Investitionen in fossile Energien festsetzt. Zunehmend werden auch öffentliche Mittel zur Förderung von nachhaltigen Unternehmen und Initiativen bereitgestellt. Der vorgestellte europäische Grüne Deal sieht neben drastischen Emissionssenkungen auch Investitionen in Spitzenforschung und Innovation vor.
Kein Bereich steht für sich allein
Alleine werden wir die Klimawende kaum schaffen. Kooperation ist gefordert. Kooperation kann die Wirksamkeit von Klimaschutzmaßnahmen erhöhen. Die Anton Debatin GmbH, welche klimaneutral Verpackungslösungen herstellt, hat im Sommer 2018 mit fünf weiteren Unternehmen die DERIBA Gruppe gegründet. Der Anspruch des europäischen Zusammenschlusses ist Verpackungskompetenz, Nachhaltigkeit und ein eigener Recycling-Kreislauf. Schließlich sind Verpackung und Recycling auch Hebel, die sich über alle Branchen und Bereiche ziehen. In der Kooperation können wir voneinander lernen, gemeinsam entwickeln und Standards initiieren.
In einer zunehmend vernetzten Welt können Beschaffung, Produktion, Transport und Handel nicht isoliert betrachtet werden. Denn die in diesem Beitrag angesprochenen Querschnittsbereiche wirken sich direkt auf die Nachhaltigkeit eines Unternehmens und damit auf die Erreichung der Klimaziele der Bundesregierung aus. Dis zeigt anschaulich, dass das Primat der Nachhaltigkeit bei allen unternehmerischen Entscheidungen Berücksichtigung finden sollte und sich keinesfalls auf einzelne Unternehmensbereiche beschränken darf.
Welches Fazit Beschaffung, Produktion, Transport und Handel daraus ziehen können und was dies für die Unternehmen bedeutet, erläutert der nächste und gleichzeitig letzte Beitrag dieser Blog-Serie.
Die Beiträge dieser Blog-Serie basieren auf der Keynote „Wo steht die Klimabewegung in Beschaffung, Produktion, Transport-Logistik und im Handel?“ am 6. Februar 2020 beim ICS Experts Symposium in Sinsheim.
Die Teile der Blog-Serie beschäftigen sich mit der konkreten Situation der Klimabewegung in den Bereichen Beschaffung, Produktion, Logistik und im Handel sowie der Frage der Finanzierung.
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