Sie hängen häufig eingerahmt an exponierter Stelle im Eingangsbereich eines Unternehmens. Doch Zertifikate sind weit mehr als Wandschmuck, wenn sie gelebt werden: Sie sorgen für einheitliche und verbindliche Prozesse, die Entscheidungs- und Rechtssicherheit gewährleisten. Damit tragen sie entscheidend dazu bei, Fehler zu vermeiden, Abläufe zu verbessern und Erträge zu sichern.
Transportunternehmer und Logistiker bewegen jeden Tag wertvolle und sensible Güter für ihre Kunden. Sie sind für die Sicherheit der Ladung, der Mitarbeiter und nicht zuletzt für die Einhaltung von Lieferzeiten verantwortlich. Um diesen vielfältigen Verantwortungsbereichen gerecht zu werden, ist es wichtig, betriebliche Abläufe auf verlässliche Grundpfeiler zu stellen. Denn diese ermöglichen Entscheidungssicherheit und bilden zudem die Basis eines erfolgskritischen Risikomanagements. Integrierte Managementsysteme, die in ISO-Normen festgelegt sind, haben sich hierfür als wertvolle Ankerpunkte etabliert: Sie definieren und dokumentieren Prozesse und Strukturen eindeutig und gewähren Unternehmen damit die Sicherheit, nach einer bewährten Norm die bestmöglichen Resultate zu erzielen. Und dies im Sinne des Unternehmens durch kostenoptimierte Abläufe, im Sinne der Mitarbeiter durch die Einhaltung der Vorschriften zur Arbeitssicherheit und im Sinne der Kunden durch einen verbindlich geregelten Transportablauf und eine entsprechend hohe Qualität.
Regelmäßige Audits als Basis für steigende Wertschöpfung
Die Zertifizierung von integrierten Managementsystemen bietet neben der Entscheidungs- auch eine Rechtssicherheit durch die präzise Dokumentation von Prozessen. Beschädigungen an der Ware oder Verspätungen sowie daraus erwachsende Regressansprüche können vermieden werden. Und falls doch einmal etwas passiert, sind Logistiker, die sich nachweislich an ISO-Normen halten, auf der sicheren Seite, weil alle Abläufe eindeutig nachvollziehbar dokumentiert und Lerneffekte garantiert sind. „Ein gelebtes integriertes Managementsystem bietet transparente Strukturen, Prozesse und vor allem hohe Effizienz”, erklärt Wolfgang Engel, Leiter des Competence Center Logistics bei der Deutschen Gesellschaft zur Zertifizierung von Managementsystemen (DQS GmbH). Und zwar für Konzerne ebenso wie für mittelständische Unternehmen, denn die Zertifizierungen sind je nach Unternehmensgröße und Einsatzbereichen skalierbar. Um die Einhaltung der Normen nachzuweisen, sind regelmäßige jährliche Audits notwendig. Dabei untersucht der Auditor, ob das Unternehmen die festgelegten Regularien der Normen einhält und die selbstgesetzten Ziele mithilfe der dazu implementierten Managementsysteme erreicht hat. „Ein Audit ist nicht wie eine Prüfsituation zu verstehen, bei der ein strenger Lehrer Fehler ankreidet, sondern in dem Sinne, dass Verbesserungspotenziale aufgezeigt werden, die zu einer gesteigerten Wertschöpfung für das Unternehmen führen”, erklärt Wolfgang Engel die Bedeutung regelmäßig erneuerter Zertifizierungen.
Diese Zertifizierungen sind für Logistiker besonders wichtig
Da Transport- und Logistikunternehmen traditionell mit geringen Margen zurechtkommen müssen, sind effiziente, kostenoptimierte Prozesse für sie besonders wertvoll. Das Qualitätsmanagement nach ISO 9001 ist als verlässlicher Grundpfeiler in der Logistik-Branche etabliert. Es stellt sicher, dass die erbrachten Dienstleistungen auch den Kundenanforderungen entsprechen. Die Norm hat im Jahr 2015 eine Revision erfahren, die explizit eine risikobasierte Betrachtung aller Prozesse einschließt. Aus dieser Einbeziehung aller Unternehmensbereiche in das Qualitätsmanagement ergeben sich logisch sinnvolle Verbindungen zu weiteren Zertifizierungen, allen voran zur ISO 27001: „Ohne Informationssicherheit kann es praktisch keine Prozesssicherheit geben. Das gilt besonders in Zeiten zunehmender Cyber-Kriminalität.”, betont Wolfgang Engel. Überall dort, wo sensible Daten zwischen Logistikdienstleister und Kunden elektronisch ausgetauscht werden – beispielsweise bei der Sendungsverfolgung oder der Übermittlung von Auftragsdaten – vertrauen Kunden darauf, dass diese Daten jederzeit verantwortungsbewusst und sicher gehandhabt werden.
Mit der virtuellen Datensicherheit ist auch die physische Sicherheit der Lieferkette eng verwoben: Die ISO 28001 ist ein Sicherheitsmanagementsystem, das den gesamten Verpackungs-, Lagerungs- und Transportprozess einschließt. Mit dieser Norm können Risiken in der Supply Chain systematisch identifiziert und entsprechende Optimierungsmaßnahmen rechtzeitig eingeleitet werden. Damit geben Logistiker ihren Kunden die Gewissheit, dass sie sich auf einen sicheren Prozess verlassen können. „Die Transparenz der Prozesse ist ein entscheidender Faktor für eine langfristig vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Kunden”, berichtet Wolfgang Engel und ergänzt: „Zudem sind einige Zertifizierungen zur Bedingung geworden, um überhaupt an bestimmten Ausschreibungen teilnehmen zu dürfen.”
Auch die Umweltmanagementnorm ISO 14001 gewinnt bei Transporteuren und Logistikern immer stärker an Bedeutung. Sie zielt auf eine kontinuierliche Verbesserung der Umweltleistung eines Unternehmens. „Durch die gesteigerte Sensibilität der öffentlichen Meinung für dieses Thema entscheiden sich immer mehr Unternehmen für eine verbindliche betriebliche Umweltpolitik”, so Wolfgang Engel. Das schafft nicht nur Akzeptanz auf Kundenseite, sondern hilft dem Image der Branche insgesamt.
Sinnvolle Kombinationen für die Pharmalogistik
Für die Pharmalogistik ist die EU-Richtlinie Good Distribution Practice (GDP) zwingend erforderlich, um Qualität und Unversehrtheit von Arzneimitteln entlang der gesamten Lieferkette zu gewährleisten. Das schließt ebenfalls die Einhaltung der durch die Hersteller vorgegebenen Temperaturen für Pharmazeutika ein. Sowohl ISO 28001 als auch die TAPA-Standards sind Sicherheitsmanagementsysteme für den gesamten Verpackungs-, Lagerungs- und Transportprozess und damit hier eine ebenso logische Ergänzung wie die ISO 27001, die die Informationssicherheit im Sinne einer nachweislich ununterbrochenen Lieferkette ohne Einbringung beispielsweise gefälschter Medikamente im Sinne der GDP unterstreicht.
Sinnvolle Kombinationen für die Chemielogistik
Die logistischen Anforderungen an die chemische Industrie sind besonders hoch: Die sachgerechte Lagerung und der sichere Transport von Gefahrstoffen sind anspruchsvoll, Unfälle ziehen ein erhöhtes mediales Interesse auf sich. Darum ist neben der ISO 9001 vor allem das Sicherheits- und Qualitäts-Bewertungssystem (SQAS) der chemischen Industrie wichtig. Diese Beurteilung prüft den Transport, die Lagerung und den Umgang von und mit Gefahrgütern unter mehreren Aspekten: Neben Qualität, Anlagensicherheit, Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz werden dabei auch Umweltverträglichkeit sowie soziale Verantwortung und Compliance-Themen berücksichtigt. Um die Regelkonformität auch für den Fall eines Unglücks nachweisen zu können, ist eine Zertifizierung gemäß des Compliance Management Systems ISO 19600 sinnvoll: Sie dokumentiert die Verpflichtungen aller Prozessverantwortlichen. Für den Arbeits- und Gesundheitsschutz der Mitarbeiter kommt zudem die Occupational Health and Safety Assessment Series (OHSAS) 18001 in Betracht, um arbeitsbedingte Verletzungen zu vermeiden. Und da die chemische Industrie in der öffentlichen Meinung mit Umweltbelastungen in Verbindung gebracht wird, bietet sich neben ISO 14001 auch eine Systemanalyse gemäß ISO 26000 als Leitfaden zur gesellschaftlichen Verantwortung eines Unternehmens (Corporate Social Responsibility) an. „Unter diesem Aspekt prüfen wir bereits im Unternehmen implementierte Managementsysteme und weisen auf sinnvoll ergänzende Zertifizierungsmöglichkeiten hin”, so Wolfgang Engel.
Bedarfsgerechte Zertifizierungen
Um die jeweils sinnvollen Zertifizierungen für einen Logistikdienstleister zu ermitteln, empfiehlt sich eine unabhängige Beratung. „Für uns gibt es keine Sonderfälle, sondern nur individuelle Anforderungsprofile”, erklärt Wolfgang Engel. Als Zertifizierungsgesellschaft berät die DQS nicht zum Aufbau des Systems, jedoch zur sinnvollen Kombination der Standards, um für den Kunden das optimale Paket zu schnüren. Die DQS prüft mehrere Systemanforderungen in kombinierbaren Audits, die gesammelt durch einen Auditor bzw. ein Auditoren-Team vorgenommen werden können. „Das spart den zertifizierten Unternehmen Zeit und Aufwand, der sonst durch mehrere Termine mit unterschiedlichen Abteilungen notwendig wäre.”
Zertifizierungen außerhalb der Standards
Wenn Standard-Regelwerke für spezielle Anwendungen nicht optimal passen, plant die DQS hier in Zusammenarbeit mit den Kunden auch spezielle Audits von der Einzellösung bis hin zum Branchen- oder Verbandsstandard. So werden spezielle Prüfsysteme entwickelt, um Lieferanten entlang der Wertschöpfungskette auf die speziellen Bedürfnisse des Auftraggebers zu auditieren. Diese können Themen wie soziale Verantwortung, Umgang mit speziellen Waren, Sicherheit der Standorte, Liefersicherheit und auch wirtschaftliche Sicherheit abdecken.
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