Nachruf auf Prof. Dr. rer. pol. Wolf-Rüdiger Bretzke
formuliert von Prof. Dr.-Ing. Thomas Wimmer mit Impulsen und Texten von Peter Klaus und Robert Kümmerlen
"Sein Wort in Schrift und Rede hatte Gewicht. Die Diskussionen mit ihm haben gefordert, aber auch immer schlauer gemacht.“
Prägnanter kann man Wolf-Rüdiger Bretzke nicht beschreiben. Wer ihn in Hochform erleben wollte, brauchte nur den Vorschlag zu unterbreiten, den Begriff „Logistik“ durch „Supply Chain Management“ zu ersetzen. Oder Lieferketten „ganzheitlich“ zu optimieren. Dann erläuterte er aus dem Stegreif, das Konzept vollständig integrierter Lieferketten solle ersetzt werden durch lose gekoppelte Prozesse und Planungssysteme von Unternehmen, die ihre Autonomie bewahren und den Wettbewerb als Anreizsystem und als Quelle für Energie und Flexibilität nutzen. Schon Kopfschmerzen beim Lesen? „Diskussionen mit ihm haben gefordert, aber auch immer schlauer gemacht.“
Wolf Bretzke, Jahrgang 1944, war in Wirtschaft und Wissenschaft ein renommierter Experte und Fachautor. Seine Kenntnisse umfassten Operatives ebenso wie Strategieentwicklung für globale Lieferketten. Bretzke war 1989 Gründer und Sprecher der BVL-Regionalgruppe Ruhr, von 2001 bis 2007 im Vorstand der Bundesvereinigung Logistik (BVL) aktiv und wirkte darüber hinaus im wissenschaftlichen Beitrat mit. Er hat die Definition des Begriffs Logistik maßgeblich geprägt. Mit beeindruckender Klugheit teilte er sein Wissen – ohne Berührungsängste oder Vorbehalte, fachlich brillant und menschlich hoch sympathisch, mit Stil und Respekt für sein Gegenüber.
Mit seiner Arbeit hat er im Wirtschaftsbereich Logistik wichtige Impulse gesetzt. Dessen vielfältigen Herausforderungen hat Wolf Bretzke in Büchern, Artikeln, Vorträgen und Kommentaren behandelt – in weit über 200 Fachpublikationen. Es ging ihm um die Entwicklung zukunftsfähiger Netzwerk- und Prozessmodelle. Heute sind diese die Grundlagen für erfolgreiche Unternehmensstrategien.
Bretzke studierte Ende der 1960er Jahre an der Universität Köln Betriebswirtschaftslehre und promovierte 1975 zum Prognoseproblem bei der Unternehmungsbewertung. Er hat auf Führungsebenen bei logistischen Dienstleistungsunternehmen gearbeitet und in den 1990er Jahren ein eigenes Beratungsunternehmen aufgebaut. Zudem hatte er von 1996 bis 2000 den Lehrstuhl für Verkehrsbetriebslehre und Logistik am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität Duisburg inne.
Der in der gesamten Logistik-Community hochgeschätzte Branchenkenner hatte zudem eine fröhliche und eine poetische Ader. Wenn er in geselliger Runde seine Bonmot-Kiste öffnete, blieb kein Auge trocken. Und er veröffentlichte in den Jahren 2015 und 2017 zwei Gedichtbände – und zum Winteranfang 2022 einen Kriminalroman.
Während der letzten zwei Lebensjahre war Wolf Bretzke als Folge schwerer Krankheit bewegungsunfähig an das Haus gefesselt. In einem Brief zur Buchvorstellung schrieb er kürzlich, seine Krankheit habe ihm zuletzt sogar die Fähigkeit genommen zu sprechen. Seinen Grips aber habe sie verschont. „Gleichwohl nehme ich, vor allem dank der liebevollen Pflege durch meine Frau, noch gerne am Leben teil.“ und als PS: „Den Roman habe ich mit dem Zeigefinger der rechten Hand geschrieben (41.500 Wörter)“. Chapeau.
Wolf-Rüdiger Bretzke ist am 23. Dezember 2022 im Alter von 78 Jahren gestorben.
Lieber Wolf, wir werden Dich gern in der Erinnerung behalten. Danke für alles, was Du in Deinem Leben und für Deine BVL geleistet hast.