Eines steht fest: Der Einzelhandel und auch Handelsimmobilien müssen sich den sich ändernden Kundenbedürfnissen anpassen. Kunden, Gäste, Konsumenten – Menschen ändern ihre Prioritäten, Bedürfnisse und Vorlieben. Es gilt, die an Einzelhandel und Handelsimmobilien gestellten Erwartungen in Bezug auf soziale Verantwortung und Nachhaltigkeit zu erfüllen, digitale Erfahrungen im Shop wie zum Beispiel Smart Fitting Rooms oder 360-Grad-Customer-Engagement anzubieten sowie ein kanalübergreifendes Shopping-Erlebnis über Omnichannel-Systeme zu ermöglichen. Der digitale und der physische Einzelhandel wachsen immer weiter zusammen und werden eine neue, modernere, vernetztere Art des Einkaufens und Erlebens hervorbringen, die dafür sorgt, dass die Menschen nahtlosere Einkaufserfahrungen haben und aufgrund der Service-, Angebots- und Erlebnisvielfalt gerne ins Shopping-Center kommen. Dies gilt unabhängig von der Coronavirus-Pandemie, wird durch sie zum Teil aber noch verstärkt.
Unibail-Rodamco-Westfield (URW) überlässt da nichts dem Zufall und hat eigens zur Lösung von Herausforderungen wie diesen das URW Lab sowie URW Link ins Leben gerufen: einen umfassenden Innovationshub, der der digitalen Transformation mit einem starken und agilen Innovationsnetzwerk begegnet. In Kooperation mit Start-ups und ThinkTanks werden so beispielsweise neue Ideen für urbane Destinationen entwickelt. Durch seine Innovationskraft ist URW dafür bekannt, branchenweit Maßstäbe für zukunftsorientierte Shopping-, Gastronomie- und Freizeitkonzepte, Trends sowie außergewöhnliche Partnerschaften zu setzen – im Fokus stehen besonders drei zentrale Cluster: Health, Fitness & Well-Being, Food & Socializing sowie Freizeit & Entertainment.
Die Herausforderungen in der Branche werden nicht weniger, weshalb URW seiner Zeit voraus sein möchte. Die folgenden drei Thesen zur Zukunft von Shopping-Centern sollen dies zeigen.
These 1: Im Retail werden Erlebnisse immer relevanter.
Es hat bereits eine deutliche Teilung zwischen Einkaufen und Shopping begonnen. Die Shops, die jetzt in Bedrängnis kommen, gehören verstärkt zum Bereich Einkauf. Die Stores, die inszenieren und Überraschungen für den Kunden bieten, werden in der Zukunft deutlich zunehmen. Solche Shops fungieren als physische Repräsentanzen einer Marke. Sie machen sie erlebbar und greifbar. Diese Entwicklung ist nicht ganz neu. Aber sie wird sich deutlich beschleunigen. Was Kunden langweilt, wird automatisiert. Die wiederholten Einkäufe des täglichen Bedarfs, die uns nicht überraschen, nicht amüsieren, die keine sozialen Bedürfnisse befriedigen, werden ins Internet wandern. Das Shopping in der Zukunft dagegen ist mit Erlebnis verbunden.
Wir haben im Zuge unseres „Westfield How We Shop – The Next Decade“-Reports mehr als 15.000 europäische Konsumenten zur Zukunft des Einzelhandels befragt. Ein Ergebnis: 75 Prozent der Befragten glauben, dass bis 2027 auf mehr als der Hälfte der Retailflächen Erlebnisse angeboten werden. 81 Prozent sind auch bereit, dafür mehr zu bezahlen. Ein Musterbeispiel wird unsere im Bau befindliche Mixed-use-Destination Westfield Hamburg-Überseequartier in der Hamburger HafenCity sein. Hier werden neben dem Einzelhandel die bereits erwähnten drei Cluster umfänglich bedacht.
These 2: Infrastrukturell optimal eingebundenen Mixed-use-Destinationen gehört die Zukunft.
Um beim Westfield Hamburg-Überseequartier zu bleiben – ein urbanes Mixed-use-Projekt, das nicht nur bei URW viel Aufmerksamkeit bekommt, sondern auf das die Branche schaut. Insgesamt 14 Gebäude von renommierten Architekten werden bis 2023 im Herzen der HafenCity und direkt am Elbufer entstehen: 650 Wohnungen, rund 48.000 Quadratmeter Bürofläche, 830 Zimmer in drei Hotels, ein Kreuzfahrtterminal sowie der genannte Bereich Retail / Gastronomie / Freizeit, Unterhaltung und Kultur. Der perfekte Platz, um viele unserer Initiativen zu implementieren und Trends vereinen: ein modernes Kino mit weiteren Freizeit- und Kultureinrichtungen, multisensorische VR- oder AR-Welten und Konzepte aus den Bereichen Fitness, Well-Being und Gesundheit, dazu ein ausdifferenziertes Retail-Angebot mit erlebnisorientierter Gastronomie. Gerade in diesem Bereich sollen Maßstäbe gesetzt werden. URW plant 46 Gastronomiekonzepte, die in drei Themenwelten unterteilt sind: von der lebendigen urbanen ‚Neighbourhood‘ mit nationalen und internationalen Konzepten für den gesamten Tagesverlauf über ein Segment für authentisches lokales Streetfood bis hin zur Uferpromenade mit erlesenen À-la-carte-Restaurants.
Das alles stellt hohe Ansprüche an Mobilität, Logistik und Verkehr, denen mit smarten Lösungen und Plattformen begegnet wird. Am Quartier führen Buslinien entlang, es verfügt über eine eigene U-Bahn-Station und 2.500 Parkplätze. Autobahnzufahrten sind schnell erreichbar. Aber URW denkt auch an die Zukunft. Deshalb wird es mehr Fahrrad- als Autostellplätze im Quartier geben, nämlich 3.500. Es werden zahlreiche Ladestation für E-Autos und E-Bikes installiert, Sharing-Economy integriert sowie Smart Shuttles und Smart-Parking-Systeme. Im Bereich der Lieferketten diskutiert URW ebenso verschiedene innovative Lösungen, unter anderem Drohnen-Lieferung, White Label Boxes, Lieferroboter oder Lastenräder. Zum Kontext moderne Mobilität gehört ebenso der Verkehr: Es werden intelligente Verkehrsleitsysteme implementiert und die quartierseigene Parkgarage in das innerstädtische Verkehrsleitsystem integriert.
URW möchte es den Menschen ermöglichen, sich unbeschwert und nachhaltig im Westfield Hamburg-Überseequartier fortzubewegen beziehungsweise an- und abzureisen. Deshalb sind bereits heute Kooperationen im Bereich Mobilität geschlossen worden. Dazu gehören gemeinsame Aktionen und Projekte mit den Hamburger Unternehmen Wunder Mobility, das Technologielösungen für Fahrgemeinschaften entwickelt, und e-floater, das emissionsarme E-Scooter anbietet. Das Quartier wird ein pulsierender Zukunftsort, der für eine dynamische Verbindung von Wohnen, Arbeiten und Leben steht, aber er wird auch moderner und smarter Mobilitäts- und Logistik-Hub sein.
These 3: Omnichannel-Lösungen und Kooperationen werden zu essenziellen Standards.
Die Zusammenarbeit zwischen stationärem Handel und E-Commerce-Spezialisten ist ein wichtiger Hebel, damit sich der Handel zukunftsfähig aufstellen kann. Entsprechende Omnichannel-Ansätze wie Ship-from-Store oder Click&Collect sind bereits weit verbreitet und werden zukünftig zum Standard. Dazu trägt auch Unibail-Rodamco-Westfield einen starken Anteil bei und unterstützt so seine Mietpartner. Ein Beispiel: Gemeinsam mit der Online-Fashion-Plattform Zalando und über deren Plattform „Connected Retail“ bietet URW seinen Mietpartnern unter anderem an, dass sie Waren aus ihren Shops oder lokalen Lagern versenden können, die Verbraucher zuvor auf Zalando bestellt haben. Die Kooperation hilft, den Lagerumschlag bei teilnehmenden Marken zu verbessern – was gerade in der jetzigen Phase, bei einem durch die Coronavirus-Pandemie staatlich verordneten Lockdown, ein enormer Vorteil ist. Zudem werden in der Logistik die Wege kürzer und die Lieferketten ökologisch nachhaltiger.
Aber nicht nur der stationäre Handel muss sich Fragen stellen: Auch Online-Marken müssen nach Lösungen suchen, um ihre Markenwelten fühl- und erlebbar zu machen und sich so vom Wettbewerb abheben zu können. Das wiederum spricht für Unternehmen wie URW mit Shopping-Centern – mit Flagship-Destinationen – in ausgesprochenen Top-Lagen, mit hohen Frequenzen, ausdifferenzierten Mietermixen, überregionaler Strahlkraft und hohem Freizeit- und Erlebniswert. Deshalb begrüßt URW regelmäßig Digital Native Brands, also ursprünglich online groß gewordene Marken, in seinen Shopping-Centern, beispielsweise zuletzt Ankerkraut im Ruhr Park in Bochum, eine auch über die TV-Sendung „Die Höhle der Löwen“ bekannt gewordene Gewürzmanufaktur, die durch E-Commerce erfolgreich geworden ist. URW sieht im stationären Handel das Rückgrat von erfolgreichen Omnichannel-Systemen.
Omnichannel ist aber auch in der Gastronomie ein relevantes Stichwort. Wie können Bestellungen abgeholt und geliefert werden? Wie sieht sinnvolles Multichannel-Marketing aus? Wie kann eine effektive und erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Gastronomie-Mietpartnern aussehen? Mit kreativen und wirkungsvollen Antworten auf diese Fragen ist URW Vorreiter. In diesem Kontext ist der Austausch innerhalb der URW Group essenziell. Die einzelnen Regionen profitieren voneinander und teilen Erfahrungen und Kenntnisse. Beispiel: das Vélizy 2 westlich von Paris. Im Frühjahr 2019 hat URW hier die europaweit erste Multichannel-Gastronomie-Plattform in einem Shopping-Center eingeführt. Dazu zählt unter anderem, dass die digitale Infrastruktur an die Bedürfnisse von Kunden und Lieferdiensten angepasst, Mobilitätsangebote optimiert und die Kommunikationsprozesse erleichtert worden sind. Beim Projekt Westfield Hamburg-Überseequartier wird eine ähnliche Plattform geplant.
Während sich die Coronavirus-Pandemie im Frühjahr 2020 ausbreitete sind auch Kooperationen entstanden oder intensiviert worden, die zeigen, dass es oft Wege gibt, um sich auf neue Bedingungen und Bedürfnisse einzustellen – in diesem Fall sogar innerhalb weniger Tage und Wochen. So hat URW dem Großteil der Gastronomen in den von URW betriebenen Shopping-Centern den Zugang zum Lieferando-Lieferdienst ermöglicht. Dazu zählt auch, dass wir in einigen Centern gemeinsam mit Too Good to Go der Verschwendung von Lebensmitteln den Kampf angesagt haben und Kunden und Restaurantbetreiber miteinander vernetzt worden sind.
Im Bereich Kooperationen lassen sich auch sogenannte Micro-Hubs verorten. Insbesondere bestehende Shopping-Center verfügen über große Entladezonen für Lastkraftwagen und Transporter. Diese können für Micro-Hubs für Logistikpartner genutzt werden, um von hier aus zum Beispiel auch im stark urban geprägten Umfeld über Fahrrad-Lieferservice agieren zu können. Im Management-Portfolio von URW befinden sich zahlreiche zentral gelegene, von großer Urbanität und dichten Einzugsgebieten geprägte Shopping-Center, beispielsweise in Berlin, München, Köln, Düsseldorf oder Frankfurt a.M. Für diese Standorte schaut URW sich gerade verschiedene Optionen intensiv an und es werden in passenden Centern entsprechende Lösungen etabliert.
Autor: Olaf Ley, Director Investment / Business Development bei Unibail-Rodamco-Westfield Germany