Institutionelle Investoren suchen seit Jahren aufgrund des unverändert niedrigen Zinsumfeldes nach attraktiven, höher verzinslichen Anlagen. Sie haben daher ihre Immobilienquoten teilweise bis auf die aufsichtsrechtlich zulässigen Höhen angepasst. Marktentwicklungen wie der boomende E-Commerce, eine weltweit steigende Arbeitsteilung, sich ständig verkürzende Produktzyklen aber auch eine Verbesserung der handelsrechtlichen Rahmenbedingungen (Digitalisierung, neue Incoterms, Blockchain usw.) führen in Verbindung mit den Trends zum Outsourcing von Logistikdienstleistungen und der Optimierung von Hallenflächen zu permanenten, nachhaltigen Flächennachfragen. Aufgrund der sehr geringen Leerstandsquoten kann die hohe Nachfrage oft nur durch Neubauten befriedigt werden. Eine in vielen Teilen Deutschlands stark eingeschränkte Flächenverfügbarkeit einhergehend mit einer hohen Nachfrage birgt für Investoren die Chance auf Mietsteigerungen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten.
Dieses positive Marktumfeld in Verbindung mit einer guten Planbarkeit der Erträge, höheren Renditen als in anderen Assetklassen und einer geringeren Volatilität als in Büro- oder Einzelhandelsinvestments treiben das Interesse vieler institutioneller Investoren an der Assetklasse Logistikimmobilien.
Investoren in Logistikimmobilien finden sich jedoch oft in einem Spannungsfeld von Interessen wieder. Während Maklerhäuser, Projektentwickler und Verkäufer im Rahmen von Bieterverfahren den maximalen Kaufpreis anstreben und Nutzer und Mieter nach einer Immobilie suchen, die bei günstiger Miete ihre Standortanforderungen und ihren Betriebszweck erfüllen, steht für Investoren eine drittverwendungsfähige Immobilie zu einem attraktiven marktgerechten Preis im Vordergrund. Finanzierende Banken und Bewerter haben hierbei die gleiche Blickrichtung wie Investoren.
Investments in Logistikimmobilien werden daher vorwiegend durch die Drittverwendungsfähigkeit der erworbenen Objekte beurteilt. Unter Drittverwendungsfähigkeit wird branchenüblich die Nachnutzbarkeit beziehungsweise Wiedervermietbarkeit einer Immobilie nach Ausfall eines Mieters
verstanden.
Für die Prüfung einer Logistikimmobilie als Investment sind die Wiedervermietbarkeit und die aktuelle Nutzung von zentraler Bedeutung. Je stärker eine Immobilie auf die individuellen Anforderungen eines Nutzers zugeschnitten ist, desto geringer ist in der Regel ihre Drittverwendungsfähigkeit. Eine Reihe an Parametern ist hierbei für die Bewertung ausschlaggebend (siehe Grafik).
Ebenso zu beachten sind die wirtschaftliche Nutzungsdauer der Immobilie sowie Nachhaltigkeitsaspekte. Je höher die Drittverwendungsfähigkeit ist, desto höher ist auch der „Wert“ einer Immobilie. An erster Stelle steht bei der Bewertung von Logistikimmobilien die Standortwahl.
Analyse der Marktstruktur
Bei der Marktanalyse werden sowohl Angebot und Nachfrage auf dem jeweiligen Investmentmarkt, als auch die Situation auf dem Vermietungs- und Grundstücksmarkt beurteilt. Untersucht werden dafür die in der Region vorhandenen Bestandsobjekte mit Art, Alter und Qualität sowie geplante Baumaßnahmen und aktuelle Projektentwicklungen. Ebenso wird die Nachfrage nach Logistikflächen durch potentielle Nutzer eingeschätzt. Anhand des ortsüblichen Mietniveaus kann ermittelt werden, ob sich der Mietansatz des Investitionsobjekts im Rahmen der Marktmiete bewegt. Ein regelmäßiger Austausch mit Nutzern, Maklern und Beratern hilft, die regionale Marktsituation zu bewerten.
Standortanforderungen auf Makro- und Mikroebene
Im Rahmen einer Investitionsentscheidung werden bei der Standortbewertung sowohl die großräumigen Rahmenbedingungen auf der Makroebene als auch das direkte Umfeld und die verkehrliche Anbindung auf der Mikroebene untersucht. Auf der Makroebene gibt es Standorte, die allgemein attraktive Rahmenbedingungen für die Logistik bieten - unabhängig von der spezifischen Nutzung. Folgende Faktoren können zu einer hohen Standortattraktivität beitragen:
Die Nähe wird dabei als Standortfaktor immer wichtiger: Während in der Zulieferlogistik die Nähe zu den Produktionsstätten entscheidend ist, ist die Handelslogistik auf die Nähe zu den Ballungsräumen beziehungsweise dem Absatzgebiet ausgerichtet. Für die Im- und Export-Logistik müssen Hafen oder Flughafen schnell erreichbar sein. Bei der zentralen Distribution mit deutschlandweitem oder europaweitem Fokus ist die Lage an Autobahnkreuzen oder wichtigen Verkehrsachsen ausschlaggebend. KEP-Dienstleister suchen Standorte in den Stadtgebieten oder Stadtrandlagen für die schnelle Paketzustellung.
Bei der Mikrolage wird das direkte Umfeld der Logistikimmobilie, das heißt in der Regel das Gewerbegebiet, betrachtet und analysiert, inwiefern dieses einen störungsfreien Betrieb ermöglicht. Wichtige Kriterien sind hierbei:
Merkmale auf Objektebene
Drittverwendungsfähigkeit
Für verschiedene Nutzungen gibt es unterschiedliche Logistikimmobilientypen, die zum Teil andere Gebäudemerkmale aufweisen. Während ein Produktionslager für die Zulieferlogistik meist über ebenerdige Tore und überdachte Andienungszonen verfügt, sind Distributionshallen in der Regel mit Heckandienung und Mezzaninflächen ausgestattet. Paketverteilzentren benötigen für den Paketumschlag eine zweiseitige Andienbarkeit und sind mit Sprintertoren ausgestattet. Für die Bewertung von Logistikimmobilien ist es daher wichtig, das jeweilige Objekt dem richtigen Gebäudetyp zuzuordnen. Zu Logistikimmobilien, deren Nutzung auf spezifischere Zwecke ausgelegt ist, gehören unter anderem Umschlaghallen, Kühlhallen und Gefahrguthallen. Diese Immobilientypen werden aufgrund des steigenden Bedarfs nach entsprechenden Leistungen oder Waren immer stärker nachgefragt.
Die Flexibilität der Halle und die Ausstattung stehen im Fokus für die Bewertung der Drittverwendungsfähigkeit. Allgemeine Kriterien dienen hierfür als Orientierungshilfe. Allerdings muss eine drittverwendungsfähige Logistikimmobilie nicht alle Punkte erfüllen!
Bereits bei der Projektentwicklung von Logistikimmobilien sollte eine potentielle Nachnutzung berücksichtigt werden. Da eine Unterteilbarkeit der Hallenfläche eine flexiblere Nachvermietung zulässt, sollte bereits bei der Erstellung eine separate Nutzbarkeit der Hallenunits sowie eine getrennte Erfassung der Betriebskosten vorgesehen werden. Nachträglich ist eine solche Unterteilung mit hohen Kosten verbunden.
Auch der Büroanteil spielt eine wichtige Rolle bei der Nachvermietung. Während vor einigen Jahren noch Büroanteile von zehn Prozent der Gesamtfläche oder mehr üblich waren, ist der Bedarf mittlerweile deutlich zurückgegangen. Entsprechend sind Anteile von drei bis fünf Prozent - oftmals noch weniger - völlig ausreichend und sollten nicht überschritten werden, um Leerstand zu vermeiden.
Anforderungen an Mietverträge bei Logistikimmobilien
Laufzeiten:
Die Laufzeiten der Mietverträge fallen bei Logistikimmobilien mit ein bis fünf Jahren bei Bestandsobjekten und drei bis zehn Jahren bei Neubauten im Vergleich zu anderen Assetklassen relativ kurz aus. Oftmals wünschen Nutzer eine kongruente Laufzeit zu ihrem eigenen Logistik-Dienstleistungsvertrag. Je kürzer die Mietvertragslaufzeit, desto größer ist die Bedeutung des Standorts für den Investor. Mietpotential und Nachfrage sollten eine rasche Nachvermietbarkeit ermöglichen.
Optionen:
Nutzer und Mieter wünschen neben einer anfänglichen Festlaufzeit des Mietvertrages anschließend einseitige Optionen, um die Halle bei fortgesetzten Kontrakten weiter nutzen zu können. Für Investoren sind diese mietvertraglichen Regelungen – gerade bei Fristen unter fünf Jahren – oft nachteilig, da sich Objekte mit kurzer Restlaufzeit oft schwieriger beziehungsweise nur zu schlechteren Konditionen wieder verkaufen lassen. Projektentwickler sollten deshalb darauf achten, möglichst nicht zu viele Optionen mit zu kurzen Fristen zu vereinbaren.
Indexierung:
Für institutionelle Investoren steht neben einer attraktiven Rendite auch der Werterhalt ihrer Kapitalanlage im Vordergrund. Zur Vermeidung von Geldentwertungen sind deshalb Vereinbarungen von sogenannten Wertsicherungsklauseln von immanenter Bedeutung. Geeignete Möglichkeiten sind hierbei die Vereinbarung von Staffelmieten oder Indexmieten, die sich am Verbraucherpreisindex (VPI) orientieren. Die inzwischen branchenüblichen Schwellen oder verringerten prozentualen Anpassungen auf die Indexveränderungen sollten für den Investor noch einen adäquaten Werterhalt bieten.
Instandhaltungen:
Mit Ausnahme von Sale-and-Lease-Back Transkationen, bei denen der Verkäufer und künftige Nutzer auch für Dach und Fach im Rahmen von Triple-Net-Verträge zuständig ist, sind Double-Net-Verträge bei der Anmietung von Logistikimmobilien üblich. Das bedeutet, dass der Mieter laufende Kosten wie Grundsteuer, Gebäudesicherung, Verwaltungskosten, Wartungen und Instandhaltungen von technischen Einrichtungen wie zum Beispiel Heizungsanlage, Sprinkler, Verladetore etc. trägt. Auf den Vermieter entfallen Kosten für Dach und Fach, die etwa die Baukonstruktion sowie technische Anlagen und Installationen betreffen.
Bewertung von Logistikimmobilien
Spannungsfeld Kaufpreis – Verkehrswert – Beleihungswert
Sowohl beim Erwerb als auch bei der Finanzierung kommt der Bewertung der Logistikimmobilie eine besondere Rolle zu. Insbesondere beim Kauf von Logistikimmobilien durch offene oder geschlossene Immobilienfonds, die als Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB) gelten, sind besondere Bedingungen zu beachten. So darf der zwischen Verkäufer und Käufer vereinbarte Kaufpreis nicht um mehr als drei bis fünf Prozent zum vom Gutachter ermittelten Verkehrswert abweichen. Und gerade hier gibt es oft Überraschungen. Während Käufer oftmals aufgrund ihrer individuellen Strategien bereit sind, einen hohen Preis zu zahlen, ist der Verkehrswert (Marktwert) gerade ohne Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse (§ 194 BauGB) zu ermitteln.
Die Ermittlung der Verkehrswerte unterliegt bestimmten Gesetzen und Normen, die im Baugesetzbuch (BauGB), der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) und in den Wertermittlungsrichtlinien (WertR) geregelt sind.
Der Beleihungswert hat dagegen eine ganz andere Zweckbestimmung als der Verkehrswert (Marktwert). Der Beleihungswert findet im Zusammenhang mit Immobilienbeleihungen Anwendung. Bei der Ermittlung stehen die Sicherheitsbedürfnisse der finanzierenden Seite (Banken, Versicherungen, Bausparkassen) im Vordergrund. Der festzustellende Beleihungswert soll während der gesamten Dauer der Beleihung (Darlehenslaufzeit) Bestand haben und unabhängig von auftretenden Marktschwankungen sein.
Die Höhe des Beleihungswertes hat dabei wesentlichen Einfluss auf die Finanzierung. Bis zu 60 Prozent des Beleihungswertes einer Immobilie (Senior Loan) können sich Kreditinstitute zinsgünstig über Pfandbriefe refinanzieren. Da zudem Banken innerhalb dieser Grenzen nur geringere Eigenkapitalanteile für Kreditvergaben unterlegen müssen, erhalten Kreditnehmer für diesen Kreditteil die günstigsten Konditionen.
Die Ermittlung der Beleihungswerte ist durch gesetzliche Vorgaben (Pfandbriefgesetz, Beleihungswertermittlungsverordnung) streng reguliert und kann in der Regel auch nur durch von der HypZert geprüfte Sachverständige vorgenommen werden.
Weitergehende Informationen zur Bewertung von Logistikimmobilien findet man zum Beispiel unter www.hypzert.de oder im von der Immobilienzeitung veröffentlichten „Kompendium der Logistikimmobilie“.
Finanzierung von Logistikimmobilien
Mit einer weiteren Professionalisierung der Branche, einer zunehmenden Transparenz der Märkte und einer weiteren Etablierung der Logistikimmobilie als eigenständige Assetklasse steigt das Interesse der Banken deutlich. Da die Finanzierunganforderungen der Kreditinstitute oft sehr unterschiedlich sind, empfiehlt es sich mehrere Angebote einzuholen. Der zuvor beschriebene Beleihungswert spielt jedoch bei Kredithöhe und Kreditkondition eine entscheidende Rolle. Den Finanzierungsspielraum engen oftmals bestimmte Besonderheiten ein. So lassen sich Erbbaurechte oftmals schwieriger und mit schlechteren Konditionen finanzieren als Volleigentum.
Mieter von Logistikimmobilien stecken oft große Summen in die Einrichtung und den Ausbau der gemieteten Flächen. Diese Investition wollen sie vor einer möglichen Insolvenz des Vermieters schützen, meist mit einer im Grundbuch einzutragenden Mieterdienstbarkeit. Im Dreieck Eigentümer – Mieter – finanzierende Bank kann diese oft im Grundbuch an erster Stelle stehende Belastung problematisch sein. Eigentümer brauchen jedoch keine Einschränkung bei der Finanzierung befürchten, wenn sie sich an die vom Verband der deutschen Pfandbriefbanken (vdp) veröffentlichten Musterverträge halten beziehungsweise den Inhalt der Mieterdienstbarkeiten frühzeitig mit ihrer Bank besprechen.
Autor: Bodo Hollung, Geschäftsführer LIP Invest GmbH, München, und Mitglied im BVL-Themenkreis Logistikimmobilien.