Eine hohe Drittverwendungsfähigkeit und ein geringer Instandhaltungsaufwand machen Logistikimmobilien als Investment attraktiv. Doch welche Anforderungen werden aus Investorensicht an ESG-konforme Logistikimmobilien gestellt und wie lässt sich das mit dem Anspruch an die Wirtschaftlichkeit vereinen?
ESG bei Logistikimmobilien-Fonds
Bei Logistikimmobilien-Fonds gibt es verschiedene Produktangebote, die sich je nach Klassifizierung gemäß Artikel 6, 8 oder 9 der Offenlegungsverordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation SFDR) unterscheiden. Diese Verordnung trat bereits im März 2021 in Kraft, mit dem Ziel die Transparenz im Hinblick auf Nachhaltigkeitsauswirkungen in der gesamten Finanzbranche zu fördern. Fondsanbieter müssen dadurch offenlegen, ob sie Nachhaltigkeitskriterien in ihrer Anlagestrategie berücksichtigen oder nicht.
Während Artikel-6-Fonds in der Investmentstrategie keine Nachhaltigkeitsziele verfolgen, fördern Artikel-8-Fonds Nachhaltigkeitsmerkmale, in dem konkrete Nachhaltigkeitsindikatoren festgelegt werden. So werden beim Ankauf bspw. Objekte mit Ölheizungen ausgeschlossen. Daher spricht man bei Artikel-8-Fonds gelegentlich von ESG-Strategie-Fonds. Artikel-9-Fonds wiederum verfolgen neben der Rendite mindestens ein explizites Nachhaltigkeitsziel, z.B. den Energiebedarf der angekauften Immobilien zu senken. Sie werden demgemäß auch Impact Fonds genannt. Letztendlich können institutionelle Investoren durch die transparent kommunizierten Nachhaltigkeitsaspekte eines Fonds mehr Durchblick im Angebotsdschungel gewinnen und ihre Investmententscheidung je nach eigenen ESG-Präferenzen treffen.
Mit einer ESG Due Diligence kann bereits im Ankaufsprozess beurteilt werden, ob ein Akquisitionsobjekt den definierten Anforderungen genügt. Zudem wird damit geprüft, ob Nachhaltigkeitsrisiken (z.B. Lage in einem Hochwassergebiet) oder Optimierungspotenziale bei einem Objekt bestehen. Im Hinblick auf den Energieverbrauch wird u.a. das sogenannte Stranding Risk analysiert. Dadurch wird verdeutlicht, ob es sich bei der Immobilie um ein langfristig attraktives Investment handelt. Das Stranding Risk stellt das Ausfallrisiko von Immobilien dar, die die Richtwerte für CO2-Emissionen gemäß dem Pariser Klimaabkommen nicht einhalten können. Für Logistikgebäude sind die CO2-Emissionen bis zum Jahr 2050 auf einen Wert von ca. 5 bzw. 1 kg/m²a sowie der Endenergieverbrauch auf annähernd 30 bzw. 7 kWh/m²a zu reduzieren, um das 2- bzw. 1,5-Grad-Ziel einzuhalten. Bei Stranded Assets ist im Verkaufsfall gegebenenfalls mit einer Abwertung zu rechnen.
Was tun gegen Stranded Assets?
Mit Maßnahmen wie der Installation einer Photovoltaikanlage kann das Stranding Risk vermieden oder der Stranding Zeitpunkt verlängert werden. Endenergieverbrauch und CO2-Emissionen einer Immobilie können durch die Nutzung von Solarmodulen kompensiert und die vorgeschriebenen Zielpfade eingehalten werden. Doch während Photovoltaikanlagen bei Neubauprojekten mittlerweile nahezu zur Standardbauweise gehören, gestaltet sich die Nachrüstung bei Bestandsimmobilien komplexer:
Ausschlaggebend für die Errichtung einer PV-Anlage ist in erster Linie die Statik. Zum aktuellen Zeitpunkt werden mindestens 15 kg/m² Lastreserve in der Dachstatik benötigt. Bei Bestandsobjekten, die älter sind als 10 Jahre, ist daher oftmals nur ein Bruchteil der Dachflächen für die Installation von Photovoltaikmodulen geeignet. Mit einem statischen Gutachten lässt sich im Einzelfall prüfen, ob die Logistikimmobilie über die zusätzliche Lastreserve verfügt. Ist dies nicht der Fall, müsste eine bauliche Ertüchtigung erfolgen, wodurch sich die PV-Anlage wirtschaftlich tendenziell nicht rentieren würde. Diesbezüglich stoßen Realität und gesetzliche Vorgaben aufeinander: Logistikimmobilien verfügen über einen langen Lebenszyklus von bis zu 50 Jahren. Einzig Dachfolie und -dämmung müssen eventuell während der Haltedauer saniert werden. Im Falle einer Dachsanierung müsste nach gesetzlichen Vorgaben einzelner Bundesländer eine Photovoltaikanlage nachgerüstet werden – ohne Berücksichtigung, ob dies aus statischer Sicht machbar ist oder nicht. Dass jedes Bundesland eine eigene Solarpflichtregelung erlässt, erschwert die Lösungsfindung zusätzlich.
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Dennoch sind PV-Anlagen bei Logistikimmobilien zur Zeit der Baustein mit dem größten Effekt zur Verbesserung der Nachhaltigkeitsbilanz. In Kombination mit weiteren Effizienzmaßnahmen können Solaranlagen einen noch größeren Mehrwert schaffen. Mit der Integration der PV-Anlage in das Gebäudeleitsystem lässt sich der Ökostrom beispielsweise in Richtung E-Ladesäulen und Mieternutzung steuern. Außerdem wird dadurch eine detaillierte Verbrauchsdatenerfassung ermöglicht, auf deren Basis sich Annahmen zu möglichen Batteriespeichergrößen ableiten lassen. Ein Batteriespeicher kann grundsätzlich integriert werden. Allerdings empfiehlt es sich, die PV-Anlage zunächst ein Jahr im Vollbetrieb des Nutzers laufen zu lassen und anschließend eine Analyse des Nutzerverhaltens durchzuführen. Auf diese Weise können die tatsächlich benötigte Batteriespeichergröße anhand des Stromverbrauchs abgeleitet und Unkosten in der teuren Anschaffung vermieden werden.
Generell ist die Erfassung der Verbrauchsdaten einer Logistikimmobilie sinnvoll, um einerseits ihren CO2-Fußabdruck berechnen zu können und andererseits die Energiekosten besser im Griff zu haben. Die Ausstattung mit Smart Metern, digitalen Strom- und Gaszählern, vereinfacht zwar die Datenerfassung – insbesondere bei Multi-Tenant-Objekten – ist aber oftmals noch nicht für jede Einzelunit einer Logistikimmobilie Standard.
Ganzheitlich geplante Logistikparks
Neben PV-Anlagen gibt es weitere Möglichkeiten, die Kraft der Natur zu nutzen; Stichwörter Solarthermie, Geothermie, Blockkraftheizwerk und Windkraftanlagen. Letztere in eine bestehende Liegenschaft zu integrieren, ist jedoch selten realisierbar. Die Grundflächenzahl (GRZ) ist in der Regel bereits durch die Bebauung mit der Logistikhalle ausgereizt, sodass nicht genügend Abstand zum Windrad gewährleistet werden kann. Forschungsansätze zur Integration von Kleinwindkraftanlagen existieren bereits. Entsprechende Projekte zu alternativen Energieressourcen sollten bestenfalls schon in der Planung von Logistikparks bzw. Industriegebieten mit bedacht werden. Kommunen, Projektentwickler und Investoren gehören daher frühzeitig gemeinsam an einen Tisch.
Doch selbst wenn alle Beteiligten beim Thema Nachhaltigkeit auf einen Nenner kommen, sorgt die Frage, wer am Ende die Kosten trägt, oftmals für Differenzen. Da Logistikimmobilien, wie eingangs beschrieben, Investmentmöglichkeiten für institutionelle Anleger darstellen, müssen sie dementsprechend als Kapitalmarktprodukt wettbewerbsfähig sein. Daraus ergibt sich beim Bau sowie bei Bestandssanierungen ein gewisser Anspruch an die Wirtschaftlichkeit von ESG-Maßnahmen.
Auch hier bieten sich PV-Anlagen als gutes Beispiel an: Im Betrieb sorgt eine PV-Anlage für deutliche Einsparungen sowohl bei den CO2-Emissionen als auch den Stromkosten. Gleichzeitig können auf Anlegerseite zusätzliche Einnahmen durch die Vermietung der Dachfläche realisiert werden. Vor diesem Hintergrund bietet die Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen einen Win-Win-Effekt. Letztlich sollte nachhaltiges Bauen zum Standard werden und auf den langfristigen Betrieb der Logistikimmobilien ausgerichtet sein. Bei Logistik-Projektentwicklungen sind ESG-Kriterien unerlässlich, sonst werden sie künftig kein investmentfähiges Produkt mehr darstellen.
Autor: Bodo Hollung, Gesellschafter Geschäftsführer von LIP Invest GmbH