(München, 22. November 2022) Am 25.Oktober 2022 kam der BVL Themenkreis Logistikimmobilien mit der Fokusgruppe Retail/E-Commerce unter der Leitung von Raimund Paetzmann, Vice President Corporate Real Estate Zalando, zum ersten Mal nach einer längeren coronabedingten Pause wieder live zusammen. Das Treffen fand im neuen Distributionscenter von Puma in Geiselwind statt, das von BLG LOGISTICS betrieben wird. Highlight war die Führung von Matthias Heid, Head of Warehousing & Distribution Wholesale CE bei Puma, und Johannes Diem, Leiter LC Geiselwind bei der BLG, durch das hochautomatisierte Logistikzentrum des Sportartikelherstellers. Zuvor gewährten die beiden in einem Vortrag einen tieferen Einblick in die Besonderheiten der Immobilie und die Ansprüche an die Logistikprozesse der Multi-Channel-Anlage.
Fit for future – das CO2-neutrale Distributionscenter von Puma in Geiselwind
Das rund 63.000 Quadratmeter umfassende Logistikzentrum von Puma ist in jeder Hinsicht bestens für die Zukunft aufgestellt, denn es ist sowohl nachhaltig als auch zugeschnitten auf eine leistungsstarke, schnelle und effiziente Logistik, nicht nur gemäß dem Puma-Motto: „Forever faster“, sondern auch „forever better“.
Eine Immobilie für alle Vertriebskanäle
Um dem kontinuierlichen Wachstum gerecht zu werden, überlegte Puma im Mai 2017, von einem Zentrallager aus alle Vertriebskanäle – Retail, E-Commerce und Wholesale – im europäischen Markt zu bedienen. Das erfordert eine perfekte Abstimmung von Immobilie und Intralogistik. Von Anfang an waren alle am Projekt beteiligten Partner mit an Bord und haben enormes geleistet: Nach nicht einmal zwei Jahren Bauzeit nahm im April 2021 das Logistikzentrum im unterfränkischen Geiselwind den Betrieb auf.
Die Dietz AG hat für Puma auf dem 120.000 Quadratmeter großen Gelände das 63.000 Quadratmeter umfassende Logistikzentrum errichtet. Dabei wurde die Fläche optimal genutzt: Der Komplex besteht aus einem doppelgeschossigen Hallenteil mit 36 Ladetoren und einem aufgesetzten Gebäudekörper für Büro- und Sozialflächen, einem angrenzenden Hochregallager mit 21,5 Meter (UKB) sowie einem Empfangsgebäude. Zudem bieten die Außenanlagen Platz für rund 150 Lkw- und 380 Pkw-Stellplätze. Einer Expansion steht nichts im Wege: 29.000 Quadratmeter stehen als Erweiterungsfläche zur Verfügung. Realisiert wurde das Projekt vom Generalunternehmer Bremer AG, Betreiber ist BLG LOGISTICS, und für die hochkomplexe Intralogistik ist die TWG verantwortlich.
Puma versorgt aktuell aus dem Logistikzentrum heraus den Großhandel für Central Europe und europaweit die eigenen PUMA Outlets. Die Einspeisung erfolgt über den Nürnberger Hafen, der keine 70 km entfernt und über die Autobahn A3 einfach zu erreichen ist. Eine jährliche Versandmenge von mehr als 70 Millionen Teilen ist unter Vollauslastung möglich.
22 Kilometer Fördertechnik
Mehr als 22 Kilometer Fördertechnik sind es vom Wareneingang zum Warenausgang, vollautomatisierte Prozesse sorgen für höchste Performance. Der Wareneingang – die Peak Mengen liegen bei rund 225.000 Teilen in 63 Lkws pro Tag – erfolgt über den Teleskopgutförderer. Die eingegangene Ware wird vollautomatisch über den Omni-Scanner erfasst, automatisch etikettiert und in das Shuttle-Lager befördert sowie die Stammdaten wie etwa Volumen, Gewicht und Foto aller Artikel erfasst. Das Shuttlelager ist in 24 Gassen gegliedert und bietet 730.000 Stellplätze. 480 Stingray-Shuttles sowie vollautomatische Kartonaufrichter, -aufschneider und -verschließer kümmern sich um das Ein- und Auslagern der Sportartikel. Die Fördertechnik und das Warehouse-Management-System verteilen etwa tausend Teile zeitgleich an den richtigen Arbeitsplatz.
An den 27 Kommissionierplätzen, den sogenannten WzM (Ware zu Mensch)-Arbeitsplätzen, werden die Artikel gepackt. Dabei kreisen links die Zielbehälter, bis sie komplett gefüllt sind, während von rechts die Behälter mit der Ware kommen. Bei der Gestaltung der Arbeitsplätze wurde großer Wert auf das Wohlbefinden des Mitarbeiters gelegt: Zum einen sorgen höhenverstellbare Podeste für eine optimale Ergonomie, zum anderen reduzieren spezielle Dämmvorrichtungen den Geräuschpegel.
Der Crossbelt Sortierer – das automatische Sortiersystem – schafft bis zu 11.000 Kartons pro Stunde und die Palettierroboter übernehmen das vollautomatisierte Beladen der Paletten mit bis zu 750 Kartons in der Stunde. Im Warenausgang – rund 250.000 Teile am Tag – sorgen drei Palettierroboter samt „Mini“-Shuttle für die Sortierung der Versandkartonagen. Pakete, die zu groß sind für die Fördertechnikbahnen, werden von neun halbautomatischen Wicklern befördert.
Das Logistikzentrum von Puma ist ein gelungenes Beispiel dafür, dass Brandschutz und effiziente Intralogistik einander nicht ausschließen. Das Brandschutzkonzept wurde passgenau auf die Intralogistik abgestimmt und ermöglicht einen einzigen Brandabschnitt von rund 28.000 Quadratmeter.
CO2-neutral und energieeffizient – Fokus auf Wohlbefinden der Mitarbeiter
Das Logistikzentrum erfüllt den Standard des LEED-Gold-Labels, dem Nachhaltigkeitszertifikat, das hohe Maßstäbe im ökologischen und sozialen Bereich setzt. Die optimierte Gebäudehülle sorgt für eine effiziente Wärmedämmung – dank moderner Dämmstoffe werden die Wärmeemissionen um bis zu 50 Prozent reduziert. Beheizt und gekühlt werden die Räume umweltschonend durch Wärmepumpen, und die circa 22.500 Quadratmeter umfassende begrünte Dachfläche bietet darüber hinaus einen natürlichen Hitzeschutz. Zugleich wird über ein intelligentes Gebäudeleitsystem der Energieverbrauch permanent überwacht und optimiert. Eine intelligente Tageslichtsteuerung der LED-Beleuchtung bringt an die 26 Prozent Stromreduzierung. Zudem spart die Regenwassernutzungsanlage im Abfertigungsgebäude Trinkwasser für die Toilettenspülungen. Betrieben wird das Logistikzentrum derzeit mit 100% zertifiziertem Grünstrom. Dadurch und in Kombination mit Kompensationsmaßnahmen wie dem Gründach und 350 gepflanzten Bäume, erreicht die Immobilie den CO2-neutralen Betrieb. Die angesiedelten Bienenvölker auf dem insgesamt 116.000 Quadratmeter umfassenden Gelände brachten im vergangenen Jahr rund 200 Gläser feinsten Puma-Honig.
„Logistikimmobilien wie das Distribution Center von Puma setzen klare Zeichen in puncto Nachhaltigkeit“, so Kuno Neumeier, Sprecher des BVL Themenkreis Logistikimmobilien. „Und das nicht nur durch das ökologische, sondern auch durch das soziale Konzept. Das Wohl der Mitarbeiter wird hier großgeschrieben“. So sind alle Arbeitsplätze klimatisch optimiert für eine bessere Raumluft. Sonnen- und Blendschutz erlauben auch im Sommer ein angenehmes Arbeiten. Die Kantine bietet eine Dachterrasse mit Blick in den Steigerwald – so können sich die Mitarbeitenden bei gutem Wetter das Essen des regionalen Betreibers in entspannter Atmosphäre schmecken lassen. Generell wird auf kulturelle Vielfalt und Integration geachtet: So wurden beispielsweise Hocktoiletten in den Sozialbereichen eingebaut.
In puncto Nachhaltigkeit geht Puma den nächsten Schritt: Nachdem seit Inbetriebnahme der Verbrauch ermittelt wurde, wird derzeit eine Photovoltaikanlage auf rund 12.000 Quadratmeter Freifläche geplant mit einem kalkulierten Energieertrag von 1.170.000 kWh pro Jahr.
Fazit des Arbeitstreffens: Nachhaltige Logistikimmobilien gewinnen zunehmend an Relevanz
Ökologisch, ökonomisch, sozial – das Logistikzentrum von Puma vereint Leistungsstärke und Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit ist schon jetzt im Fokus der Logistikimmobilienwirtschaft und wird es auch für die nächsten Jahre bleiben, darin waren sich alle einig.
„Step Change“ – nachhaltiger Prototyp für zukunftsfähige Logistikzentren
Innovative, nachhaltige Logistikzentren waren auch das Thema des Vortrags von Dr. Christin Schneider von Zalando. Sie stellte das Projekt des E-Commerce-Unternehmens „Step Change“ vor, das zum Ziel hat, einen nachhaltigen Prototyp für das Logistikzentrum der Zukunft zu erarbeiten – ganz im Sinne einer vollständigen Kreislaufwirtschaft. Denn der E-Commerce-Boom führt dazu, dass die Logistikimmobilien immer größer, effizienter und schneller gebaut werden. Auf Dauer wird es nicht ausreichen, dass beim Bau nachhaltige Materialen verwendet werden, sondern sie müssen am Ende wieder zu trennen sein, um sie in neuen Projekten zu verwenden. Zeitgleich gilt es, den Energieverbrauch zu senken. Der Prototyp wurde daher so entwickelt, dass er alle Nachhaltigkeitsfaktoren berücksichtigt. Dazu wird es in Kürze einen eigenen Fachartikel auf der News-Seite des BVL Themenkreis Logistikimmobilien geben.
Angeregt wurde dadurch eine lebhafte Diskussion. „Wo sind die Bauunternehmer, die mit neuen, nachhaltigen Materialen bauen? Wer hat Erfahrung mit neuen innovativen Baustoffen?“ Denn Ziel ist es, die verbauten Materialien am Ende wieder in den Kreislauf zu bringen. Auch gab es die Überlegung, ob zur nachhaltigen Logistikimmobilie nicht auch ein Gleisanschluss gehört. Es wurde diskutiert, ob Nachhaltigkeit für den kompletten Immobilienzyklus – von Bau über Betrieb bis hin zum Abriss respektive Recycling – erst in den kommenden Generationen die Priorität bekommt, die ihr de facto schon jetzt zusteht. In diesem Zusammenhang wurde auch darauf verwiesen, dass sich nachhaltige Maßnahmen in der Regel positiv auf die zweite Miete auswirken und ESG-Punkte bringen. Logistikimmobilien jenseits von Nachhaltigkeit werden zunehmend unattraktiver für die Fonds, so das Fazit eines Investmentberaters.
Über den BVL Themenkreis Logistikimmobilien
Der Themenkreis Logistikimmobilien der Bundesvereinigung Logistik (BVL) e.V. versteht sich als Plattform für den Austausch und für einen differenzierten Dialog der unterschiedlichen öffentlichen und privaten Stakeholder (Nutzer, Entwickler, Mietnutzer, Planungsbeauftragte, Makler, usw.). Die neuesten Entwicklungen im Logistikimmobiliensektor werden diskutiert, auch mit dem Ziel eine Sensibilisierung für die Herausforderungen der Beteiligten zu schaffen. Die gebündelte Präsenz soll mehr Sichtbarkeit für den Bereich Logistikimmobilien mit seinen Möglichkeiten und Anforderungen herstellen. https://www.bvl.de/logistikimmobilien